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Das Zeichen des fremden Ritters

Das Zeichen des fremden Ritters

Titel: Das Zeichen des fremden Ritters
Autoren: dtv
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der Nacht zurückkamen.
    Es dauerte eine Weile, aber dann öffnete sich die Tür endlich einen Spalt weit und ein verschlafener, brummiger Matthes mit einem Talglicht in der Hand spähte heraus. Er wollte gerade lospoltern, da erkannte er Hannes, der kreidebleich vor ihm stand.
    »Was ist los?«, fragte er bestürzt und riss die Tür auf. »Komm rein, Junge! Hast du einen Geist gesehen?«
    In der Wirtsstube glomm das Feuer noch im Kamin und verbreitete wenigstens ein bisschen Wärme. Hannes merkte kaum etwas davon, denn er hatte sich so erschrocken, dass ihm nicht nur vor Kälte die Zähne klapperten.
    »Da-da draußen am Bu-Burggraben liegt einer«, brachte er stockend heraus. »Er rührt sich ni-nicht. Er ist bestimmt erfroren.«
    »Was?« Matthes war sofort hellwach. »Warte einen Augenblick, ich ziehe mir schnell was Warmes an.«
    Im Nu war Matthes zurück, warf sich noch einen Umhang über und lief mit Hannes außerhalb der Burgmauern am Fluss entlang.
    Da war wirklich jemand! Er lag zusammengekrümmt auf der Seite und regte sich nicht. Eine dünne Schneeschicht bedeckte seinen Umhang. Er musste also schon länger dort liegen. Matthes schüttelte den Kopf. Das sah nicht gut aus.
    |28| »Vorsichtig!«, sagte er, als sie zusammen versuchten, den Fremden umzudrehen, um sein Gesicht zu sehen.
    Aber sie konnten nicht viel erkennen, das Mondlicht reichte dafür nicht aus.
    »Still!«, wisperte Hannes plötzlich.
    Und da hörten sie es beide. Der Fremde stöhnte leise. Er lebte!
    »Ein Weihnachtswunder!«, freute sich Matthes. »Bleib bei ihm, ich hole meine Knechte.«
    Nicht lange danach kam er zurück, hinter ihm seine beiden Pferdeknechte mit einem Brett. Behutsam legten sie den Fremden darauf.
    »Wohin?«, fragte einer der Knechte.
    »Am besten auf die Burg«, sagte Matthes. »Meine Schenke ist zu voll und zu laut für einen Kranken.«
    Hannes überlegte. »Es ist ein Notfall«, sagte er dann, »da hat bestimmt niemand was dagegen. Und das Feuer in der Küche brennt noch. Schnell! Wir müssen ihn aufwärmen.«
    Sie trugen den Fremden durch den Küchengarten in die Burgküche. Matthes’ Knechte legten das Brett an die wärmste Stelle vor dem Herdfeuer.
    Endlich konnten sie ihn sich ansehen. Keiner von ihnen kannte ihn. Er hatte Schrammen im Gesicht, vielleicht von seinem Sturz. Matthes kniete sich vor ihn und tastete über die eiskalten dunkelblonden Haare des Fremden. Seinen Hut musste er verloren haben.
    Der Mann stöhnte kurzauf.
    »Ha!«, rief Matthes. »Er hat eine Beule am Hinterkopf.« |29| Er schob dem Fremden die Haare auseinander. »Blutunterlaufen. Vielleicht ist er ohnmächtig geworden und vom Pferd gestürzt. Und er hat solches Glück gehabt!« Bewundernd strich er über den langen, dicken Umhang, der ganzmit Pelzgefüttert war. »Er ist jung und stark, aber wenn er diesen warmen Umhang nicht gehabt hätte, wäre er jetzt tot. Noch nicht einmal seine Kleidung darunter ist nass geworden, obwohl es geschneit hat. Nur die Stiefel sind nass.«
    »Was meinst du«, fragte Hannes, »ist er ein Kaufmann?«
    Matthes schüttelte den Kopf. »Vermisst der Graf einen seiner vornehmen Gäste?«, wollte er wissen.
    Hannes zuckte die Schultern. »Davon habe ich nichts gehört. Wie kommst du darauf?«
    »Sieh dir das an«, sagte Matthes und schlug den Umhang beiseite. Ein gefüttertes Wams aus feinem Stoff wurde sichtbar. Die Linien eines goldenen fünfzackigen Sterns füllten die ganze Vorderseite aus. Er war mit Gold- und Seidenfäden auf das Wams gestickt. Wie das Wappen eines Ritters. Jetzt konnten sie auch sehen, dass er unter dem Umhang einen Beutel über der Schulter trug. Irgendetwas Kostbares musste darin sein, sonst hätte der Fremde ihn nicht so versteckt.
    Matthes atmete zischend aus. »Wer immer das ist, es ist nicht irgendwer.«
    Wieder stöhnte der Mann und Matthes legte besorgt die Hand auf seine Stirn. Sie war heiß.
    »Er hat Fieber.« Matthes stand auf. »Lauf zum Stadtmedicus«, |30| befahl er einem seiner Knechte. »Sag der Stadtwache, wir brauchen einen Arzt auf der Burg und es sei dringend, damit sie dich durch die kleine Pforte lassen.«
    Der Knecht rannte sofort los.
    »In der Küche kann er nicht bleiben«, wandte sich Matthes an Hannes. »Morgen früh ist hier bestimmt der Teufel los, bei all den Gästen des Grafen. Aber bei mir in der Schenke ist alles belegt.«
    »Da hinten ist noch eine leere Kammer.« Hannes zeigte hinaus auf den Gang.
    »Also los!« Matthes nickte seinem zweiten Knecht
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