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Deniz, die Lokomotive

Deniz, die Lokomotive

Titel: Deniz, die Lokomotive
Autoren: Joachim Masannek
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und Camelot angegriffen hatten, jetzt zu Gärtnern und Straßenfegern umgeschult wurden.
    „Hey, Michi!“, rief ich. „Deine Prophezeiung war Mist. Die Wilden Kerle sind die beste Fußballmannschaft der Welt. Ja, und wie sollte ich in Kaugummi treten oder in Hundemist, wenn einer wie du für Sauberkeit sorgt.“
    Ich biss in den Apfel und marschierte an ihnen vorbei. Ich fühlte mich großartig. Wie ein Sportler, der vier Jahre für Olympia trainiert und auf den Tag genau seine Höchstform erreicht hat. Ja, und beim Training im Teufelstopf war ich nicht mehr zu schlagen. Ich dribbelte wie der Teufel, und zum ersten Mal in meinem Leben spielte ich ab.

Unschlagbar reicht noch nicht aus
    Nach dem Aufwärmen rief uns Willi zusammen und teilte uns in drei Gruppen ein. Konterfußball stand auf dem Programm, und als Erstes liefen Marlon, Vanessa und ich auf das Tor des Unbezwingbaren zu.
    Die Nummer 10 passte den Ball vom Mittelkreis nach rechts außen auf mich. Ich startete, trieb das Leder auf die Eckfahne zu und flankte dann knallhart, wie Roberto Carlos, in den Strafraum hinein. Dort schoss Vanessa im Tiefflug über den Rasen und versenkte die Kugel torpedoflugkopfballturbomäßig im Netz.
    „Hey, Deniz!“, rief sie und hob anerkennend den Daumen. „Das hätte Fabi nicht besser gemacht!“
    Danach tauschten wir die Positionen. Vanessa stürmte auf Rechts, und Marlon spielte Linksaußen. Ich lauerte in der Mitte, und dort stieg ich hoch in die Luft, Vanessas Flanke entgegen, verlängerte sie mit dem Scheitel auf Marlon in meinem Rücken, und der nahm den Ball volley mit links, und zog gnadenlos und unhaltbar für den Unbezwingbaren ab.
    „Raah!“, ballte er seine Faust und Vanessa rief: „Alles ist gut!“
    Sie lief direkt auf mich zu und hob die Hand zum High-Five.
    „Ja, solange du wild bist!“, nahm ich das Angebot an und sah direkt in ihr Lächeln.
    „So hätte es Leon gemacht!“, lächelte sie. „So und nicht anders!“
    „Und so schießen wir Unterha-haching bis auf den Mond!“, rief ich. „Habt ihr das a-halle gehört!“
    Ich schaute erwartungsvoll in die Runde. Ich war so glücklich und stolz wie noch nie.
    „Ja, und das verspreche ich euch! Ich werde Fa-habi und Leon ersetzen!“
    Ich hob triumphierend die Faust, doch anstatt Beifall zu ernten, wurde es still.
    Mucksmäuschenstill.
    Als hätte ich ein Zauberwort ausgesprochen, dass alles verstummen ließ, wendeten sich die Wilden Kerle jetzt von mir ab, schlichen zum Kiosk und setzten sich müde ins Gras.
    Nur Willi stand noch im Mittelkreis und musterte mich.
    „Wa-has ist denn passiert!“, fragte ich ihn gereizt. „Wa-has hab ich denn gera-hade gemacht?“
    Willi runzelte seine Stirn.
    „Weißt du das nicht?“, fragte er, als wär es die offensichtlichste Sache der Welt. „Du hast gerade behauptet, dass du besser bist, als zwei Wilde Kerle zusammen.“
    „Ganz genau. Und da-has bin ich auch!“, konterte ich.
    „Und ihr könnt froh sein, dass ihr mich habt. Die beiden sind doch ga-har nicht mehr hier. Sie ha-haben gekniffen.“
    „Genauso wie du!“, gab Willi zurück. „Du bist doch auch weggerannt.“
    „Ja-ha! Und ihr habt mich zurückgeholt! Ihr ha-habt mich zurückgeholt, weil ihr mich braucht!“
    „Nein. Weil wir dich mögen“, antwortete Willi. „Und weil du viel von einem Wilden Kerl hast. Aber Leon und Fabi sind nicht zu ersetzen. Deshalb bitte ich dich: Hol sie für uns zurück!“
    „Ich? Wil-ha-hilli, bist du verrückt? Ich denk gar nicht dran!“, trotzte ich und stapfte zu meiner Tasche, die am Spielfeldrand lag.
    „Wenn ihr Fa-habi und Leon wollt, dann holt sie euch selbst! Aber da-hann spiel ich nicht mehr mit.“
    Mit diesen Worten klaubte ich meine Sachen zusammen und marschierte aus dem Teufelstopf raus. Nur Vanessa schenkte ich noch einen Blick, und vielleicht war dieser Blick Schuld daran, was danach geschah.
    Als ich die Kuppe des Hügels erreichte, drehte ich mich noch einmal um. Im Teufelstopf setzte sich Willi zu den Wilden Kerlen ins Gras. Sie schienen ratlos zu sein. Genauso ratlos wie ich. Ich konnte nirgends mehr hin. Zu Hause wartete mein Vater darauf, dass ich ihn wieder enttäuschte, und im Teufelstopf lauerte meine ganz große Angst. Die Angst, dass ich nicht der Beste war.
    Ratlos setzte ich mich auf meine Tasche, und ich würde noch heute dort sitzen, wenn Raban nicht aufgetaucht wär. Raban und mit ihm Vanessa. Sie hockten sich neben mich und sie sagten kein Wort. Sie warteten nur, und
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