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Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne

Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne

Titel: Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
Autoren: Jorna Sternekieker
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Herr Weber sieht nämlich gar nicht so fit aus. Unter seinen Augen sind derart tiefe Furchen, das ich unweigerlich an einen frisch gepflügten Acker denken muss.
Doch genug geärgert, jetzt muss ich mich beeilen, wenn ich vor Frau Grube eintreffen will. Ich haste zu den Aufzügen.
Die neue Mitarbeiterin ist seit einem Monat meine Zimmerkollegin und leider wie ich, Frühaufsteherin. Bisher war es mein Privileg als Erste das noch leere Büro zu betreten. Und das ist ein herrliches Gefühl. Die Zimmer liegen still in der Morgensonne und kein penetrantes Telefongeklingel oder nervige Kollegen stören den Frieden. Die beste Zeit um ungestört wichtige Projekte zu planen, Telefonate zu führen oder E-Mails zu beantworten. Bei meinem außergewöhnlich hohen Aufgabenpensum benötige ich jede Stunde und ganz besonders die stillen. Das hatte ich Frau Grube wohl etwas zu bildhaft geschildert. Was habe ich mich an meinem Kaffee verbrannt, als sie ihren schwarzen Lockenschopf am dritten Tag, nur wenige Minuten nach mir durch die Tür steckte. Beinahe hätte ich ihn vor Schreck über die neue Ausgabe meiner Alicia, in der ich gerade mein Horoskop studierte, geschüttet. Ich war außer mir. Frau Grube hingegen fand die Situation mehr als lustig. Ihr lautes Lachen löste in mir Fantasien aus, für die manch einer jahrelang hinter Gitter müsste. Ich hielt mich jedoch zurück und lernte daraus. Wenn das quirlige Energiebündel heute eintrifft, bin ich beharrlich in meine Arbeit vertieft und schaue nur manchmal geschäftig und etwas ungehalten von meinem Schreibtisch auf.

Auf dem Weg in die oberen Stockwerke, erblicke ich wenige Meter vor mir unser Pummelchen Emma. Die hat mir gerade noch gefehlt! Am frühen Morgen die laute Stimme unserer Grafikerin durch den Flur poltern zu hören, ist in etwa so angenehm, wie eine Wurzelbehandlung bei vollem Bewusstsein. Zudem kann ein Treffen mit ihr auch sehr gefährlich sein. Sie ist nicht gerade für ihre Verschwiegenheit berühmt und unverblümt gesagt, die größte Tratschtante die ich kenne. Das Wort "Flurfunk" wurde längst durch die neue Wortfindung "Emmaphon" ersetzt. Und das aus gutem Grund. Es gibt kein Meeting über das Emma nicht informiert ist, kein Bürotechtelmechtel, das ihren scharf gewetzten Augen entgeht. Doch dieser ausgeprägte Spürsinn, mit welchem sich Emma dem Privatleben ihrer Kollegen widmet, fehlt ihr leider völlig im sonstigen Umgang mit Menschen. Empathie ist ein Fremdwort für sie, wenn Emma sprechen will, spricht Emma auch. Ganz gleich, ob man sich einen Schal um die Ohren wickelt und Ohrensausen vortäuscht oder wahnsinnige Kopfschmerzen vorgibt. Beides habe ich probiert und beides war zwecklos.
Fieberhaft suche ich nach einem Fluchtweg. Wenn ich mich ganz langsam rückwärts bewege und Emma dabei im Auge behalte, könnte ich Glück haben. Vorsichtig setzte ich meinen Plan in die Tat um und schleiche mich davon. Nur wenige Schritte sind zurückzulegen, um einen sicheren Hörsturz zu entgehen und ich schaffe es tatsächlich.
Das war knapp! Oder auch nicht. Plötzlich stoße ich mit dem Rücken auf ein Hindernis und drehe mich verwundert um. Mein Rückwärtsschleichen ist bedauerlicherweise nicht unbeobachtet geblieben und so finde ich mich mitten in einem Pulk von Menschen wieder, die mich erstaunt anstarren.
Vom Regen in die Traufe, denke ich während ich ebenso irritiert die Völkerwanderung mustere. Die belustigten Gesichter der Anwesenden verheißen nichts Gutes, eine asiatische Schönheit macht sich nicht einmal die Mühe, ihren missbilligenden Blick auf die Alicia unter meinem Arm zu verbergen. Skeptisch zieht sie eine Augenbraue gekonnt in die Höhe. Ich tue es ihr gleich und wundere mich. Heißt es nicht, dass Japaner ein höfliches Volk seien?
"Haha", lache ich für uns beide, "so früh ein Massenauflauf und ich dachte unser Betriebsfest ist erst im kommenden Monat.”
Statt Gelächter schwappt mir schallendes Schweigen entgegen und meine Aufregung steigt. Nervös lächle ich in die Runde und scanne diese dabei unauffällig auf HHs oder wichtige Kunden. Über die meisten der irritierten Gesichter huscht ein höfliches Anstandslächeln, bevor eine männliche Bassstimme das Wort ergreift.
"Guten Morgen Frau Wiese, immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Und das, obwohl Sie doch zurzeit so viel Arbeit haben."
Ich erstarre. Jetzt komme ich doch noch zu dem gewünschten Treffen mit unserem Vorstandsvorsitzenden Herrn Brunner. So hatte ich mir das
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