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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis
Autoren: Emily Bold
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Und wie ein Krieger, der in die Schlacht zog, riss er mich in seine Arme und küsste mich. Seine Zunge teilte meine Lippen wie ein Schwert, und ich keuchte, als hätte er mich verwundet. Sein Angriff raubte mir die Kraft, und ich hing wehrlos an seiner Brust. Seine Hände auf meinem Körper forderten meine Kapitulation und erklärten mich zu seiner Beute. In diesem Kampf musste er sich selbst beweisen, dass er der Sieger war – nur leider kämpfte er gegen sich selbst.
    „Entschuldige, Sam“, flüsterte er und schob mich abrupt von sich. Er sah mich nicht an, als er sich seinen Motorradhelm schnappte und zur Tür flüchtete. „Ich liebe dich!“
    Der Knall der Tür schluckte beinahe seine letzten Worte, und, als vor dem Haus sein Motorrad ansprang, schleppte ich mich entmutigt ins Schlafzimmer. Ich sank vor der letzten ungeöffneten Schachtel zu Boden und riss den Deckel herunter. Tränen trübten meinen Blick, als ich unter einem in buntes Papier gewickelten Päckchen nach dem Brief tastete. Als ich das weiche Leder fühlte, entrang sich mir ein dankbares Schluchzen, und ich presste es fest an meine schmerzende Brust.
    Mit zitternden Fingern schlug ich das Leder beiseite und faltete den Brief auseinander.

Sam, mo luaidh,
    du stolpertest in jener Nacht in mein Herz, und, noch ehe ich dies fand, erkannte ich, wie besonders du bist. Du gehörst nicht hierher, hast du gesagt – aber das stimmt nicht. Du gehörst zu mir, egal, was geschieht. Verlass mich nicht, denn ich sterbe lieber, als ohne dich zu sein. Verlass mich nicht, denn ich liebe dich.
    Und wenn du es doch tust – weil du mich liebst, dann nimm dies und wisse – was immer du bist, du bist ein Teil von mir.
    Mo luaidh, tha gràdh agam ort
    Payton

Kapitel 2
     
     
    Burg Burragh, 1741
     
    Payton McLean stand auf den Zinnen des Wohnturms. Der Regen schlug ihm hart ins Gesicht, aber er spürte es kaum. Weder fror er noch machte ihm die bis auf die Knochen vordringende Nässe etwas aus. Er betete um Erlösung.
    Es war noch kein Jahr vergangen, seit er unter Aufbringung all seiner Selbstbeherrschung Samantha zurück in ihr wirkliches Leben geschickt hatte. Die Hoffnung, sie irgendwann in ferner Zukunft wieder in die Arme schließen zu können, hatte ihn dieses Opfer bringen lassen. Nun aber war er durch Vanoras Fluch aller Gefühle beraubt – selbst Hoffnung und Glaube waren verschwunden.
    Er müsste verzweifelt darüber sein, aber auch dies wäre eine Regung, die zu fühlen ihm vorenthalten war. Es war, als baue sich eine Wand um ihn, die ihn von seinem Leben trennte. Sie nahm ihm den Schmerz um den Tod seines Bruders, ließ die Verachtung seines Vaters für ihre Tat abprallen, zerstörte die Zuneigung zu seiner Familie. Er war allein, allein hinter dicken Mauern, die von Tag zu Tag näher rückten und drohten, ihn zu erdrücken.
    Er schlug mit der Faust auf die Zinnen vor sich. Blut sickerte aus seinem Handballen, aber weder spürte Payton Schmerz noch Erleichterung, und einen Moment später schlossen sich seine Wunden.
    Wie hatte er annehmen können, zweihundertsiebzig Jahre so – ein Leben ohne Leben – durchstehen zu können? Wie sollte er stark genug sein, dies zu ertragen?
    Selbst der Tod als Ausweg war ihm nicht vergönnt, aber er brauchte einen Ausweg – er musste vergessen …
    Wenn er doch nur hinter sich lassen könnte, wie sich Liebe angefühlt hatte. Die Erinnerung an das Glück, das er mit Sam empfunden hatte, war verblasst, aber ganz tief in ihm wusste er, wie er geleuchtet hatte, gestrahlt vor Glück, wie sein Körper auf die Nähe dieses unbeschreiblichen Mädchens reagiert hatte. Würde er je wieder so fühlen?
    Hier auf dem Turm, seinem Rückzugsort, hatte er sich für sie und gegen seine Familie entschieden, ehe alles so ein schreckliches Ende nahm.
    Payton schüttelte den Kopf. Er konnte nicht fassen, dass Sam – seine Sam, die Frau, die er so sehr geliebt hatte, vorher gewusst haben sollte, was geschehen würde … was geschehen war. Wenn sie auch nur geahnt hatte, was auf ihn zukommen würde, wie hatte sie es zulassen können? Sie hatte behauptet, ihn in der Zukunft retten zu müssen, aber war ihr das wirklich gelungen? Oder würde er all die kommenden Jahre vergebens auf Erlösung warten, nur um dann zu sterben?
    Er hatte Sam nach der Nacht des Fluches vergeben. Hatte zumindest geglaubt, ihr vergeben zu können, aber nun …
    Nun, wo der Fluch seine Faust gnadenlos um ihn schloss, schien der Mann, der an die Liebe geglaubt
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