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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland
Autoren: Jules Verne
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Trauung Ernst Zermatt’s mit Annah Wolston. Das war die erste, die auf der Insel der Neuen Schweiz stattfand, der aber später zahlreiche andere folgen sollten.
    Zwei Jahre darauf schon wurde Franz der Gatte Doll Wolston’s. Diesmal war es nicht in der bescheidenen Kapelle, wo der Pfarrer den längst erwünschten Ehebund einsegnete, die Feierlichkeit fand vielmehr in einer wirklichen Kirche statt, die sich auf halbem Wege an der Allee zwischen Felsenheim und Falkenhorst erhob und deren über die Bäume aufragender Glockenthurm von der Seeseite her drei englische Meilen weit sichtbar war.
    Es wäre müßig, sich hier eingehender über die weitere Entwickelung der Neuen Schweiz zu verbreiten. Die vom Glücke begünstigte Insel sah ihre Einwohnerzahl von Jahr zu Jahr anschwellen. Die gegen Stürme wie gegen den Wogenschlag vom Meere geschützte Rettungsbucht bot den Schiffen, unter denen die Pinasse »Elisabeth« keine schlechte Rolle spielte, einen vortrefflichen Ankerplatz.
    Selbstverständlich waren die Verkehrsverhältnisse mit der Reichshauptstadt bestens geregelt worden. Das gab dann Veranlassung zu einer einträglichen Ausfuhr der Erzeugnisse der Insel, ebenso der aus dem Gelobten Lande, wie aus den an die Bergkette im Süden grenzenden Gebieten von der Mündung des Montrose-Flusses an der Westküste aus. Nun gab es schon vier bedeutende Ortschaften: Waldegg, Prospect-Hill, Zuckertop und die Einsiedelei Eberfurt. An der Mündung des Montrose-Flusses war ein Hafen entstanden, ein anderer an der »Licorne«-Bai, beide durch fahrbare Straßen mit dem Inneren des Landes und mit der Rettungsbucht verbunden.
    Jener Zeit, das heißt drei Jahre nach der Besitznahme durch England, überschritt die Zahl der Bewohner bereits das zweite Tausend. Die britische Regierung hatte der Neuen Schweiz Selbstverwaltung zugestanden, und der ältere Zermatt war zum Range eines Gouverneurs der Colonie erhoben worden. Gebe der Himmel, daß seine Nachfolger alle sich dieses vortrefflichen Mannes würdig erweisen!
    Hier sei auch erwähnt, daß eine Abtheilung indischer Truppen die Insel als Standort angewiesen bekam, nachdem die Befestigungen am Cap im Osten und am Cap der Erlösung (dem früheren Cap der Getäuschten Hoffnung) errichtet worden waren, zwei Anlagen, die nun den Meeresarm, der nach der Rettungsbucht führte, vollständig beherrschten.
    Wilde Eingeborene waren hier zwar nicht mehr zu fürchten, weder solche von den Andamanen oder den Nicobareninseln, noch solche von der australischen Küste. Die Lage der Neuen Schweiz in dieser Gegend aber hatte, außer daß sie einen Erholungs-und Anlaufplatz für Seeschiffe bildete, vom militärischen Gesichtspunkte aus eine hervorragende Bedeutung, indem sie den Zugang zu dem Meere der Sundainseln und zu dem Indischen Oceane deckte. Das allein erklärte es schon, daß sie nicht ohne Festungswerke gelassen werden durfte.
    Das wäre denn die vollständige Geschichte dieser Insel seit dem Tage, wo ein Vater, eine Mutter und vier Kinder durch ein Schiffsunglück hierher verschlagen worden waren. Zwölf Jahre hindurch hatte diese intelligente und fleißige Familie ohne Unterlaß gearbeitet und hatte alle Kräfte eines jungfräulichen Bodens, dessen Fruchtbarkeit ein subtropisches Klima begünstigte, reichlich zu entwickeln verstanden. Dabei hatte sich denn auch die Ertragsfähigkeit der Insel immer weiter gesteigert und ihr Wohlstand hatte zugenommen bis zu dem Tage, wo das Eintreffen der »Licorne« es ihr ermöglichte, Verbindungen mit der übrigen Welt anzuknüpfen.
    Eine zweite Familie hatte sich, wie der Leser weiß, der ersten freiwillig angeschlossen, und nirgends hatte es wohl, leiblich und geistig, ein glücklicheres Zusammenleben gegeben, als das der wenigen Bewohner des fruchtbaren Gebietes des Gelobten Landes.
    Später waren ihnen freilich schwere Prüfungen auferlegt worden, das Unglück hatte sich sozusagen gegen die wackeren Leute verschworen. Wie lange lebten sie in der Angst, die, die sie erwarteten, niemals wiederzusehen, und dazu kam obendrein das Unheil, von einer Bande Wilder überfallen zu werden.
    Wir dürfen aber nicht verschweigen, daß sie, selbst in den traurigsten Stunden dieses Zeitraumes, aufrecht erhalten durch eine fromme Zuversicht, de nichts zu erschüttern vermochte, niemals an der Vorsehung verzweifelt hatten.
    Endlich kamen auch die guten Tage wieder, und schlechte sind für dieses zweite Vaterland für die beiden Familien nicht mehr zu befürchten. Zur
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