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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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Familie Clarke und hatte erst spät ein Witwe von winziger Gestalt und erschreckender Willensstärke geheiratet. Sie lebten zusammen mit Tante Emilys Bruder, Major Watling, im alten Pfarrhaus von Waimate North, das ursprünglich für meinen Großvater George Clarke erbaut worden war und später der Wohnsitz von Bischof Selwyn wurde.
    Wir Kinder empfanden diese drei Monate als eine schrecklich freudlose Zeit, denn meine Tante war kinderlos und huldigte den strengen Prinzipien der alten Schule. Wir haßten jeden einzelnen Tag, den wir dort verlebten, und sehnten leidenschaftlich die Stunde herbei, in der unsere Mutter uns holen lassen würde. Der Bruder meiner Tante, ein Kavalleriemajor a. D., beschloß, daß wir zwei, damals sieben und elf Jahre alt, lernen müßten, wie >Damen< zu reiten. Demzufolge wurde ein Schneider beauftragt, lange Reitkostüme aus schwerem, schwarzen Serge für uns anzufertigen; zwei Damensattel wurden beschafft, und von da ab mußten wir mit dem Major ausreiten, immerzu an sein langweiliges Tempo gebunden und sogar angehalten, die Nasen unserer Pferde mit der seines alten Gauls in gerader Linie zu halten.
    Nach unseren wilden Ritten, an die wir gewöhnt waren, bedeutete das eine wahre Tortur für uns. Natürlich brachen wir ein oder zweimal aus, mit der Ausrede, die Pferde seien uns durchgegangen, doch wir wurden so heftig ausgezankt, daß es sich nicht lohnte. Der Major hat uns ohne Zweifel einwandfreien Sitz und gute Handhaltung beigebracht. Aber was für ein Unterschied war das zu unseren frischfröhlichen Ritten auf Old Chips!
    Auch diese unerfreulichen Monate nahmen ein Ende; wir kehrten zu unserer Mutter heim, in unsere neue und hübsche Cottage. Sie lag in einem angenehmen, aber nicht besonders eleganten Viertel von Napier und erschien uns winzig im Vergleich zu dem geräumigen Haus, in dem wir bisher gelebt hatten. Doch der dazugehörige Garten mit den prächtigen Aprikosenbäumen und einem riesigen Maulbeerbaum in der Mitte des Krocketrasens entschädigte uns. Überflüssig zu erwähnen, daß Tim und ich natürlich sofort beschlossen, Seidenwürmer zu züchten und meiner Mutter das Leben damit schwermachten, weil diese bald überall im Haus herumkrochen.
    Tim und ich waren von jeher große Tierfreunde gewesen, und Mutter war eines der ersten Opfer dieser unserer Leidenschaft. Es war nur gut, daß der Garten groß war, denn zu dieser Zeit besaßen wir einen riesigen und selten schönen Collie, genannt Diogenes, den wir Dio riefen, zwei Katzen, eine Anzahl Hühner, die alle zahm waren, und, das schlimmste von allem, eine Schar Tauben, die ununterbrochen Junge bekamen, auf unseren Ruf herbeieilten, gelegentlich die Katzen einschüchterten und ins Haus einfielen. Mutter, die immer gut zu Tieren war, aber sie am liebsten mochte, wenn sie >dort waren, wo sie hingehörten<, muß unter diesem Privatzoo reichlich gelitten haben.
    Sie gab immer noch Musikunterricht und war deshalb viel außer Haus. Eine junge Freundin von ihr erbot sich heroisch, uns Unterricht zu geben und uns ganz allgemein zu beaufsichtigen. Wir liebten Helen, was uns jedoch nicht abhielt, ihre Sanftmut gründlich auszunützen. Später errötete ich voller Scham, als mir klar wurde, wie fürchterlich wir ihr oft zugesetzt haben.
    Im gleichen Jahr kehrte mein Großvater auf Urlaub nach Neuseeland zurück. Da die Cottage zu klein war, uns alle zu beherbergen, zogen wir in eine größere in derselben Straße, und hier blieben wir Kinder unter Helens liebevoller, aber für sie oft qualvoller Führung.
    Mit zwölf Jahren wurde ich während der Wochentage ins Internat der >Napier High School< geschickt. Meine Schwester blieb weiterhin in der Obhut einer Gouvernante, mit gelegentlichen Unterrichtsstunden durch einen Hauslehrer. Doch man beschloß bei meiner Ausbildung einer konventionelleren Linie zu folgen, weil man fand, ich bedürfte der Disziplin eines Internats und der Gesellschaft anderer Mädchen als nur der meiner Schwester.
    Damit begann für mich eine ausgesprochen glückliche Verbindung mit Lehrern, die dem Bildungsstandard dieses Landes für immer ihren Stempel aufdrückten. Miss Jerome Spencer war die Leiterin unserer Schule und Miss Large die Vorsteherin. Sie waren beide noch jung, obwohl sie mir damals wie Methusalems erschienen. Ich glaube, Miss Spencer war sechsundzwanzig, als sie auf diesen Posten berufen wurde, und ihre Freundin Amy Large nicht viel älter. Später erzählte mir Miss Spencer, wie nervös sie

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