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Das weiße Amulett

Das weiße Amulett

Titel: Das weiße Amulett
Autoren: Kathinka Wantula
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nicht über Hopkins, sondern über Prof. Bernhardt.«
    »Den kenn ich nicht.«
    »Bist du sicher?«
    »Nein, bin ich nicht. Aber wenn du willst, schau ich gern mal in meinen Büchern nach. Vielleicht steht etwas über dein Opfer drin.«
    »Das wäre nett von dir. Warum hast du mich eigentlich angerufen?«
    Kay zögerte einen Moment, ehe er antwortete. »Marion hat morgen Geburtstag, und ich weiß nicht, was ich ihr schenken soll.«
    Karen stöhnte innerlich auf. Bei seinen letzten Telefonaten war es immer nur um seine aktuelle Forschungsreihe gegangen und dass er und sein Team sich nach drei Jahren endlich einem akzeptablen Ergebnis näherten. Sie hatte nach dieser Erfolgsstory immer dezent nach seiner Frau und dem Kind gefragt, worauf Kay meistens einsilbig geantwortet hatte. Jetzt waren sie wieder bei diesem Thema angelangt, und Karen wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hasste diese Gespräche.
    »Schenk ihr mehr Zeit«, schlug sie vor, wohlwissend, dass ihm das keine Hilfe sein würde.
    Kay atmete einmal tief durch. »Genau der Ratschlag, den ich brauche. Vielen Dank!«
    »Tut mir Leid, aber das ist das Einzige, was mir im Augenblick einfällt. Geh mit ihr essen, und versuch öfter mal früher nach Hause zu kommen.«
    Kay seufzte. »Diesen Ratschlag kann mir nur eine Frau geben.«
    »Du hast eine Frau gefragt, also was erwartest du?«
    »Dass wenigstens du mich verstehst.«
    »Ich verstehe dich schon. Deine Forschungen und das Leben an der Uni sind genau das, was du immer wolltest. Du hast große Ziele, deine Studenten sehen zu dir auf. Alles sehr schön, aber deine Familie muss darunter leiden.«
    »Ich habe dich eigentlich nicht angerufen, um mir eine Moralpredigt anzuhören«, kam es ziemlich laut aus dem Handy. »Mein Leben geht dich nichts an. Kümmer dich lieber um dein eigenes.« Er beendete das Gespräch.
    Mit einem Stirnrunzeln sah Karen auf das Handy, drückte die Aus-Taste und legte es in ihre Handtasche zurück.
    Zwei Stunden später verließ sie die Brasserie und schlenderte durch das alte Stadtviertel, während die Sonne allmählich hinter den Häusern verschwand. Paris tauchte langsam in ein sanftes Violettblau, das immer mehr vom Dunkel der Nacht verschluckt wurde. Es war spät geworden, sodass sie sich auf den Heimweg ins alte Quartier Latin machte. Erfreulicherweise fand sie schnell eine Metrostation und nahm den nächsten Zug in ihre Richtung.
    Eine Viertelstunde später stieg sie aus der Metro aus und ging langsam die steile Treppe des Ausgangs hinauf, als plötzlich jemand hinter ihr einen erstickten Schrei ausstieß. Sie drehte sich um und zuckte zusammen. Direkt neben ihr stand ein Mann mit einem Dolch in der Hand. Ein anderer Mann in brauner Lederjacke packte ihn am Arm und riss ihn herum.
    »Verschwinden Sie, schnell!«, rief der Mann mit der Lederjacke, doch trotz der Warnung konnte Karen sich nicht von der Stelle rühren. Gebannt starrte sie auf die kämpfenden Männer. Der Angreifer war ein großer, hagerer Typ mit langer Nase, kurzen grauen Haaren und Stoppelbart. Er trug einen schwarzen Mantel und fixierte seinen Gegner mit hypnotisierendem Blick, aber der Mann mit der Lederjacke ließ sich davon nicht beeindrucken.
    Beide Männer umtanzten sich, abwartend, lauernd, jeder die Bewegungen des anderen beobachtend, während der Hagere den Dolch langsam in seiner Hand hin und her drehte. Die Klinge glänzte golden im fahlen Licht des Metroausgangs. Plötzlich machte er einen Ausfall, doch der Mann mit der Lederjacke tauchte geschickt weg und schlug dem Angreifer auf den Arm. Der Hagere fluchte, vollführte aber gleichzeitig eine halbe Körperdrehung und grub den Dolch in das Fleisch des anderen. Der Mann mit der Lederjacke stöhnte auf, stieß den Angreifer mit einem Fußtritt von sich und fiel rückwärts die Treppe hinunter, während der Angreifer sich umdrehte und nach Karen Ausschau hielt.
    Er sah sie unter einer Straßenlampe stehen und ging mit langen Schritten auf sie zu, in der rechten Hand die blutige Klinge. Karen war wie erstarrt. Sie hätte fliehen sollen, aber ihre Beine gehorchten ihr nicht. Taumelnd wich sie zurück und sah den Mann unaufhaltsam auf sich zukommen. In seinem fahlen Gesicht schienen die Augen zu glühen. Langsam hob er seine Arme wie die Flügel eines schwarzen Adlers, der sich auf sein Opfer stürzen will. Keine zwei Meter war er mehr von ihr entfernt. Gleich würde er zustoßen. Doch im letzten Moment riss Karen ein Reizspray aus der Jackentasche und
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