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Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet

Titel: Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet
Autoren: Carol Kloeppel
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Adventskränze und Schmuck fürs Wohnzimmer.
    Martha Stewart, die TV-Vorzeigehausfrau Amerikas, sollte mal für ein Weihnachts-Seminar nach Deutschland kommen – dann hätte sie genug Stoff für vier Sondersendungen und ein Begleitbuch im XXL-Format.
    Selbst die hier so beliebten Window Colors wären neu für viele Amerikaner. Dabei kennt sie fast jedes deutsche Kind, diese bunten Farben, die man auf eine Plastikfolie aufträgt, trocknen lässt, dann abzieht und auf die Fensterscheiben klebt.
    Als Geena zum ersten Mal bei meiner Freundin Bärbel mit den Fensterfarben etwas ausmalte, war ich schwer beeindruckt – auch für mich war das etwas Neues. Den Engel, den Geena fabrizierte, schickten wir an meine Mutter, den Weihnachtsprofi.
    »Wenn ich das nächste Mal nach Deutschland komme«, kündigte sie daraufhin begeistert an, »kaufe ich einen ganzen Satz dieser Farben für all meine Enkelkinder hier. Glaubst du nicht auch, dass sie sich darüber freuen würden?«
    »Klar Mom«, sagte ich, »was deutsche Kinder mögen, das gefällt sicher auch den amerikanischen.«
    So schleppte meine Mutter nach ihrem nächsten Besuch tatsächlich eine ganze Tüte voller Window Colors durch den deutschen Zoll, ins Flugzeug, aus dem Flugzeug wieder raus, durch den amerikanischen Zoll und schließlich zu sich nach Hause, um dann ein weiteres Stück deutscher Kultur in Amerika zu etablieren. Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr prophezeie ich ihr noch eine späte Karriere als Export-Managerin von deutschen Spezialitäten.
    In ihren Warenkatalog sollte sie dann auf jeden Fall auch Kerzen aufnehmen. Zwar findet man die grundsätzlich auch in den Staaten, vor allem parfümierte Kerzen à la Zimt-Koriander oder Honig-Apfelkuchen, doch in Deutschland werden Kerzen nicht nur wegen ihrer Duftnoten geschätzt. Gerade während der Adventszeit erwärmen sie, wie ich finde, in fast jedem Haus die Herzen der Menschen. Es gibt kaum etwas Gemütlicheres, als es sich an einem trüben Wintertag mit einer heißen Tasse Tee bei Kerzenlicht auf dem Sofa gemütlich zu machen. Oder überall im Wohnzimmer Teelichter aufzustellen, sich Freunde einzuladen und den ganzen Weihnachtsrummel für ein paar Stunden zu vergessen. Das ist ein sehr deutsches Phänomen, auf das ich mich jedes Jahr freue.
    Ein weiteres sicheres Zeichen, dass die Adventszeit angebrochen ist, sind die allgegenwärtigen Adventskalender. In Deutschland ist es Tradition, dass jedes Kind einen mit vierundzwanzig Türchen hat, hinter denen sich kleine Naschereien und Spielzeug verbergen. In den USA dagegen haben diese Kalender kaum eine Tradition. Dabei ist es für Kinder so schön und spannend, im Dezember jeden Morgen ein Türchen aufmachen zu dürfen. Über den Nährwert von Schokolade vorm Frühstück möchte ich an dieser Stelle kein Urteil abgeben, in der Weihnachtszeit fällt das ohnehin kaum auf.
    Das einzig Schwierige in der Adventszeit ist für unsere Familie, deutsche und amerikanische Weihnachtstradition unter einen Hut zu bekommen.
    Der 6. Dezember ist kein besonderer Tag in Amerika, aber in Deutschland weiß jedes Kind: Aufgepasst, da kommt der Nikolaus! Für Geena war der alte Herr mit dem Rauschebart immer eine ziemlich beeindruckende, fast unheimliche Autoritätsperson. Sie musste erst den Unterschied lernen zwischen dem Mann mit der Rute, der hier am 6. Dezember auftaucht, und dem fröhlichen, kugelbauchigen Santa Claus, der in Amerika in der Nacht zum 25. Dezember mit seinem Rentierschlitten durch die Lüfte segelt und sich durch enge Kamine zwängt.
    Was Santa Claus betrifft, so existiert er in Deutschland nur als Weihnachtsmann, der sich für ein paar Werbespots und Weihnachtsgeschichten sowie das ein oder andere Lied eignet, aber das war es dann auch. Der Weihnachtsmann kommt hierzulande nicht durch den Kamin, um den Kindern Geschenke zu bringen – außer zu Kindern, die amerikanische Eltern haben. Die deutschen Kinder bekommen ihre Geschenke vom Christkind gebracht. Für jemanden wie mich, der seine ganze Kindheit in den USA verbracht hat, ist es nicht einfach, Santa Claus in eine Nebenrolle zu verbannen.
    Klar, auch ich weiß, dass es eigentlich um das Jesuskind geht, aber ganz ehrlich: Als Kind war für mich Santa der Held. Die halbe Nacht vorm Weihnachtsmorgen lag ich wach im Bett und horchte, um auf keinen Fall das Getrappel von Rentierhufen zu verpassen, wenn sie auf dem Dach unseres verschneiten Hauses in Minnesota landeten. Natürlich schlief ich im
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