Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Ueberfahrt die besondere Aufmerksamkeit des Brüderpaares. Nach Osten zu wies das unfruchtbare, verödete Ufer nichts auf, als eine Reihe gelblicher Dünen. Auf der anderen Seite dehnte sich das grünende Uferland aus, das hier von der Mündung des Schakalbaches bis zu der des Flamingoflusses hin sichtbar war und sich jenseits dieses noch bis zum Cap der Getäuschten Hoffnung hin fortsetzte.
    »Offenbar, begann Fritz, liegt unsere Neue Schweiz nicht in der Fahrstraße der Schiffe, und dieser Theil des Indischen Oceans scheint überhaupt wenig besucht zu sein.
    – O, erwiderte Jack, mir läge gar nichts daran, daß jemand unsere Neue Schweiz entdeckte. Ein Schiff, das hier anlegte, würde sie doch sofort in Besitz nehmen wollen. Wenn es hier seine Flagge aufpflanzte, was würde dann aus der unseren? Eine schweizerische Flagge könnte jene ja nicht sein, da die der Schweiz über keinem Meere flattert, und wir würden uns dann hier nicht mehr heimisch fühlen.
    – Doch die Zukunft, Jack, bedenke die Zukunft! warf Fritz dagegen ein.
    – Die Zukunft? wiederholte Jack. Ja, das wird die Fortsetzung der Gegenwart sein, und wenn Dir das nicht genügt…
    – O… uns vielleicht… sagte Fritz. Du vergißt aber Jenny… ihren Vater, der in dem Glauben lebt, daß sie beim Schiffbruche des »Dorcas« umgekommen sei. Sollte sie nicht von ganzem Herzen wünschen, wieder bei ihm zu sein? Sie weiß, daß er weit da draußen in England lebt, und nie könnte sie zu ihm kommen, wenn hier nicht eines Tages ein Schiff auftaucht.
    – Das ist ja richtig!« antwortete Jack lächelnd, der recht wohl errieth, was in der Seele seines Bruders jetzt vorging.
    Nach einer Fahrt von vierzig Minuten legte der Kajak an den niedrigen Felsen der Haifischinsel an.
    Fritzens und Jacks erste Sorge war es nun, deren Inneres zu besichtigen und dann noch um sie herumzugehen. Sie mußten sich überzeugen, in welchem Zustande sich die Anpflanzungen befanden, die seit einigen Jahren rings um den Batteriehügel angelegt worden waren.
    Diese Pflanzungen waren dem Nord-und dem Nordostwinde sehr ausgesetzt, und gerade diese stürmten am heftigsten gegen das Eiland an, ehe sie sich, durch den Sund der Rettungsbucht wehend, wie in einem Trichter singen. An dieser Stelle kam es zuweilen zu ungewöhnlich starken atmosphärischen Störungen, die die Bedeckung des offenen Schuppens, worin die beiden Geschütze standen, schon wiederholt abgerissen hatten.
    Dieses Jahr hatten die Anpflanzungen nicht gelitten. Nur am nördlichen Theile lagen einige Bäume am Strande, und diese konnten recht gut zerlegt werden, um die Holzvorräthe in Felsenheim zu ergänzen.
    Die Verhaue und Hütten, worin die Antilopen sich befanden, waren so fest hergestellt, daß Fritz und Jack daran nicht die geringste Beschädigung wahrnehmen konnten. Die Thiere fanden hier einen überreichen Graswuchs, der ihre Ernährung das ganze Jahr hindurch sicherte. Diese Heerde zählte augenblicklich etwa fünfzig Köpfe, versprach aber, sich noch weiter zu vermehren.
    »Was sollen wir nun mit allen diesen Thieren anfangen? fragte Fritz, während er die graziösen Wiederkäuer betrachtete, die an der lebenden Hecke der Umfriedigung hin und her liefen.
    – O, die verkaufen wir zuletzt, antwortete Jack.
    – Du nimmst also doch an, daß eines schönen Tages hier Schiffe erscheinen, an die wir sie verkaufen könnten? fragte Fritz.
    – Keineswegs, versetzte Jack, wenn wir sie einmal verkaufen, so wird das auf einem Jahrmarkte der Neuen Schweiz geschehen.
    – Auf einem Jahrmarkte, Jack! Deiner Rede nach, wäre die Zeit nicht mehr fern, wo die Neue Schweiz besuchte Märkte hätte?
    – Natürlich, Fritz, ganz wie sie Dörfer, Flecken, Städte und sogar eine Hauptstadt – selbstverständlich Felsenheim – haben wird.
    – Und wann wäre das?
    – Sobald die Bezirke der Neuen Schweiz mehrere tausend Einwohner beherbergen.
    – Etwa Fremde?
    – O nein, Fritz, nein! versicherte Jack, Schweizer, nichts als Schweizer. Unser Heimatland ist volkreich genug, uns einige hundert Familien herzusenden.
    – Es hat aber niemals Colonien gehabt, und ich bezweifle, daß das in Zukunft je der Fall sein werde.
    – Nun gut, Fritz, so wird es später doch eine solche besitzen.
    – Hm, machte Fritz. unsere Landsleute scheinen nicht viel Neigung zum Auswandern zu haben.
    – Ja, was haben wir selbst denn gethan? rief Jack. Hat uns nicht das Verlangen getrieben, eine Colonie zu gründen, was uns auch nicht zum Schaden gereicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher