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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis
Autoren: Emily Bold
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Zeit sah er ihr Gesicht vor sich, aufgelöst im Strudel der Gefühle ihres Liebesspiels. Die Zuneigung, die sie ihm damals entgegenbrachte, war keine Lüge gewesen. War vermutlich das Einzige, das er jemals von ihr bekommen hatte.
    Zu sehen, wie alles verwüstet, Nathairas Privatsphäre verletzt und ihre intimsten Gedanken achtlos entweiht worden waren, hatte sein Verlangen nach Rache geschürt.
    Als sein Blick auf die verstreuten Schmuckstücke fiel, stach ihm ein schlichtes Lederband mit silbernem Anhänger in die Augen. Wie in Trance nahm er es an sich, schloss seine Faust darum, und brachte es dennoch nicht über sich, es anzusehen. Er wusste, wie es aussah und wie sie es bekommen hatte. Nur hatte er nicht erwartet, es nach dieser unendlich langen Zeit noch in Nathairas Besitz vorzufinden.
    Das silberne Brigidskreuz, welches ein Symbol für den Festtag Imbolc war. Der Tag, an dem sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Der Tag, an dem ihre Liebe erblüht war.

Alasdair schluckte die bittere Erinnerung hinunter. Der Geruch nach Weihrauch – nach dem Gott der Christen, der nicht der seine war – stieg ihm in die Nase. Es war kalt in der Kapelle, aber lange nicht so kalt, wie an dem Tag vor so vielen Jahren, an dem er Nathaira das Kreuz geschenkt hatte. Er hob die Hand an seine Brust und ertastete den Anhänger unter seinem Hemd. Niemand sah die Trauer in seinem Blick, als er ihn berührte.

Sie war so schön gewesen an jenem ersten Tag.
    Mit geröteten Wangen trat sie aus der Tür, eine glühende Schönheit, die mit einem Lächeln den Schnee des kalten Februartages 1740 zum Schmelzen hätte bringen können. Zumindest in ihm hatte sie ein Feuer entfacht, welches in all den Jahrhunderten nicht erloschen war. Er versuchte, sie zu vergessen, nachdem sie ihm gestanden hatte, sein Kind getötet zu haben, denn er wollte nicht wieder den gleichen Fehler begehen wie in seiner Heimat.
    Geächtet!
    Er war geächtet gewesen, weil schon einmal der Verrat einer Frau sein Leben zerstört hatte, sein Schwert einen blutigen Pfad der Verwüstung hinterließ, als er versuchte, seinen Schmerz zu betäuben.

Darum war er Nathaira in all der Zeit des Fluches aus dem Weg gegangen. Nur vergessen hatte er sie nie. Wohl nie wirklich aufgehört, sie zu lieben. Sie war in ihrer Seele ebenso dunkel wie er. So groß das Leid auch war, welches sie über ihn gebracht hatte, konnte er ihr dennoch nicht die Schuld geben.
    Und nun war sie tot, gestorben für die Liebe des verfluchten McLean Sprösslings und für die Sache ihres schwächlichen Bruders. Und Cathal, der Mann, dem er über die Jahrhunderte die Treue gehalten hatte, war zu einem jämmerlichen Häuflein Elend verkommen. Alasdair empfand nur noch Verachtung für den Mann, dem er so viel Leid zu verdanken hatte.
    Dass Nathaira selbst die Ursache all seiner Qualen war, wollte und würde er sich nie eingestehen. Stattdessen gab er die Schuld den Männern, die sie ihm immer wieder aus den Armen gerissen hatten: Cathal – für den sie seine, Alasdairs, Liebe geopfert hatte, Blair McLean – den Mann, den sie statt seiner erwählt hatte, und vor allem Payton, der letztendlich für ihren Tod verantwortlich war, weil er dieses verdammte Mädchen über ihrer aller Wohl gestellt hatte.
    Ihnengab er die Schuld an seinem Schmerz, und nach den Jahrhunderten ohne jedes Gefühl nährte jeder weitere Tag seinen Durst nach Vergeltung. Es war die einzige Medizin, die er kannte. Die ihm Zeit seines Lebens über jede Art von Qualen hinweggeholfen hatte.

Geächtet! Ja, er war geächtet – und hatte nicht gerade dies und seine Stärke damals Nathairas Interesse geweckt?

Wieder sah er den Tag vor sich, als er als Grant Stuarts neuer Gefolgsmann nach Galthair gekommen war. Die Sonne durchbrach an jenem Tag die Wolkendecke durch und verwandelte den verschneiten Burghof in ein funkelndes Eiskristallmeer. Nach den drückenden Wochen der Kälte und Finsternis war ihnen dieses Imbolc tatsächlich wie das Wiedererwachen des Lebens erschienen. Cathal, Blair, Sean und er waren guter Dinge und sahen gut gelaunt dem großen Fest zu Ehren von Grant Stuart, dem Oberhaupt des Stuartclans, entgegen.
    Alasdair spürte Nathairas Bewunderung in seinem Rücken und fühlte förmlich ihren Puls rasen, als er sich zu ihr umdrehte. Er war ein Mann, der nichts zu bieten hatte, darum wollte er ihr an jenem Tag seine Stärke beweisen. In dem schnell inszenierten Gefecht war Sean für ihn kein Gegner gewesen. Er spielte mit dem
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