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Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
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obwohl er, wie ich weiß, den Film mit ihr gesehen hat. Was hatte er mit den Billetts gemacht? Kein Taschentuch mit einem R in der Ecke. Stattdessen eins von Juliets parfümierten mit einem eingestickten J . Er hat wohlvergessen, es ihr zurückzugeben. Es waren noch andere Gegenstände dabei, aber
keiner davon gehörte Remy
.
    Ich legte alles in die Kiste zurück und strich das Bett wieder glatt. Meine Mission war fehlgeschlagen! Remy würde morgen in das Flugzeug steigen und Dawsey weiter einsam bleiben. Es tat mir in der Seele weh. Ich sammelte Schrubber und Eimer zusammen.
    Beim Heimtrotten sah ich Amelia und Kit – sie wollten Vögel beobachten und fragten, ob ich mitkäme, aber ich wusste, dass nicht einmal Vogelgesang mich aufheitern würde.
    Aber Juliet könnte es, dachte ich – für gewöhnlich gelingt es ihr, mich aufzuheitern. Ich wollte ja gar nicht lange bleiben und sie vom Schreiben abhalten, mich vielleicht nur von ihr auf ein Tässchen Kaffee einladen lassen. Nachdem Sidney morgens abgefahren war, fühlte sie sich vielleicht auch von aller Welt verlassen. Ich eilte die Straße entlang zu ihrem Haus.
    Dort fand ich Juliet auch, vor einem Blätterwust auf ihrem Schreibtisch, aber sie tat eigentlich gar nichts, saß bloß da und starrte aus dem Fenster.
    «Isola!», sagte sie. «Wo mir gerade so nach Gesellschaft zumute war!» Sie hatte sich schon halb erhoben, als sie meine Schrubber und Eimer sah. «Wolltest du bei mir putzen? Lass das schön bleiben und trink einen Kaffee mit mir.»
    Dann nahm sie mich genauer ins Visier und sagte: «Was ist denn nur mit dir? Bist du krank? Komm, setz dich.»
    So viel Freundlichkeit war zu viel für mein Gemüt, und ich – ich gestehe es – flennte los wie ein Kleinkind. Ich sagte: «Nein, nein, mir fehlt nichts. Ich habe versagt – versagt bei meiner Mission. Und jetzt muss Dawsey weiter unglücklich bleiben.»
    Juliet führte mich zu ihrem Sofa. Sie tätschelte mir die Hand. Ich bekomme immer Schluckauf, wenn ich weine, darum holte sie mir eilig ein Glas Wasser, zur Durchführung ihrer todsicheren Heilmethode – dabei hält man sich mit beiden Daumen die Nase zu und verstopft die Ohren mit den Fingern, derweil einebefreundete Person einem, ohne abzusetzen, ein Glas Wasser in den Schlund gießt. Man stampft mit dem Fuß auf, wenn man kurz vor dem Ertrinken ist, dann nimmt die befreundete Person das Wasserglas weg. Es funktioniert jedes Mal – ein wahres Wunder   –, der Schluckauf ist weg.
    «Nun sag mir doch, was war denn deine Mission? Und warum meinst du, du hättest versagt?»
    Also erzählte ich ihr alles – meine Eingebung, dass Dawsey in Remy verliebt sei, und wie ich sein Haus geputzt und nach Beweisen Ausschau gehalten hatte. Wäre ich fündig geworden, hätte ich Remy erzählt, dass er sie liebt, und dann hätte sie bleiben wollen und ihm vielleicht sogar zuerst ihre Liebe gestanden, um es ihm leichter zu machen.
    «Er ist so scheu, Juliet. Das war er immer schon – ich wüsste nicht, dass je wer in ihn verliebt gewesen wäre oder er in irgendwen, darum weiß er nicht, wie er es anstellen soll. Es sieht ihm ganz ähnlich, Andenken zu verstecken und nie einen Ton zu sagen. Er bringt mich zur Verzweiflung.»
    Juliet sagte: «Viele Männer bewahren keine Andenken auf, Isola. Sie wollen eben keine Erinnerungsstücke. Das muss noch gar nichts heißen. Wonach um alles in der Welt hast du denn gesucht?»
    «Nach Beweisen, so wie Miss Marple. Aber nein, nicht mal ein Foto von ihr. Es gibt jede Menge Fotos von dir und Kit und etliche von dir allein. Eins von dir, eingewickelt in der Spitzengardine, wie du Tote Braut spielst. Er hat alle deine Briefe aufgehoben und sie mit dem blauen Haarband umwickelt, von dem du dachtest, dass du es verloren hättest. Ich weiß, dass er Remy geschrieben hat, als sie noch im Hospiz war, und sie hat ihm sicherlich geantwortet – aber nein, nicht ein Brief von Remy. Nicht einmal ihr Taschentuch – ach ja, er hat wohl irgendwann eins von dir aufgelesen. Du wirst es zurückhaben wollen, es ist recht hübsch.»
    Sie stand auf und ging zu ihrem Schreibtisch. Dort stand sieeine Weile, dann nahm sie das kristallene Ding mit dem oben eingeritzten lateinischen Spruch,
Carpe Diem
oder so ähnlich, zur Hand. Und betrachtete es eindringlich.
    «Nutze den Tag» ,
sagte sie. «Das ist doch ein belebender Gedanke, oder, Isola?»
    «Könnte sein», sagte ich, «wenn du dich gern von einem Stück Stein herumkommandieren lässt.»
    Und
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