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Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)

Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)

Titel: Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Thiemeyer
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gesagt, waren es drei, wenn man diese hässliche Promenadenmischung mit hinzurechnete, die um Davids Beine herumscharwenzelte. Er hatte darauf bestanden, ihnen allein gegenüberzutreten, er benötigte keinen Schutz. Seine Berater sowie die verhüllten Wachen hatten Anweisung, einige Meter weiter hinten zu warten.
    Die Sonne war aufgegangen und warf ein goldenes Licht über das Land. Die Ränder seiner Soutane flatterten wie Flügel im Wind. Wer ihn aus der Ferne sah, mochte ihn für einen Engel halten. Ein Gedanke, der ihm gefiel. Warum nur erkannte niemand seine wahre Größe? Er war ein Geschöpf, gesandt von Gottes Hand. Ein rächender Engel, der mit Feuer und Blitz zur Erde hinabgestiegen war, um die Welt von Sünde und Verfall zu reinigen.
    Die beiden Neuankömmlinge blieben vier Stufen unter ihm stehen. Marcus Capistranus ignorierte die Hure und betrachtete stattdessen seinen Sohn.
    David wirkte verändert. Beim letzten Mal war er ein verschüchterter Junge gewesen, jetzt hatte er zum ersten Mal das Gefühl, einem erwachsenen Mann gegenüberzustehen. Capistranus hob sein Kinn.
    »Der verlorene Sohn ist also zurückgekehrt. Ich hätte nicht erwartet, dich noch einmal wiederzusehen.«
    »Unsere Gebete werden nicht immer erhört, wie du sicher weißt«, sagte David. »Auch ich hätte nie damit gerechnet, dass sich unsere Wege noch einmal kreuzen. Aber wie es aussieht, hat das Schicksal es anders mit uns gemeint.«
    »So scheint es wohl.«
    Davids Stimme war ohne Groll. Er wirkte weder verunsichert noch verschüchtert. Das war umso verwunderlicher, als Marcus Capistranus seinen Sohn bei ihrer letzten Begegnung zum Tode verurteilt hatte.
    »Es war ein Fehler von dir, wiederzukommen«, sagte er. »Der Augenblick hätte nicht ungünstiger sein können.«
    »Das wird sich zeigen. Können wir reden?«
    »Tun wir das nicht gerade?«
    »Hier?« David sah seinen Vater verwundert an. »Vor deinen Leuten?«
    Marcus Capistranus breitete die Arme aus. »Alles, was es zu sagen gibt, können wir auch hier besprechen. Ich habe keine Geheimnisse vor meinen Männern.«
    David kam die letzten paar Stufen herauf, so dass sie auf gleicher Höhe standen. Die Hure wartete weiter unten.
    »Wie es scheint, habe ich dich gerade bei irgendetwas Wichtigem unterbrochen. Das tut mir leid. Aber glaube mir, was ich zu sagen habe, ist wichtiger.«
    Der Inquisitor stieß ein abfälliges Schnauben aus.
    »Interessiert es dich denn gar nicht, was das für Schiffe sind, die den Fluss heraufkommen?«
    »Ich gehe mal davon aus, dass du mir das ohnehin erzählen wirst. Ob es mich nun interessiert oder nicht.«
    »Es sind Boten, Vater. Boten der Zuflucht. Männer, Frauen, Familien. Sie kommen, um euch zu helfen.«
    »Was du nicht sagst.«
    Wenn David die Ironie in seiner Stimme bemerkte, so beachtete er sie nicht. »Es sind Freunde. Männer und Frauen der Zuflucht. Wir begegneten ihnen, als wir in den Westen flogen.«
    »Du meinst, nachdem du mich verraten, die Raffinerie in Brand gesteckt und mich beinahe ermordet hast? Ich kann nicht behaupten, dass ich sonderlich erpicht darauf bin, die Geschichte zu hören, aber erzähle sie ruhig. Ändern wird sie jedoch nichts.«
    »Das wird sich zeigen. Wir flogen also in den Sonnenuntergang mit nichts weiter als unseren Kleidern am Leib und einer Karte, die nach Westen wies. Wir ließen die alte Welt hinter uns. Wir wussten, dass es dort keine Zukunft für uns geben würde. Unser Ziel war die Zuflucht.«
    »Ich habe davon gehört. Geglaubt habe ich dieses Märchen jedoch nie.«
    »Wir auch nicht, zumindest nicht bis zu jenem Zeitpunkt, als wir beschlossen, dorthin aufzubrechen. Wir hatten gehört, dass dieser Ort im Westen läge und sich an der großen See befände, doch das war eigentlich schon alles. Die Karte war sehr ungenau, sie konnte eigentlich nur als grobe Richtungsangabe gelten. Da der Mond hell schien und ich mich nicht traute, zu landen, flogen wir die ganze Nacht hindurch. Das Land unter uns war wild und unberührt. Keine Siedlungen, keine Feuer, nichts. Die Gerüchte waren wahr. Die Seuche hatte eine blutige Spur hinterlassen und keine Menschenseele am Leben gelassen. Die Natur war zurückgekehrt. Seen, Flüsse, Wälder und Weiden, so weit das Auge reichte. Unser Mut sank. Der Morgen brach an, und noch immer hatten wir kein Lebenszeichen entdeckt. Als die Sonne aufging, hatte ich eine Vision. Mir wurde bewusst, wie einzigartig es doch war, dass wir die Dunklen Jahre überlebt hatten. Die alte Stadt,
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