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Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
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entweiht.»
    Ehe ich ein Wort herausbringen konnte, sprang eine Frau in der letzten Reihe auf. «Ach, seien Sie still! Man kann niemanden entweihen, den es nie gab! Er ist nicht tot, weil er nie gelebt hat! Izaac Bickerstaff war ein Pseudonym für Joseph Addisons Kolumnen im
Spectator
! Miss Ashton kann jeden erfundenen Namen benutzen, der ihr beliebt, also scheren Sie sich fort!» So eine beherzte Fürsprecherin – er hat das Geschäft eiligst verlassen.
    Sidney, kennst Du einen Mann namens Markham   V.   Reynolds junior? Wenn nicht, würdest Du ihn für mich nachschlagen – im
Who’s Who
, im
Domesday Book
, bei Scotland Yard? Wenn Du da nicht fündig wirst, steht er vielleicht im Telefonbuch. Er hat mir einen herrlichen Frühlingsblumenstrauß ins Hotel in Bath geschickt, ein Dutzend weiße Rosen an den Zug und eine Unmenge rote Rosen nach Norwich – immer ohne Begleitbrief, nur mit seiner Visitenkarte.
    Da fällt mir ein, woher weiß er, wo Susan und ich wohnen? Mit welchen Zügen wir fahren? Seine Blumen haben mich immer bei meiner Ankunft begrüßt. Ich weiß nicht, ob ich mich geschmeichelt oder verfolgt fühlen soll.
     
    Alles Liebe,
    Deine Juliet

Juliet an Sidney
    23.   Januar 1946
    Lieber Sidney,
    Susan hat mir soeben die Verkaufszahlen für
Izzy
gegeben – ich kann es kaum glauben. Ich hatte ehrlich gedacht, die Menschen hätten den Krieg so satt, dass sie nicht daran erinnert werden möchten, und schon gar nicht durch ein Buch. Zum Glück hattest Du wieder einmal recht, und ich hatte unrecht (es bringt mich fast um, es zuzugeben).
    Auf Reisen sein, vor gefesselten Zuhörern sprechen, Bücher signieren und Fremden begegnen, das alles hat wirklich eine berauschende Wirkung auf mich. Die Frauen, die ich getroffen habe, haben mir Kriegsgeschichten erzählt, die mich beinahe wünschen lassen, ich hätte meine Kolumne noch. Gestern hatteich einen reizenden Plausch mit einer Dame aus Norwich. Sie hat vier Töchter im Backfischalter, und erst letzte Woche war ihre älteste in der Kadettenschule der Stadt zum Tee eingeladen. In ihrem feinsten Kleid und mit makellos weißen Handschuhen machte sich das Mädchen auf den Weg zu der Schule, trat über die Schwelle, warf einen Blick auf das Meer aus leuchtenden Kadettengesichtern vor ihr – und wurde auf der Stelle ohnmächtig! Das arme Kind hatte in seinem Leben noch nie so viele Männer an einem Ort versammelt gesehen. Man stelle sich das vor – eine ganze Generation, die ohne Bälle, ohne Teegesellschaften und ohne Koketterie aufgewachsen ist.
    Es macht mir große Freude, die Buchhandlungen aufzusuchen und die Buchhändler kennenzulernen – Buchhändler sind wirklich ein eigener Menschenschlag. Niemand, der alle fünf Sinne beisammenhat, würde des Gehalts wegen in einer Buchhandlung arbeiten oder sich wünschen, eine zu besitzen – die Gewinnspanne ist zu gering. Es muss die Liebe zu den Lesern und zum Lesen sein, die sie dazu treibt – und die Möglichkeit, die neuen Bücher als Erste in die Hände zu bekommen.
    Erinnerst Du Dich an die erste Anstellung, die Deine Schwester und ich in London hatten? In dem Antiquariat von dem mürrischen Mr.   Hawke? Ich hatte ihn so gern – er packte einfach eine Kiste mit Büchern aus, gab uns ein oder zwei und sagte: «Keine Zigarettenasche, immer saubere Hände – und um Himmels willen, Juliet, keine von Ihren Randbemerkungen! Sophie, meine Liebe, lassen Sie sie nicht Kaffee trinken, während sie liest.» Und dann ließ er uns gehen, mit neuen Büchern zum Lesen.
    Ich fand es schon damals und finde es noch heute erstaunlich, dass so viele Leute, die in eine Buchhandlung kommen, nicht recht wissen, wonach sie eigentlich suchen – sie wollen sich nur umsehen und hoffen, ein Buch zu entdecken, das ihre Phantasie beflügelt. Und dann, schlau genug, um sich nicht auf den Klappentextdes Verlages zu verlassen, stellen sie dem Angestellten der Buchhandlung drei Fragen: 1.   Wovon handelt es? 2.   Haben Sie es gelesen? 3.   Ist es gut?
    Wahre, in der Wolle gefärbte Buchhändler – wie Sophie und ich – können nicht lügen. Unser Gesichtsausdruck verrät uns immer. Eine hochgezogene Braue oder eine gekräuselte Lippe zeigen, dass es ein armseliges Buch ist, und die klugen Kunden bitten dann um eine Empfehlung, sodass wir sie zu einem bestimmten Buch lotsen und ihnen nahelegen können, es zu lesen. Wenn sie es gelesen haben und es nicht schätzen, kommen sie nie wieder. Aber wenn es ihnen gefällt, bleiben sie
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