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Deniz, die Lokomotive

Deniz, die Lokomotive

Titel: Deniz, die Lokomotive
Autoren: Joachim Masannek
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widersprach ich. „Ich ha-habe mich heute gestellt!“
    Mein Vater runzelte die Stirn. Ich wusste nie, was er im nächsten Augenblick tat.
    „Gestellt!“, lachte er. „Das ist gut. Das ist sehr gut.“
    Er nahm seinen Kaffee und setzte sich hin.
    „Los! Komm schon! Komm her!“, befahl er. „Davon musst du mir sofort erzählen!“
    Er war jetzt ganz freundlich, und seine Augen leuchteten wie Sterne in einer mondlosen Nacht. So liebte ich ihn. Ja, so war er mein Vater.
    „Jetzt schieß endlich los, Deniz. Wem hast du es heute gezeigt?“
    „Leon!“, sagte ich nur.
    „Leon, wer?“, fragte mein Vater und wurde schon wieder nervös.
    „Leon, dem Sla-ha-lomdribbler, Torjäger und Blitzpasstorvorbereiter. Dem Anführer der Wilden Kerle . Dem, der wegen mir aus der Ma-hannschaft gegangen ist. Dem, der mich auf keinen Fall wollte.“
    „Ach ja? Und wieso? Wollte Leon wieder zurück? Hat er dich zum Zweikampf gefordert? Wollte er dich wieder vertreiben?“, fragte mein Vater hellhörig nach.
    „Nein!“, antwortete ich. „Ich bin zu ihm gegangen. Ich ha-hab ihn gefragt, ob er nicht zurückkommen will?“
    „Bist du verrückt?!“, schimpfte mein Vater, sprang auf und fegte die Kaffeetasse mit dem Handrücken vom Tisch. „Wieso machst du so eine Dummheit? Du bist der Beste, Deniz. Das sage ich dir! Du brauchst Leon nicht!“
    „Doch!“, widersprach ich und zog den Kopf ein. „Ich bra-hauche Leon. Und ich brauche auch Fabi. Wir brauchen sie beide, damit wir am Sa-hamstag gegen Unterhaching nicht wieder verlieren!“
    Mein Vater lief nervös auf und ab.
    „Da-has willst du doch auch?“, fragte ich ihn, und da blieb er stehen.
    Er sah mich aufgelöst an, doch seine Augen leuchteten wieder.
    „Natürlich will ich das, Deniz. Natürlich will ich das!“
    Ich ballte die Fäuste und grub mir die Fingernägel in die Handflächen hinein.
    „Und wa-has willst du, wenn wir verlieren?“
    Mein Vater schaute mich verwirrt an. „Das versteh ich nicht, Deniz“, sagte er.
    „Weißt du, ich ha-habe heute sehr viel gelernt“, versuchte ich, es ihm zu erklären. „Ich ha-hab heute gelernt, dass es noch was Wi-hichtigeres gibt. Etwas Wichtigeres, als zu gewinnen.“
    Die Augen meines Vaters verdunkelten sich.
    „Nein, bitte, versteh mich nicht falsch!“, beeilte ich mich. „Das ist keine Ausrede. Ich will nicht verlieren. A-haber es könnte passieren. Und ich ha-hab ganz große Angst davor, weißt du. Ich ha-hab Angst, dass ich das wegen dir auf keinen Fall darf.“
    „Aber Deniz. Denk doch an deinen Großvater und an seine Motorradjacke, die du immer trägst. Du willst doch so werden wie er? Die beste Nummer 9 auf der Welt.“
    „Ja, aber die Mo-hotorradjacke ist mir viel zu groß“, erwiderte ich. „Vi-hiel zu groß und zu schwer. Das weiß ich jetzt.“
    „Und die Tasche?“, fragte mein Vater. „Die Tasche habe ich dir geschenkt. Du sollst immer wissen, wie sehr ich an dich glaube.“
    „Ja-ha, ich weiß!“, schluckte ich und machte ein ganz lange Pause.

    „A-haber meinst du nicht, du kannst auch an mich glauben, wenn ich ma-hal verlier? Weißt du, dass könnte mir das Gewinnen viel einfacher machen.“
    Mein Vater sah mich ganz lange an. Er sah mir ganz tief in die Augen. Tiefer als jemals zuvor. Ja, und dann nahm er mich endlich in seinen Arm.

Die SpVg Unterhaching gegen die Wilden Kerle e.W.
    Am Samstag fuhren wir alle nach Unterhaching. Willi hatte einen Kleinbus besorgt, und wir fühlten uns wie Profis. Selbst Leon und Fabi benahmen sich so, als wäre nie was passiert. Als hätten sie nie am Ufer des Flusses gesessen. Und dann ging es los.
    Schon beim Anstoß überrollten wir unseren Gegner. Rocce spielte auf Marlon zurück, und der passte nach Rechtsaußen auf mich. Das hatten wir hunderttausendmal im Training geübt. Ich preschte los, und kurz vor der Eckfahne schlug ich die knallharte Flanke vors Tor. Dort lauerte Leon und warf sich mit dem Fuß in den Ball. Die Ersatzspieler sprangen auf, und Willi riss sich die Mütze vom Kopf, doch Leons Schuss prallte gegen den Pfosten. Von dort sprang er ins Spielfeld zurück und mir vor die Füße. Ich legte auf Maxi zurück und Maxi „Tippkick“ Maximilian zog ab. Unhaltbar schoss der Ball Richtung Tor, aber der Hachinger Torwart stand Markus in seinem Können um keinen Deut nach. Er faustete den Schuss aus dem Winkel.
    Im Gegenzug verfing sich der Sturm des Gegners in der Viererkette in einer Person. Juli „Huckleberry“ Fort Knox biss sich in
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