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Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
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ihren Lungen entweichen und plumpste rücklings in den Sand, wie ein Fisch am Haken!
    Ich spähte umher, weil ich Dawsey im Auge behalten wollte. Er drängte sich nicht mit den anderen um Remy – aber was sah er traurig aus. Mit einem Mal GING MIR EIN LICHT AUF! ICH HATTE ES! Dawsey wollte nicht, dass Remy fortging, er hatte Angst, dass sie nie wiederkommen würde. Er war verliebt in Remy und zu schüchtern, um es ihr zu sagen.
    Aber ich bin es nicht. Ich könnte ihr sagen, wie es um ihn steht, und sie, als Französin, würde wohl wissen, was da zu tun ist. Sie würde ihn wissen lassen, dass seine Werbung ihr Wohlgefallen findet. Dann könnten sie heiraten, und sie müsste nicht nach Paris gehen und dort leben. Welch ein Segen, dass ich keine Phantasie habe und die Dinge so sehe, wie sie sind.
    Sidney ging zu Juliet und stupste sie mit dem Fuß an. «Wieder besser?», fragte er, und Juliet sagte ja, darum machte ich mir weiter keine Sorgen mehr um sie. Dann zog er sie mit sich zu Remy, damit sie ihr auch ihre Aufwartung machte. Kit schlief in meinem Schoß, deshalb blieb ich am Feuer sitzen und dachte gründlich nach.
    Wie die meisten Französinnen steht Remy mit beiden Füßen auf dem Boden. Sie würde einen Beweis für Dawseys Gefühle ihr gegenüber haben wollen, bevor sie mir nichts, dir nichts ihre Pläne über den Haufen warf. Und es war an mir, den Beweis zu finden, den sie brauchte.
    Ein Weilchen später, als die Weinflaschen entkorkt waren und reihum angestoßen wurde, ging ich zu Dawsey und sagte: «Daws, mir ist aufgefallen, dass dein Küchenfußboden furchtbar schmutzig ist. Ich will gern kommen und ihn dir sauber schrubben. Passt es am Montag?»
    Er wirkte etwas überrascht, sagte aber ja. «Es ist ein Weihnachtsgeschenk im Voraus», sagte ich. «Du brauchst also nicht zu denken, dass du mir etwas dafür bezahlen müsstest. Lass die Tür offen, damit ich reinkomme.»
    Damit war die Sache abgemacht, und ich sagte allen gute Nacht.
     
    Sonntag
    Für morgen habe ich schon alles ausgeklügelt. Ich bin nervös.
    Ich werde Dawseys Haus fegen und schrubben und dabei nach Hinweisen Ausschau halten, dass er sich etwas aus Remy macht. Vielleicht ein Gedicht, «Ode an Remy», ganz klein zusammengeknüllt in seinem Papierkorb? Oder ein Einkaufszettel, über und über vollgekritzelt mit ihrem Namen? Ein Beweis dafür, dass Dawsey sich etwas aus Remy macht, muss doch irgendwo in Reichweite sein. Miss Marple hat nie richtig herumgeschnüffelt, deshalb tue ich es auch nicht – Schlösser aufbrechen ist wider meine Natur.
    Doch wenn ich den Beweis liefere, dass er Remy anbetet, wird sie am Dienstagmorgen nicht in das Flugzeug nach Paris steigen. Sie wird wissen, was zu tun ist, und dann findet Dawsey sein Glück.
     
    Der ganze Montag: ein schwerer Irrtum, ein freudiger Abend
    Ich wurde zu früh wach und musste mich bis zu der Stunde, um die Dawsey immer zur Arbeit am Herrenhaus aufbricht, mit meinen Hennen beschäftigen. Dann nahm ich den kürzesten Weg zu seiner Farm und hielt unterwegs Ausschau nach eingeritzten Herzen in Baumstämmen. Nichts.
    Dawsey war fort, also ging ich mit Schrubber, Eimer und Putzlumpen durch die Hintertür ins Haus. Zwei Stunden vergingen mit Fegen, Schrubben, Abstauben und Bohnern – und ich fand nicht das kleinste Fitzelchen. Ich wollte schon verzweifeln, da fielen mir die Bücher ein, die Bücher auf Dawseys Regalen. Ich schlug jedes einzelne auf und schüttelte den Staub heraus, doch es wollte kein loses Blatt Papier daraus zu Boden fallen. Ich war schon recht weit gekommen, als ich plötzlich Dawseys kleines rotes Buch über das Leben von Charles Lamb sah. Was hatte das hier zu suchen? Er hatte es doch vor meinen Augen in die hölzerne Schatzkiste gelegt, die Eli ihm zum Geburtstag geschnitzt hat. Aber wenn das rote Buch hier auf dem Regal stand, was war dann in seiner Schatzkiste? Und wo war sie? Ich klopfte die Wände ab. Es klang nirgends hohl. Ich grub meinen Arm tief in sein Mehlfass. Mehl, nichts als Mehl. Bewahrte er sie vielleicht in der Scheune auf? Damit die Ratten daran nagen konnten? Niemals. Was blieb noch? Sein Bett. Unter seinem Bett!
    Ich lief ins Schlafzimmer, tastete unter dem Bett herum und zog die Schatzkiste hervor. Öffnete den Deckel und spähte hinein. Nichts von ihrem Inhalt sprang mir ins Auge, folglich musste ich alles auf das Bett kippen – immer noch nichts. Kein Briefchen von Remy, kein Bild von ihr, kein abgerissenes Kinobillett für
Vom Winde verweht
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