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Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen

Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen

Titel: Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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geringerer Vergehen durchfallen lassen.«

3
    Im Norden der alten Stadt …
    E s war Abend geworden. Auf den Flanken der mächtigen Wohntürme schimmerte die untergehende Sonne. Wilder Wein und Efeu überwucherten die Fassaden und verliehen den Gebäuden das Aussehen bewaldeter Schluchten. Aus einigen der Fenster wehten Banner, doch die meisten waren leere Höhlen. Weiter unten ging es lebhafter zu. Der Duft von gebratenem Fleisch hing in der Luft. Lachen und Singen erklang, und wildes Gebrüll hallte durch die Schluchten. Der alljährliche Heuert-Wettkampf steuerte seinem Höhepunkt entgegen. Sämtliche Clans der Umgebung hatten sich versammelt, um ihren Favoriten anzufeuern und ihm zum Sieg zu verhelfen.
    Logan prüfte den Sitz seiner Handschuhe. Das Leder war weich und geschmeidig, die Finger hatten guten Halt. Früher war ihm im Lauf eines Wettkampfes ab und zu mal ein Schwert oder Dolch entglitten, doch seit er in der Kanalisation auf das Versteck eines Kürschners gestoßen war, passierte ihm das nicht mehr. Leder aus Rattenhaut war ebenso dünn wie zäh. Ein äußerst widerstandsfähiges Material, was man gar nicht glauben mochte, wenn man die quiekenden Viecher so ansah. Der Kürschner selbst würde den Verlust nicht mehr beklagen; er war ebenso tot wie die Tiere, aus denen er seine Ware gefertigt hatte. Vermutlich ein Opfer der Bleichen, die in den Tiefen der U-Bahn-Schächte und der Kanalisation hausten.
    »Norgal, Norgal!«
    Der Eisengießer-Clan stimmte sich auf die Finalrunde ein. Logan lächelte grimmig. Dieser Stamm hatte schon immer die größten Schreihälse hervorgebracht.
    Für Logan war es die dritte Teilnahme, wobei es ihm zum ersten Mal gelungen war, das Finale zu erreichen. Die Narben und Brüche hatten seinen Ehrgeiz nur noch mehr angestachelt. Diesmal konnte er es schaffen, das spürte er.
    Die beiden Gegner gehörten zu den Besten ihres Standes. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, wie er sie einzuschätzen hatte. Logan war ein Neuling, ein unbeschriebenes Blatt, der bisher nicht über die Vorentscheidungen hinausgekommen war. Sollte er gewinnen, würde er erhebliche Privilegien und Vergünstigungen erhalten. Von heute auf morgen wäre er der Liebling des Clans und persönlicher Günstling von Warlord Alexander, dem Oberhaupt des Clans vom Steinernen Turm.
    »Norgal, Norgal!« Das Gebrüll wurde lauter. Es brandete gegen die steinernen Türme wie Wellen gegen einen Fels.
    Die Stimmung war auf dem Höhepunkt.
    Ein letztes Mal prüfte Logan seine Waffen, die Schnürung der Stiefel, den Sitz der Knie- und Armschützer. Auf den Helm wollte er verzichten. Er behinderte seine Sicht, abgesehen davon, dass er einem Schlag von Norgals Hammer ohnehin nicht standhalten würde. Wenn er gewinnen wollte, musste er schnell sein. Schnell und schlau.
    »Norgal, Norgal!«
    Dachs hielt ihm seinen Schild hin. Eine mit Nieten versehene Lederplatte, auf der das Wappen des Clans vom Steinernen Turm aufgemalt war. Logan steckte seine Hand durch die Schlaufe und lächelte seinem Bruder zu.
    Dachs war etwa neun Jahre alt und seit etwa einem halben Jahr sein Knappe. Gunnar hatte ihn in der Wildnis gefunden, wo er sich vor Regen und Wölfen in einer Höhle versteckt hielt. Als der Schmied ihn zu sich genommen hatte, war er total verwildert und abgemagert gewesen. Er sprach kein Wort und glich eher einem wilden Tier als einem Menschen. Auf die Frage, wie er heiße, hatte er einen Dachs in den Sand gemalt, daher der Name.
    Dachs hatte niemals auch nur ein Wort gesprochen. Logan tippte auf einen körperlichen Defekt, es konnte aber auch sein, dass ihm ein schreckliches Erlebnis die Stimme geraubt hatte. Wirklich wichtig war es nicht; Dachs konnte sich mit Händen und Füßen besser verständigen als manch einer mit Worten.
    Die Wälder waren voll von Kreaturen wie Dachs. Kleine, magere Gestalten, die es irgendwie geschafft hatten, zu fliehen und in der Wildnis zu überleben. Normalerweise pflegten die Frauen die Säuglinge in steinernen Kreisen abzulegen, wo sie von Mitgliedern der städtischen Klostergemeinschaften abgeholt wurden. Doch manchmal ging etwas schief. Manchmal kam ihnen ein Tagelöhner oder Streuner zuvor, nahm das Baby mit und verkaufte es an irgendeinen, der bereit war, angemessen dafür zu zahlen. Der Markt florierte, denn Kinder waren Mangelware.
    Nicht jeder konnte sich eine Frau leisten, so wie die Warlords oder Handelsfürsten. Eine Frau zu besitzen war etwas Besonderes. Nicht, weil diese Kreaturen
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