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Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)

Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)

Titel: Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Thiemeyer
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hatte sie feststellen müssen, dass die Bleichen zwar fort waren, dass aber auch vom Rest der Brigantinnen jede Spur fehlte.
    Was war mit ihnen geschehen? Waren sie getötet worden, verschleppt, gefressen? Mordra hatte den Kampfplatz untersucht, war jedoch nicht fündig geworden. Nirgendwo war Blut zu erkennen, dafür eine Unmenge Kampf- und Schleifspuren, die allesamt über die Barrikade auf die andere Seite führten. Sie erinnerte sich, dass Gwen in diese Richtung geflohen war. Mordra sah noch vor sich, wie das Mädchen davongerannt war, zwei von diesen widerwärtigen Kreaturen im Schlepptau. Sie hatte ihr noch eine Warnung hinterhergerufen, aber Gwen war wie von Sinnen gewesen. War einfach immer weitergerannt, tiefer und tiefer hinein in diese Welt aus Dunkelheit und Verzweiflung.
    Was wohl aus ihr geworden war?
    Vermutlich tot, genau wie die anderen.
    Mordra wandte den Blick von dem Spielzeug ab und folgte dem Schacht tiefer ins Herz der Stadt.
    Rost, Müll, Verwesung – die alte Stadt glich einem Friedhof. Ein Mahnmal aus einer Zeit, in der die Menschen in Wohlstand und Überfluss gelebt hatten. Schwer zu glauben, dass an der Oberfläche immer noch Menschen wohnten. Männer zwar, Teufel, aber trotzdem Menschen. Dabei war der Unrat ja nicht einmal das Schlimmste. Woran Mordra sich einfach nicht gewöhnen konnte, war der Gestank. Eine Mischung aus Moder und Fäulnis, die wie der Atem eines Sterbenden roch. Er durchdrang die Kleidung, heftete sich an ihre Haut und machte das Atmen zur Qual. Selbst wenn sie danach tagelang badete, diesen Gestank würde sie nie wieder loswerden.
    Einen Moment lang war sie in Gedanken versunken und beachtete nicht, wo sie hintrat. Es platschte, und ein großer Schwall gelbliches Wasser schwappte in ihren Schuh. Einen unterdrückten Fluch ausstoßend, wich sie links auf einen kleinen Schutthügel aus. Sie durfte jetzt nicht unvorsichtig werden. Geräusche wie dieses würden die Bleichen schnell wieder auf den Plan rufen. Vielleicht wären die Brigantinnen weitergekommen, wenn sie versucht hätten, sich ihrer Umgebung anzupassen. So wie Mordra es jetzt tat: leise, heimlich, verstohlen. Ihre Augen vermochten die Dunkelheit zu durchdringen, und auch ihr Gehör war um ein Vielfaches schärfer geworden. Kein noch so kleines Geräusch – mochte es nun das Tropfen von Wasser oder das Rascheln einer Ratte sein – blieb ihr verborgen. Sie konnte fühlen, wenn sich in ihrer Nähe etwas bewegte, und spüren, wie groß ein Raum war, nur anhand von Temperaturänderungen oder dem Hall ihrer Schritte. Ihr Körper war zu etwas anderem geworden, zu einem feinen Messinstrument, das sich mehr und mehr der fremdartigen Umgebung anpasste. Geschmeidig, still und tödlich. Ob das ausreichen würde, blieb abzuwarten. Dies war das Reich der Bleichen. Hier bestimmten sie die Regeln.
    Sie zog sich bis zur Seitenwand zurück und atmete leise und geräuschlos. Es war hier zwar dunkler, dafür konnte sie trockenen Fußes weiterlaufen. Weniger Gefahr, in eine Pfütze zu treten.
    Was für ein Tag war heute?
    Sie hatte ihr Zeitgefühl verloren. Ob Tag oder Nacht, ließ sich nur erahnen. Hier unten herrschte immerwährende Dunkelheit. Sie schlief, wenn sie müde war, und aß, wenn sie Hunger hatte. Wasser gab es genug, und von ihrem Proviant war auch noch einiges übrig.
    Den Spuren der Entführer folgend, setzte sie ihren Weg fort. Die Markierungen waren nicht zu übersehen. Schleifspuren, Blutflecken, hin und wieder Kleidungsfetzen. Irgendwo war sie auf Kendras Messer gestoßen, das halb versunken in einer Pfütze lag. Die Klinge war abgebrochen, und der lederumwickelte Griff sah aus, als wäre daran herumgenagt worden. Ohne lang darüber nachzudenken, hatte sie es eingesteckt. Kendra hätte sich niemals freiwillig von dieser Waffe getrennt. Ihre Schwester war hier irgendwo, das spürte sie. Sie würde sie nicht den Bleichen überlassen.

    Sie war etwa einen Kilometer gegangen, als sie eine Veränderung bemerkte. Es wurde heller. Auch der Gestank nahm zu. Sie duckte sich in die schwärzesten Schatten und zog ihr Schwert. Das Metall schimmerte wie Sternenlicht.
    Vor ihr, auf den ersten Blick schwer zu erkennen, lag ein riesiger, offener Raum. Eine Höhle oder etwas Ähnliches, aber von gewaltigen Ausmaßen. Mehrere Stockwerke tief und so breit, dass man kaum auf die andere Seite blicken konnte. Die Zwischenböden waren herausgebrochen, und aus den Betonplatten ragten krumme, rostige Eisenträger. Die Luft war
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