Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet

Titel: Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet
Autoren: Carol Kloeppel
Vom Netzwerk:
verpflanzt. Wahrscheinlich hatte er sich gedacht: Das Hotel liegt auf einem Berg, drumherum ist viel Wald, es muss der Schwarzwald sein.
    »Ach, sind wir über Nacht umgezogen?«, wunderte ich mich laut.
    Zu behaupten, Bonn liege im Schwarzwald, kommt der Behauptung nahe, Chicago liege im Grand Canyon.
    Mit der Zeit rückte Afghanistan wieder in den Hintergrund. Aber ein neuer Krieg kündigte sich an, als Präsident Bush sagte, dass er erwäge, den Irak anzugreifen. Diese Vorstellung bereitete mir großes Unbehagen, weil ich keinen Sinn in einem Krieg sah.
    Als Begründung führte Bush an, im Irak gebe es versteckte Massenvernichtungswaffen und das irakische Regime unterstütze den Feind al-Qaida. Schon am 6. November 2001 hatte Bush der ganzen Welt verkündet: »Jedes Land muss sich jetzt entscheiden – entweder es steht an unserer Seite oder an der Seite der Terroristen.« Mit diesem Kurs traf er aber nicht überall auf offene Ohren.
    Die deutsche Regierung hatte Bedenken gegen eine mögliche amerikanische Irak-Invasion und bekannte sich offen dazu, dass sie mit der Bush-Regierung nicht einer Meinung war. Bundeskanzler Schröder, der den Krieg gegen den Terror in Afghanistan unterstützt hatte, stellte sich dieses Mal quer und ließ verlauten, Deutschland werde keine militärischen »Abenteuer« im Irak mittragen.
    Diese Distanzierung führte zu einer drastischen Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Beziehungen, und die politische Führung beider Länder sprach nicht mehr miteinander, sondern nur noch übereinander.
    Sorgenvoll beobachtete ich die wachsende Verstimmung und Sprachlosigkeit zwischen zwei ansonsten befreundeten Nationen, die jegliche Diplomatie vermissen ließ; die deutsch-amerikanische Freundschaft ging zusehends den Bach hinunter.
    In jener Phase hatte ich als Amerikanerin in Deutschland immer ein ungutes Gefühl. Daher hielt ich mich während dieser Zeit bedeckt und sprach mit meiner Tochter in der Öffentlichkeit nur noch Deutsch statt wie üblich Englisch. Ich machte mir Gedanken, wie die Deutschen mir zukünftig begegnen würden. Wahrscheinlich war das eine Überreaktion, denn meine Mitbürger behandelten mich nicht anders als vorher, selbst wenn ich mich als Amerikanerin outete.
    Über den Irakkrieg ist viel geschrieben worden, und es gibt die unterschiedlichsten Meinungen dazu. Ich wurde von vielen Deutschen gefragt, wie ich zu dem Krieg stehe.
    Meine eigenen Landsleute beschäftigte dagegen eher die Frage, warum Deutschland sich so feindselig gegenüber Amerika verhielt. Ich saß buchstäblich zwischen den Stühlen. Folglich nahm ich mir vor, mich in dieser Sache eher zurückhaltend zu äußern, mir dafür aber so viel wie möglich an Wissen anzueignen, um wenigstens die genauen Fakten zu kennen. Ich las zu diesem Thema amerikanische, deutsche und britische Zeitungen, und einmal sogar eine irakische, die mein Mann sechs Wochen vor Kriegsbeginn aus dem Irak mitgebracht hatte, wo er mit einem Kamerateam unterwegs gewesen war, um sich vor Ort ein Bild von dem Land und seinen Bewohnern zu machen. Neben der ganzen Zeitungslektüre verfolgte ich aufmerksam Berichte über den Irak auf den deutschen, amerikanischen und englischen Nachrichtensendern wie auch im deutschen Radio und im Rundfunk der US-Armee.
    Als die amerikanischen Truppen schließlich im März 2003 in den Irak einrückten, war ich schockiert, wie grundverschieden die Medien auf beiden Seiten des Atlantiks darüber berichteten.
    In der amerikanischen Berichterstattung konnte man den Eindruck gewinnen, der Krieg wäre eine Sportolympiade, bei der es galt, das Team in den Farben des Sternenbanners anzufeuern. Amerika sah sich als sicherer Gewinner, und wer nicht auf seiner Seite war, konnte ihm gestohlen bleiben. Die USA waren die Befreier, die Guten, diejenigen, die hundertprozentig das Richtige taten. Die militärische Mission lautete, die Verantwortlichen für den Anschlag am 11. September aufzuspüren, die geheimen Massenvernichtungswaffenlager zu finden und das irakische Volk von seinem brutalen Diktator zu befreien.
    Im deutschen Rundfunk klang das anders; es war von einer amerikanischen »Invasion« die Rede. Das traf mich sehr, weil die Amerikaner bis dato für viele Deutsche immer die Guten gewesen waren, denn schließlich hatte man Amerika seit dem Zweiten Weltkrieg viel zu verdanken. Auch andere Länder, wie beispielsweise Frankreich, standen der Kriegspolitik Amerikas äußerst kritisch gegenüber. Die USA hatten ihren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher