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Das Zeichen des fremden Ritters

Das Zeichen des fremden Ritters

Titel: Das Zeichen des fremden Ritters
Autoren: dtv
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Ritter«, fügte er bedrückt hinzu. »Und mein Onkel nimmt es manchmal nicht so genau   …«
    Hannes verstand, was Konrad meinte. Er hatte es eben selbst miterlebt. Graf Guy hatte den Hohen Tisch während eines Festes wutentbrannt verlassen. Das tat ein Ritter einfach nicht.
    »Wenn du also irgendetwas beobachtest   …«, fuhr Konrad fort, »wenn mein Onkel irgendetwas tut, das   … ich weiß nicht, also wenn irgendetwas passiert, das du auffällig findest, musst du es mir sofort sagen. Tust du das?«
    »Bestimmt«, versicherte Hannes. »Ihr könnt Euch auf mich verlassen.«
    »Danke!«, sagte Konrad und blickte Hannes einen Moment in die Augen. Beruhigt wandte er sich um und ging rasch in die Halle, um am Hohen Tisch seine Pagendienste zu versehen.
    Nachdenklich lief Hannes die Treppe zur Küche hinunter. Seltsam. Er würde die Augen offen halten, keine Frage. Aber Konrad musste doch klar sein, dass er in der Küche arbeiten musste und Graf Guy gar nicht die |23| ganze Zeit beobachten konnte! Andererseits mussten die Küchenjungen andauernd durch die Burg laufen, wenn irgendeiner der Gäste etwas aus der Küche haben wollte. Er würde versuchen, so oft wie möglich solche Aufträge zu erledigen. Und er würde dabei besonders auf Graf Guy achten.
     
    Das Festmahl ging ohne weitere Unterbrechungen vorbei. Danach wurde in der Halle die Tafel aufgehoben und der Tanz begann. Sogar in der Küche konnte man die fröhliche Musik hören. Hannes und die anderen Gehilfen waren so müde, dass sie kaum noch auf den Beinen stehen konnten. Aber Pierre gab keine Ruhe, bis die Küche aufgeräumt war.
    »Gut!«, rief er schließlich. »Annes, du schüttest noch der Abfall weg und dann du kannst gehen in die Bett. Das ist, was ich mache auch jetzt.« Er klatschte in die Hände. »Vite, vite!«
    Damit ging er vor sich hin summend aus der Küche zu seiner kleinen Kammer.
    Hannes gähnte. Er hatte nicht viel Lust, jetzt noch hinaus in die Kälte gehen zu müssen. Kurz vor Weihnachten war es so bitterkalt geworden, dass sogar Eisschollen auf dem Fluss trieben. Vor zwei Tagen war Schiffer Klaus von einer längeren Fahrt zurückgekommen und froh gewesen, dass er seinen Kahn unbeschädigt in den Hafen von Erlenburg gebracht hatte. Und gestern Morgen hatte es dann angefangen zu schneien.
    Hannes gähnte noch einmal herzhaft und hob die beiden |24| Kübel mit dem Abfall an. So schwer waren sie gar nicht, dachte er seufzend, er würde also nur einmal durch die Kälte laufen müssen, bevor er sich endlich auf seine Strohmatratze legen konnte.

    Er angelte seinen Umhang vom Haken an der Wand und wickelte sich fest hinein. Als er die Tür öffnete, traf ihn der eisige Wind vom Fluss, aber es fielen wenigstens keine Schneeflocken mehr vom Himmel. Im Mondlicht sah der verschneite Garten wie verzaubert aus. Es war still, sogar die Musik aus der Halle klang leiser, denn der silbrig glitzernde Schnee dämpfte alle Geräusche.
    Rasch nahm Hannes die beiden Kübel und stapfte bis zur Mauer. Dort leerte er sie in den Graben und wollte sich gerade wieder umdrehen, als er erschrocken stehen blieb. Was war das? Er kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, und spähte über die Mauer. Nein, er hatte sich nicht getäuscht.
    Worüber erschrickt Hannes?

2
Eine Nacht voller Aufregungen
    H annes ließ die beiden leeren Kübel fallen und blickte sich hastig um. Was sollte er tun? Er brauchte Hilfe, aber die anderen Küchenjungen schliefen bereits oder mussten noch in der Halle bedienen. Den Grafen und seine Gäste konnte er jetzt während des Festes nicht stören. Und seine besten Freunde Agnes und Jakob, mit denen er sonst immer jedes Problem löste, waren mit Sicherheit auch schon längst in ihren Betten. Nur einer würde ihm jetzt helfen können!
    Wie der Blitzrannte er durch den Küchengarten zu der kleinen Pforte in der Mauer, die zu Matthes’ Burgschenke führte. Die Gaukler und Spielleute wohnten wie immer bei ihm. Die Pforte musste offen sein, schließlich war Gottfried mit dem englischen Spielmann auch hier entlanggegangen, um zur Burgküche zu kommen. Man konnte noch ihre verschneiten Fußstapfen im Schnee erkennen.
    Die Pforte war tatsächlich nicht verschlossen. Hannes jagte um die Burgschenke herum zum Eingang. Er hämmerte an die Tür, so laut er konnte. Hoffentlich wurde |27| Matthes wach! Der Wirt schlief bestimmt auch schon, obwohl er noch einmal aufstehen musste, wenn das Fest auf der Burg vorbei war und die Gaukler tief in
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