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Das Tor Zur Hölle

Das Tor Zur Hölle

Titel: Das Tor Zur Hölle
Autoren: Clive Barker
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vor dem er Angst haben mußte, war Übelkeit.
    »Kircher hat mir gesagt, ihr würdet zu fünft sein«, sagte Frank.
    »Der Initiator wird erscheinen, wenn die Zeit reif ist«, kam die Antwort. »Nun fragen wir dich noch einmal: Was willst du?«
    Warum sollte er ihnen nicht geradeheraus antworten?
    »Lust«, erwiderte er. »Kircher sagte, ihr würdet euch mit Lust und Vergnügen auskennen.«
    »Oh, das tun wir«, sagte das erste von ihnen. »Alles, was du je darüber wissen wolltest.«
    »Ja?«
    »Natürlich. Natürlich.« Es starrte ihn mit seinen viel zu nackten Augen an. »Was hast du dir denn so erträumt?« fragte es.
    Die Frage, so direkt gestellt, verwirrte ihn. Wie konnte er hoffen, die Natur der Fantasien, die seine Libido erschaffen hatte, zu artikulieren? Er suchjte noch immer nach den richtigen Worten, als eines von den Wesen sagte:
    »Diese Welt … sie enttäuscht dich?«
    »Ziemlich«, erwiderte er.
    »Du bist nicht der erste, der ihrer Trivialitäten müde ist«, kam die Erwiderung, »es hat schon andere gegeben.«
    »Nicht viele«, warf das Gittergesicht ein.
    »Das ist wahr. Eine Handvoll höchstens. Doch einige wenige haben gewagt, Lemarchands Konfiguration zu benutzen. Menschen wie du, hungernd nach neuen Möglichkeiten, die gehört hatten, daß wir Fertigkeiten besitzen, die in eurer Region unbekannt sind.«
    »Ich hatte erwartet …«, setzte Frank an.
    »Wir wissen, was du erwartet hast«, erwiderte der Zenobit. »Wir verstehen die Natur deiner Ekstase in ihrer ganzen Breite und Tiefe. Sie ist uns vollkommen vertraut.«
    Frank grunzte. »Also«, sagte er, »Ihr wißt, wovon ich geträumt habe. Ihr könnt mir diese Lust verschaffen?«
    Das Gesicht des Dings brach auf, und seine Lippen zogen sich zu dem Lächeln eines Pavians zurück. »Nicht so, wie du es verstehst«, kam die Antwort.
    Frank wollte etwas sagen, doch die Kreatur gebot ihm mit einer Geste seiner Hand zu schweigen.
    »Es gibt Zustände der Nervenenden«, sagte es, »die du dir in deiner Fantasie, so aufgepeitscht sie auch sein mag, niemals wirst vorstellen können.«
    »… ja?«
    »O ja. Oh, ganz sicher. Deine in deinem tiefsten Innern verborgene Verderbtheit ist ein Kinderspiel im Vergleich zu dem, was wir zu bieten haben.«
    »Willst du daran teilhaben?« fragte der zweite Zenobit.
    Frank betrachtete die Narben und die Haken. Abermals versagte seine Zunge ihm den Dienst.
    »Wulst du?«
    Draußen, irgendwo in der Nähe, würde die Welt bald aus dem Schlaf erwachen. Er hatte das vom Fenster eben dieses Zimmers aus beobachtet, Tag für Tag, hatte gesehen, wie sie sich zu einer weiteren Runde fruchtlosen Sehnens und Suchens bereit machte, und er hatte gewußt, gewußt, daß es dort draußen nichts mehr gab, das ihn noch erregen konnte. Kein Feuer — nur Schweiß. Keine Leidenschaft — nur plötzliche Lust und eine ebenso plötzliche Gleichgültigkeit. Derartigen Enttäuschungen hatte er längst den Rücken gekehrt. Wenn er die äußeren Entstellungen dieser Kreaturen richtig interpretierte, dann war das der Preis des Strebens nach Höherem. Er war bereit, ihn zu bezahlen.
    »Zeigt’s mir«, sagte er.
    »Es gibt kein Zurück. Verstehst du das?«
    »Zeigt es mir.«
    Sie brauchten keine weitere Einladung. Er hörte, wie die Tür knarrend geöffnet wurde, und als er sich umdrehte, sah er, daß die Welt jenseits der Schwelle verschwunden war, ersetzt von derselben panikerfüllten Finsternis, aus der die Mitglieder des Ordens getreten waren. Er wandte sich wieder zu den Zenobiten um, wollte sie um eine Erklärung bitten. Sie waren verschwunden. Doch sie waren nicht gegangen, ohne Spuren zu hinterlassen. Sie hatten die Blumen mit sich genommen, so daß nur die nackten Dielenbretter zurückgeblieben waren, und an der Wand schwärzten sich die Opfergaben, die er aufgestellt hatte, als würden sie von der Hitze einer brennenden, doch unsichtbaren Flamme verzehrt. Der bittere Gerach, mit dem sie verbrannten, stach derart in seinen Nenlöchern, daß er sicher war, daß sie gleich zu bluten beginnen würden.
    Der Geruch des Verbrennens war aber erst der Anfang.
    Kaum hatte er ihn wahrgenommen, als schon ein halbes Dutzend anderer Düfte seinen Kopf füllte — Aromen, die er bis jetzt kaum bemerkt hatte, wurden plötzlich betäubend stark. Der anhaltende Duft der verschwundenen Blüten, der Geruch der Farbe an der Decke und der des Holzes unter seinen Füßen: alle füllten sie seinen Kopf.
    Sogar den Geruch der Dunkelheit draußen vor der
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