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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen
Autoren: David Baldacci
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barg, doch schien es die einzig mögliche Lösung für Mutter und Tochter zu sein.
    »Und wie geht es mit deiner Story voran, Lou?«
    Den Kopf weiterhin gesenkt, während die Hand sich, vom Enthusiasmus jugendlicher Schreibkunst geführt, über das Papier bewegte, sagte Lou: »Gut.« Amanda spürte nur zu deutlich die Mitteilung, die hinter dieser knappen Antwort an sie gerichtet war: Das Schreiben gehörte zu den Dingen, bei denen es nicht lohnte, mit Nichtschreibern darüber zu reden. Amanda nahm die versteckte Kritik so nachsichtig hin wie alles, was sie im Umgang mit ihrer eigenwilligen Tochter hinnehmen musste. Manchmal jedoch brauchte sogar eine Mutter ein weiches Kissen, auf das sie ihr Haupt betten konnte; deshalb drehte Amanda sich nun halb im Sitz, streckte die Hand nach hinten aus und zerwuselte das Haar ihres Jüngsten. Söhne waren bei weitem nicht so kompliziert, und in dem Maße, wie Lou sie strapazierte, richtete Oz sie wieder auf.
    »Und wie geht’s dir so, Oz?«, fragte Amanda.
    Der kleine Junge stieß einen krähenden Laut aus, der wie eine Bombe im Wagen explodierte und sogar Jack aus seinen Gedanken riss.
    »Miss English sagt, ich bin der beste Hahn, den sie je gehört hat«, erklärte Oz und krähte noch einmal, wobei er die Arme wie Flügel schlug.
    Amanda lachte, und sogar Jack schaute sich kurz nach seinem Sohn um und lächelte ihn an.
    Lou bedachte ihren kleinen Bruder mit einem gequälten Blick, langte dann jedoch über den Korb und tätschelte sanft Oz’ Hand. »Bist du auch, Oz. Sogar viel besser, als ich in deinem Alter gewesen bin«, sagte sie.
    Amanda lächelte über Lous Bemerkung; dann wandte sie sich ihrem Mann zu. »Sag mal, Jack, du kommst doch zur Aufführung von Oz’ Schultheater, oder?«
    Lou kam ihrem Vater mit der Antwort zuvor: »Du weißt doch, Mommy, dass Pa an einer Geschichte arbeitet. Er hat bestimmt keine Zeit zuzugucken, wie Oz einen Hahn spielt.«
    »Ich werd’s versuchen, Amanda. Diesmal wirklich«, sagte Jack. Doch Amanda kannte den Zweifel in seiner Stimme, der eine neuerliche Enttäuschung für Oz ankündigte. Und für sie.
    Amanda drehte sich weg und starrte durch die Windschutzscheibe. Ihre Gedanken standen ihr ins Gesicht geschrieben: Ein Leben lang verheiratet mit Jack Cardinal - ein leben voll mit Ich-werd’s-versuchen.
    Oz’ Enthusiasmus blieb Gott sei Dank ungebrochen. »Und nächstes Mal bin ich der Osterhase. Kommst du dann auch,
    Mom? Du kommst doch, ja?«
    Amanda schaute ihn mit dem strahlenden Lächeln und dem unschuldigen Augenaufschlag eines liebreizenden Engels an.
    »Du weißt doch, dass Mommy das nie verpassen würde«, sagte sie und wuschelte ihm noch einmal sanft durchs Haar.
    Doch Mommy würde es verpassen. Sie alle würden es verpassen.

 
KAPITEL 2
    Amanda schaute aus dem Wagenfenster. Ihre Gebete waren erhört worden; das Unwetter war vorübergezogen und hatte lediglich ein paar Tropfen eines ländlichen Nieselregens und gelegentliche schwache Windböen gebracht, die es nicht einmal geschafft hatten, die Äste der Bäume richtig zu schütteln. Amanda, Jack und die Kinder waren ziemlich aus der Puste gewesen, als sie die ausgedehnten Rasenflächen, die sich durch den Naturpark wanden, von einem Ende zum anderen durchquert hatten. Man musste es Jack hoch anrechnen, dass er so ausgelassen mitgespielt hatte. Wie ein Kind war er über die kiesbedeckten Wege gestürmt, während er Lou oder Oz, die begeistert lachten, huckepack trug. Einmal war er sogar ohne seine Mokassins losgerannt, hatte sich von den Kindern jagen lassen und die Schuhe in einem beherzten Kampf zurückerobert. Später hängte er sich zur Freude aller kopfüber an eine Schaukel. Genau so etwas brauchten die Cardinals zurzeit.
    Am Ende dieses schönen Tages hatten die Kinder vor Müdigkeit regelrecht schlappgemacht, und sie alle hatten an Ort und Stelle ein Nickerchen eingelegt, dicht an dicht, ein großes Knäuel aus ineinander verschlungenen Gliedmaßen. In tiefem Schlummer hatten sie wohlig geseufzt: müde, glücklich ruhende Menschen. Ein Teil Amandas hatte für den Rest ihres Lebens so liegen bleiben wollen; sie hatte das Gefühl gehabt, in diesem Moment all das geschafft zu haben, was die Welt ihr jemals an halbwegs erträglichen Prüfungen auferlegen würde.
    Als die Familie nun in die Stadt zurückfuhr - in ihr kleines, schmuckes Zuhause, das ihnen nicht mehr lange gehören würde -, machte sich ein wachsendes Gefühl des Unbehagens in Amanda breit. Sie hatte keine
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