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Das Traumtor (German Edition)

Das Traumtor (German Edition)

Titel: Das Traumtor (German Edition)
Autoren: Gabriel Galen
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übertraf ich gelegentlich bei unseren heiteren Wettkämpfen sogar Deina, die wirklich gut mit dieser Waffe umgehen konnte. Als wir eines Tages zu viert ein Wettschießen veranstalteten, wobei ich ausgezeichnet abschnitt, ergriff mich Rowin lachend bei den Hüften, schwenkte mich durch die Gegend und rief:
    „Wenn sie jetzt noch lernt, mit dem Schwert umzugehen, weiß ich, wen ich dem-nächst zum Hauptmann meiner Leibwache einsetzen werde!“
    Atemlos trommelte ich mit den Fäusten auf seine Schultern. „Laß mich sofort runter!“ schrie ich wütend. „Du brauchst dich gar nicht über mich lustig zu machen. Auch das werde ich noch lernen!“
    Die anderen lachten ebenso herzhaft wie Rowin über meinen zornigen Ausbruch, doch dann sagte er: „Wenn du es gern willst, werde ich es dir beibringen. Man kann nie wissen, wofür es von Nutzen sein wird.“
    Immer noch ärgerlich wollte ich schon wieder auffahren, denn ich glaubte, er wolle mich weiter aufziehen. Doch dann merkte ich, daß er seine Worte ernst gemeint hatte. Ich war überglücklich bei der Aussicht, mit ihm gemeinsam etwas tun zu dürfen, denn von den dreien bekam ich ihn am wenigsten zu sehen, da sein hohes Amt ihn natürlich sehr in Anspruch nahm. Ich vermisste ihn oft, und alles, was ich unter-nahm, machte mir nur halb so viel Spaß, wenn er nicht dabei sein konnte. Darum flog ich ihm spontan um den Hals und küsste ihn auf die Wange.
    „Oh, Rowin! Damit würdest du mir eine riesige Freude machen!“ jauchzte ich.
    Für einen Augenblick hielt er mich in den Armen, und ich spürte, daß er mich an sich zog. Seine meergrünen Augen ruhten mit einem träumerischen Blick auf mir, und ich spürte eine heiße Röte in meinen Wangen aufsteigen. Doch da löste er seine Umarmung und sagte: „Nun, wenn es dich so glücklich macht, werden wir morgen schon damit anfangen.“
    Von da an unterrichtete er mich jeden Nachmittag im Schwertkampf, und nur selten geschah es, daß er einmal eine Stunde ausfallen ließ. Die valaminischen Schwerter maßen vom Heftknauf bis zur Spitze der schlanken Klinge vielleicht etwas über einen Meter und waren daher leicht und gut zu handhaben. Rowins eigene Klinge, die er stets an der Seite trug, wenn wir ausritten, war jedoch erheblich länger und schwerer, aber er war auch größer und kräftiger als die meisten Männer seines Volkes. Für unsere Übungen benutzten wir jedoch Waffen, die keine Schneide hatten und deren Spitze abgerundet war – reine Trainingsklingen. Trotzdem hatte ich ständig blaue Flecken und leichte Blutergüsse von Rowins Schlägen, bis ich gelernt hatte mich ihrer zu erwehren oder ihnen auszuweichen. Rowin war ein strenger Lehrmeister, der keinerlei Rücksicht nahm. Als ich einmal einem seiner Hiebe nicht schnell genug auswich und mich seine Klinge hart in die Seite traf, konnte ich nicht verhindern, daß mir die Tränen aus den Augen liefen, obwohl ich mich krampfhaft zu beherrschen suchte. Doch wenn ich geglaubt hatte, er würde mich nun trösten, erlebte ich eine herbe Überraschung.
    „Das ist kein Spiel, Athama!“ fuhr er mich an. „Und du solltest ernst nehmen, was wir hier tun. Ich bringe dir das nicht bei, weil ich nicht weiß, was ich Besseres mit meiner Zeit anfangen kann, sondern weil ich das Gefühl habe, daß du diese Fähigkeit viel-leicht irgendwann einmal brauchen wirst. Jemand, der dir wirklich ans Leben will, wird keine Rücksicht darauf nehmen, daß du eine Frau bist, wenn du ihm mit dem Schwert in der Hand entgegentrittst. Wärest du dabei so unkonzentriert wie eben, wärest du jetzt tot und hättest nicht nur einen kleinen Puff erhalten. Also reiß dich zusammen, denn wenn es dir damit nicht ernst ist und du das Ganze nur als netten Zeitvertreib betrachtest, dann lassen wir es lieber! Ich habe wichtigere Dinge zu tun, als dich zu unterhalten.“
    Entsetzt sah ich ihn an, denn ich hatte aus seinem Mund noch nie ein hartes Wort an mich gehört. Und ich erschrak, denn seine Worte machten mir Angst. Aber tief im Inneren war ich auch gekränkt, daß er sich anscheinend nur aus Pflichtgefühl mit mir abzugeben schien.
    „Warum glaubst du, daß ich das einmal brauchen werde?“ fragte ich ungehalten. „Ich denke, Valamin lebt mit seinen Nachbarn in Frieden, und die Kawaren werden sich so schnell nicht von ihrer Niederlage erholen.“
    „Ich weiß es nicht, Athama“, antwortete er ruhig, und der Ärger in seinen Augen war einem Ausdruck von Besorgnis gewichen. „Aber irgendetwas treibt
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