Deine Juliet
stotternd – wie ein Auto, dem das Benzin ausgeht. Solange man sie stottern und tuckern hören konnte, war man in Sicherheit und durfte denken: «Gott sei Dank, es geht an mir vorüber.»
Aber wenn das Geräusch verstummte, blieben nur noch dreißig Sekunden, bis die Bombe einschlug. Also horchte man auf sie. Man lauschte angestrengt auf das ersterbende Geräusch ihres Antriebsmotors. Ich habe einmal einen Heuler niedergehen sehen. Er traf in ziemlich weiter Entfernung auf, und ich habe mich flach in den Rinnstein geworfen und auf den Boden gedrückt. Einige Frauen in der obersten Etage eines hohen Bürogebäudes in derselben Straße hatten sich an ein offenes Fenster gestellt, um es zu beobachten. Sie wurden von der Druckwelle nach draußen gesogen.
Es erscheint mir heute unmöglich, dass jemand eine Karikatur über V 2-Raketen zeichnen konnte und dass alle, ich eingeschlossen, darüber lachen konnten. Haben wir aber. Vielleicht ist etwas Wahres an dem alten Sprichwort «Humor ist, wenn man trotzdem lacht». Die Angriffe mit V 2-Raketen haben aufgehört, als die Alliierten die Abschussrampen in Holland erreicht und sie zerstört haben.
Hat Mr. Hastings die Lucas-Biographie für Sie schon gefunden?
Sehr herzlich,
Ihre Juliet Ashton
Juliet an Markham Reynolds
2. Februar 1946
Sehr geehrter Mr. Reynolds,
ich habe Ihren Botenjungen erwischt, als er gerade einen riesigen Strauß rosa Nelken auf meine Türschwelle legen wollte. Ich habe ihn festgehalten und ihm zugesetzt, bis er mir Ihre Anschrift verriet – Sie sehen, Mr. Reynolds, Sie sind nicht der Einzige, der unschuldige Untergebene verleiten kann. Ich hoffe, Sie werden ihn nicht hinauswerfen; er scheint ein netter Junge zu sein, und er hatte wirklich keine andere Wahl – ich habe ihn mit
Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
bedroht.
Jetzt kann ich mich bei Ihnen für die Unmengen von Blumen bedanken, die Sie mir geschickt haben – es ist Jahre her, seit ich solche Rosen, solche Kamelien, solche Orchideen gesehen habe, und Sie können nicht ahnen, wie sie mir in diesem schauderhaft kalten Winter das Herz aufgehen lassen. Womit ich es verdient habe, in einem Blumenmeer zu wohnen, während andere sich mit kahlen Bäumen und Matsch begnügen müssen, weiß ich nicht, aber ich tue es mit großem Vergnügen.
Mit besten Grüßen,
Juliet Ashton
Markham Reynolds an Juliet
3. Februar 1946
Sehr geehrte Miss Ashton,
ich habe den Botenjungen nicht entlassen, ich habe ihn befördert. Er hat mir verschafft, was ich mir selbst nicht verschaffen konnte: eine Verbindung zu Ihnen. So, wie ich es sehe, ist Ihr Brief ein symbolischer Händedruck, und die Ouvertüre ist vorüber. Ich hoffe, dass Sie derselben Meinung sind, weil mir das die Mühe ersparen wird, eine Einladung zur nächsten Abendgesellschaft bei Lady Bascomb zu erschleichen, nur um der vagen Möglichkeit willen, dass Sie dort sind. Ich habe schon alles andere versucht. Ihre Freunde sind ein misstrauischer Klüngel, allen voran dieser Stark, der sagte, er sehe sich da nicht in der Pflicht, und sich weigerte, Sie zu dem Cocktail-Empfang mitzubringen, den ich im
View -
Büro gegeben habe.
Gott weiß, dass meine Absichten lauter oder zumindest nicht von Gewinnsucht geprägt sind. Die schlichte Wahrheit lautet, dass Sie die einzige Schriftstellerin sind, die mich zum Lachen bringt. Ihre
Izzy Bickerstaff -
Kolumnen waren das Witzigste, was der Krieg hervorbrachte, und ich möchte die Frau kennenlernen, die sie geschrieben hat.
Wenn ich gelobe, Sie nicht zu entführen, werden Sie mir dann die Ehre erweisen, nächste Woche mit mir zu Abend zu essen? Sie bestimmen den Abend – ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung.
Verbindlichste Grüße,
Markham Reynolds
Juliet an Markham Reynolds
4. Februar 1946
Sehr geehrter Mr. Reynolds,
ich bin nicht gegen Komplimente gefeit, insbesondere nicht gegen Komplimente zu meinen Texten. Es wird mir ein Vergnügen sein, mit Ihnen zu Abend zu essen. Nächsten Donnerstag?
Aufrichtig,
Juliet Ashton
Markham Reynolds an Juliet
5. Februar 1946
Liebe Juliet,
bis Donnerstag ist es viel zu lange hin. Montag? Im Claridge’s? 19 Uhr?
Ihr ergebener
Mark
PS: Ich nehme nicht an, dass Sie ein Telefon haben, oder?
Juliet an Markham
5. Februar 1946
Sehr geehrter Mr. Reynolds,
abgemacht – Montag im Claridge’s, 19 Uhr.
Doch, ich habe ein Telefon. Es liegt in der Oakley Street unter einem Schutthaufen,
Weitere Kostenlose Bücher