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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
Autoren: Brigitte Endres
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waren ihre Bücher – oder besser die Figuren in den Büchern, die ihre Fantasie plastisch zum Leben erweckte. Figuren, die ihre Gedanken oft über lange Zeit begleiteten und von denen sie einige richtig lieb gewonnen hatte, so wie Atréju oder Fuchur, den Glücksdrachen aus der Unendlichen Geschichte . Kein noch so gut gemachter Film konnte ihre inneren Bilder an Farbe und Lebendigkeit übertreffen.
    Josie warf sich herum. Ihre lebhafte Fantasie … Spielte sie ihr einen Streich, oder war sie jetzt tatsächlich auf dem besten Weg, durchzuknallen? Eine imaginäre Amsel! Das war definitiv alles andere als normal! Gehörte sie in die Klappsmühle? Gab es gegen so etwas Medikamente?
    Josies Stirnader pulsierte. Sie schwitzte. Ihr Nachthemd klebte an ihr. Sie stieß die Decke weg und riss sie in einer beunruhigenden Anwandlung von Schutzlosigkeit sofort wieder hoch. Wenn sie doch wenigstens mit jemandem darüber reden könnte!
    Taddy von ihren Ängsten zu erzählen, war sinnlos. Er würde eine Million logische Erklärungen finden. Das ersparte sie sich lieber. Sollte sie Moma anrufen? Aber am Telefon konnte man so etwas nicht gut besprechen. Sie würde sich nur Sorgen machen.
    Josie knipste das Licht an und angelte nach der Unendlichen Geschichte . Vielleicht brachte sie ihr Lieblingsbuch auf andere Gedanken. Sie schlug es, wie so oft, irgendwo in der Mitte auf und verkroch sich in die Welt Phantásiens. Hier fühlte sie sich merkwürdig sicher und geborgen. Sie wusste, alles würde ein gutes Ende nehmen. Nach ein paar Seiten verschwammen die Buchstaben vor ihren Augen. Gähnend legte sie den Band aus der Hand, schaltete die Nachttischlampe aus und rollte sich wie ein kleines Tier zusammen. Bilder erschienen, Fetzen, unzusammenhängend und wirr. – Eine zarte, inzwischen wohlbekannte Melodie mischte sich purpurrot dazwischen und Josie schlief ein.
     
    Als sie am nächsten Morgen aufwachte, zeigte der Wecker neun. Mist, Dad war bestimmt schon weg! Warum hatte er sie denn nicht geweckt? Sie tappte verschlafen in die Küche. Ein Zettel, auf den eine ungeschickte Hand ein Herz gezeichnet hatte, lag auf dem Tisch. »Josefinchen, wollte Dich nicht wecken. Mach Dir einen schönen Tag! Heute Abend gehen wir zusammen essen. Alles Liebe, Taddy.«
    Josies Stimmung sank augenblicklich auf den Nullpunkt. Der lange Tag, der so ungeplant und unausgefüllt vor ihr lag, gähnte sie an wie ein Abgrund. Sie goss lustlos Milch über eine Handvoll Flakes. Doch schon nach wenigen Löffeln ließ sie den Rest stehen und zog sich an. Die Dunkelheit in dem jetzt noch im Schatten eines Nachbargebäudes liegenden Appartement erdrückte sie fast. Sie musste raus. Vielleicht hatte Moma ihr eine E-Mail geschrieben.
     
    Beim Öffnen des Lifts lächelte ihr ein puertoricanisches Zimmermädchen entgegen. Josie lächelte gezwungen zurück und quetschte sich neben den Putzwagen. Unten im Foyer begrüßte Nancy sie mit einem professionell freundlichen How-are-you, das Josie ebenso freundlich und gleichlautend zurückgab, während sie dachte: Willst du das wirklich wissen? Miserabel! Hab mich lange nicht so mies gefühlt.
    Auch heute war das Businesscenter menschenleer. Wahrscheinlich hatten die meisten Leute eigene Notebooks dabei, so wie Dad. Umso besser! Sie setzte sich an einen der Computerplätze, wählte sich ins Internet ein und steuerte erwartungsvoll ihr Postfach an. Moma hatte ihr tatsächlich geschrieben!
Liebe Josie,
hier herrscht Chaos. Das Dach ist halb abgedeckt und jetzt müssen sogar Sparren ausgewechselt werden. Total morsch. Stell Dir vor, gestern ist einer der Dachdecker fast durchgebrochen! Mir reichts!!! Sei bloß froh, dass Du nicht hier bist.  – Aber Du fehlst mir natürlich.
    Josie biss sich auf die Unterlippe. Moma fehlte ihr auch. Gerade heute!
Mit der Recherche für das neue Buch komme ich nur langsam voran. Kann ja bei dem Lärm nur am Abend arbeiten. Bin im Internet auf einen Professor gestoßen, einen Kulturanthropologen in Irland, der sich ausgezeichnet mit den alten Mythen auskennt. Scheint ein netter älterer Herr zu sein. Stell Dir vor, er hat mich zu sich nach Galbridge eingeladen. Na ja, wenn das Dach fertig ist, bin ich sowieso urlaubsreif.
Soweit die Neuigkeiten von hier. Melde Dich mal und grüße Taddy von mir.
Es umarmt dich in Liebe
Deine Moma.
     
    Josie setzte eben an, ihrer Großmutter zu antworten, als die Tür aufging. Sie drehte sich um und zuckte zusammen. Es war das schwarzhaarige
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