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Dead Souls: Horror (German Edition)

Dead Souls: Horror (German Edition)

Titel: Dead Souls: Horror (German Edition)
Autoren: Michael Laimo
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    Da stand er, mit der Milch in der Hand, den Umschlag anstarrend, und fragte sich, was ein Anwalt aus Maine von seinen Eltern wollen könnte. Jedoch hatte er bald die Vermutung gehabt, dass der Brief aus Versehen hier angekommen war, dass er sich in der Postwurfsendung verfangen hatte und eigentlich für jemand anderen im Gebäude bestimmt war. Er stellte die Milch wieder in den Kühlschrank zurück, dann ging er an den Tisch. Als er auf den Umschlag schaute, zögerte er seltsam, als würde er sich einer Kakerlake mit einem Küchenpapier nähern. Er blieb stehen, streckte seinen Arm aus und schnappte sich die Ecke des Umschlags, hastige Atemzüge verließen plötzlich seine Lunge.
    Er fragte sich skeptisch: Warum bin ich so verdammt nervös? Liegt es daran, dass ich meine Nase in etwas hineinstecke, das mich wirklich nichts angeht? Oder liegt es an etwas anderem? Vielleicht habe ich einige der Krankheiten meiner Mutter geerbt? Herr Jesus Christus, erschlage mich!
    Zwischen den Werbeseiten zog er den Umschlag hervor und stellte sofort fest, als er auf die Adresse schaute, dass diese neugierigen Befürchtungen, die er verspürt hatte, überraschenderweise gerechtfertigt waren, verwurzelt in etwas Intuitivem, das er nicht in Worte fassen konnte.
    Der Umschlag … war an ihn adressiert.

Kapitel 3
    24. August 1988
    05:17 Uhr
    Benjamin Conroy öffnete die Augen. Das goldene Licht, das vor ihm in der Luft schwebte, verschwand langsam, wie das eines Filmprojektors, der sich selbst ausschaltete. Kaum war es verschwunden, führten die Kreise aus grauem Nebel neben seinen Ohren das gleiche magische Kunststück auf. Beim nächsten Glockenläuten erhob er sich langsam, ließ seine Füße in der Mitte des Kreises flach am Boden, dabei starrte er auf die Flammen, die von den Kerzen aufstiegen, die Pentagramme in der Mitte. Er faltete die Hände und fühlte, wie die Schweißperlen an seinem nackten Körper herunterliefen, als er still ein Dankesgebet an Osiris aufsagte.
    Er ließ seine Muskeln spielen, erst die Arme, dann die Beine, anschließend trat er aus dem Kreis heraus, nach rechts, zwischen die beiden Pentagramme. Das Aroma des Sandelholz-Weihrauchs erfüllte das Zimmer, sein aufsteigender Rauch kroch wie verlängernde Tentakel aus dem Weihrauchgefäß. Die Kerze auf der Kommode warf ihren Schimmer gegen die rauchbedeckten Wände in bizarrem, flinkem Flimmern. Er stand vor der Kommode, lauschte auf das vibrierende Summen der Stille zwischen den Glockenschlägen, spürte, wie seine Nervenenden in hitziger Erwartung ruhten, und fühlte das heftige Pulsieren des Blutes in seinen Ohren.
    Sehnsüchtig blickte er noch einen Moment länger in die Kerzenflamme, dann öffnete er die Kommodenschublade, aus der er einen schwarzen, dreimal gefalteten Kapuzenumhang herausholte. Augenblicklich zog er diesen an, die ganze Zeit wichen seine mit Tränen gefüllten Augen nicht von der Flamme ab, deren goldene Tiefe ihn hineinzog, tief in ihre beruhigende Wärme. Er band sich die geflochtene Schärpe um die Hüfte, die Ausdünstungen seines Körpers verschmolzen mit dem warmen Baumwollstoff des Umhangs. Dann zog er sich die Kapuze über den Kopf und dicht an seine Ohren. Aus der Schublade holte er ein kleines schwarzes Buch heraus, das einen bitteren Geruch von altem, gebrauchtem Leder abgab – wie trockenes Herbstlaub, das auf entfernten Feldern brannte. Er schlug in dem Buch eine Seite auf, auf der Hieroglyphen und Siegel gemalt waren, und sagte im Stillen ein uraltes Gebet auf. Sobald das Gebet beendet war, öffnete er den Umhang an seiner Brust. Er tauchte seinen Finger in das Weihrauchgefäß, übergoss ihn mit Asche, dann fuhr er damit vorsichtig über das faltige Narbengewebe auf seinem Brustbein.
    »Bryan«, flüsterte er. »Möge deine Seele für alle Zeit mit uns leben.«
    Er drückte das Buch in seiner Hand zusammen, das Leder gab unter seinem Griff nach, trotz des Gefühls, dass sich im Mittelteil irgendetwas Schweres bewegte. Er drehte sich um und verließ das Zimmer, dann stand er im Flur und schaute nach vorn, während er auf das nächste Glockenläuten wartete. Die Sonne kletterte langsam über den Horizont, schickte längliche Schatten durch das Vorfenster den Flur hinunter – die dünnen Vorhänge waren zugezogen, was aber das durchdringende Licht nicht abhielt. Eine Glocke läutete. Er schaute in beide Richtungen, rechts und links den Flur entlang, dann ging er nicht links. Mit den Händen tastete er sich die Wand
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