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Demolition

Demolition

Titel: Demolition
Autoren: Alfred Bester
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kein Symbol für Mord.«
    »Was? O Gott! Die Alpträume? Noch immer? Verfluchter Gedankenschnüffler, woher wissen Sie davon? Woher haben Sie...?«
    »Seien Sie kein Narr. Dachten Sie, Sie könnten einen Einser an der Nase herumführen?«
    »Wer versucht hier wen an der Nase herumzuführen, Sie Lump?! Was ist mit den Alpträumen?«
    »Nein, Mr. Reich, das verrate ich Ihnen nicht. Ich bezweifle, daß irgend jemand außer einem Erstgradigen es Ihnen sagen kann, und nach dieser Unterredung werden Sie's natürlich nicht wagen, einen anderen Einser zu konsultieren.«
    »Um Himmels willen, Mann! Wollen Sie mir nicht helfen?«
    »Nein, Mr. Reich.« Tate lächelte bösartig. »Das ist im Verhältnis zu Ihnen meine einzige kleine Waffe. Sie schafft zwischen uns Gleichheit. Sie gewährleistet ein Gleichgewicht der Macht. Verstehen Sie? Gegenseitige Abhängigkeit sichert wechselseitiges Vertrauen. Kriminell, aber ESPer... so bin ich.«
    Wie alle ESPer oberen Grades wohnte ESPer Dr. phil. psi 1 Lincoln Powell in einem eigenen Haus. Der Grund war weniger Aufwendigkeit um seines Prestiges willen, sondern vornehmlich das Bedürfnis nach Ungestörtheit. Die Gedankenübertragung war von zu schwacher Natur, um Mauern durchdringen zu können, doch die durchschnittliche Wohneinheit aus Plastik war zu unsolide, um sie zu hemmen. Das Leben unter so einem Wasserfall aus vielfältigen Gedankenströmen war für einen ESPer ein Inferno ungedämpfter Emotionen. Powell, der Leiter des Anti-Psychosen-Kommissariats, konnte sich ein kleines Einfamilienhaus aus Kalkstein leisten, das an der Treppenschleuse zum Hudson stand und Ausblick über den North River bot. Das Häuschen umfaßte nur vier Räume; im Obergeschoß ein Schlafzimmer und einen Arbeitsraum, unten ein Wohnzimmer und eine Küche. Powell unterhielt keinen einzigen Diener. Wie die meisten ESPer oberen Grades brauchte Powell regelmäßig längere Zeitspannen völligen Alleinseins. Er zog es vor, selbst für sich zu sorgen. Er befand sich in der Küche und begutachtete nochmals die Auswahl der in ihrer Vorbereitung begriffenen Erfrischungen und Leckerbissen für die Party; dabei pfiff er leicht falsch eine kümmerliche Melodie vor sich hin.
    Powell war ein schlanker Mann gegen Ende der Dreißig, hochgewachsen, etwas schlaksig, und zeichnete sich durch eine bedächtige Art der Bewegung aus. Sein breiter Mund schien immerzu genau im nächsten Moment lachen zu wollen; gegenwärtig jedoch zeugte seine Miene von kummervoller Enttäuschung. Seine Überlegungen galten den unbestreitbaren Verrücktheiten und Blödsinnigkeiten eines seiner schlimmsten Mitarbeiter. Die wesentliche Eigenschaft eines ESPers war seine Empfänglichkeit. Seine Umgebung färbte stark auf seine Persönlichkeit ab. Powells Problem war, daß er einen übermächtigen Sinn für Humor hatte, und dadurch fielen seine Reaktionen unweigerlich weit übertrieben aus. Ihn ereilten Anwandlungen, die er für sich »Falscher Freund« nannte. Jemand mochte Lincoln Powell eine unschuldige Frage stellen, und plötzlich antwortete aus seinem Mund sein Falscher Freund. Seine entfesselte Vorstellungskraft braute augenblicklich die wildesten Kriminalgeschichten zusammen, die er dann mit der Miene aufrichtiger Überzeugung vortrug. Er konnte den Lügner in seinem Innern nicht überwinden. Erst am heutigen Nachmittag hatte sich Powell, bloß weil Polizeipräsident Crabbe im Rahmen einer Nachfrage in einem eher routinehaften Fall von Erpressung einen Namen falsch aussprach, zu einem dramatischen Bericht beflügelt gefühlt, worin ein vorgetäuschtes Verbrechen, eine erfundene mitternächtliche Aktion von verwegener Art und ein heldenmütiger, aber nur erdachter Lieutenant Köpenick vorkamen.
    Nun wollte der Polizeipräsident diesem Lieutenant Köpenick eine Auszeichnung verleihen. »Falscher Freund«, murmelte bitter Powell, »du machst mir großes Kopfzerbrechen.«
    Die Türglocke läutete. Überrascht sah Powell auf die Uhr (für seine Gäste war es noch zu früh), dann sendete er dem TW-Sensor im Türschloß in Cis den Befehl »Öffnen!«. Der Sensor reagierte auf die telepathischen Wellen wie eine Stimmgabel, die auf den richtigen Ton zu schwingen anfängt, und die Haustür glitt beiseite. Sofort nahm Powell einen vertrauten sinnlichen Eindruck wahr: Schnee/Minze/Tulpen/Taft. »Mary Noyes. Kommst du, um einem armen Junggesellen bei den Vorbereitungen zur Party behilflich zu sein? Das muß man dir hoch anrechnen.«
    »lch hatte gehofft, daß
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