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Das Tor Zur Hölle

Das Tor Zur Hölle

Titel: Das Tor Zur Hölle
Autoren: Clive Barker
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und Himmel; sah Geschwindigkeit, sah Tiefen; brach das Brot mit Männern, die nun schon lange tot waren, und wurde verbrüht von der Hitze ihres Speichels auf seiner Wange.
    Und natürlich waren da Frauen.
    Immer wieder tauchten inmitten des rasenden Durcheinanders und des Chaos Erinnerungen an Frauen auf, überwältigten ihn mit ihrem Geruch, dem Gefühl ihrer Haut, ihrer Ausstrahlung.
    Die Nähe dieses Harems erregte ihn trotz allem. Er öffnete seine Hose und streichelte seinen Schwanz, mehr darauf versessen, sein Sperma zu verspritzen und sich vielleicht so von diesen Geschöpfen befreien zu können, als das Vergnügen selbst zu genießen.
    Während er sich bearbeitete, war er sich schemenhaft bewußt, was für einen erbärmlichen Anblick er abgeben mußte: Ein Blinder in einem leeren Zimmer, angeturnt von einem Traum. Doch der zuckende, freudlose Orgasmus vermochte nicht einmal, das gnadenlose Vorbeiziehen der Bilder zu verlangsamen. Schmerz durchzuckte ihn, als er dort aufschlug, doch die Reaktion darauf wurde von einer weiteren Welle von Erinnerungen fortgespült.
    Er rollte sich auf den Rücken und schrie, schrie und flehte, daß dies alles ein Ende finden möge — doch die Sinneseindrücke wurden nur immer stärker, zu neuen Höhen gepeitscht von jedem Gebet um Erlösung, das er hervorstieß.
    Schließlich wurden die flehenden Schreie zu einem einzigen Laut, Worte und Sinn ausgelöscht von Panik. Es schien, als würde es kein Anhalten geben, nur den Wahnsinn. Keine andere Hoffnung als die, alle Hoffnung zu verlieren.
    Während er seinen letzten, verzweifelten Gedanken formulierte, hörten die Qualen auf.
    Vollkommen unvermittelt; alles weg. Sicht, Gehör, Berührung, Geschmack, Geruch. Plötzlich war er all dieser Eindrücke beraubt. Es folgten Augenblicke, in denen er seine eigene Existenz anzweifelte. Zwei Herzschläge — drei, vier.
    Beim fünften Herzschlag öffnete er die Augen. Das Zimmer war leer, die Tauben und der Nachttopf verschwunden. Die Tür war geschlossen.
    Vorsichtig setzte er sich auf. Seine Glieder kribbelten; sein Kopf, seine Handgelenke und seine Blase schmerzten.
    Und dann … Eine Bewegung am anderen Ende des Zimmers erregte seine Aufmerksamkeit.
    Wo zwei Augenblicke zuvor noch Leere gewesen war, stand nun eine Gestalt. Es war der vierte Zenobit, der, der weder gesprochen noch sein Gesicht gezeigt hatte. Nicht er, wie er nun sah: sondern sie. Die Kapuze,, die sie getragen hatte, war nun ebenso wie das Gewand abgelegt worden. Die Frau darunter war grau, doch schimmernd, ihre Lippen blutig, ihre Beine gespreizt, so daß man die kunstvollen Vernarbungen auf ihrer Scham sehen konnte.
    Sie saß auf einem Berg aus verwesenden Menschenköpfen und lächelte ihm zur Begrüßung zu.
    Das Zusammenprallen von Sinnlichkeit und Tod entsetzte ihn. Konnte er irgendwelchen Zweifel hegen, daß sie persönlich diese Opfer beseitigt hatte? Fetzen ihrer verwesten Haut klebten unter ihren Nägeln, und ihre Zungen — zwanzig oder mehr — lagen aufgereiht auf ihren eingeölten Schenkeln. Ebensowenig zweifelte er daran, daß die Gehirne in den Schädeln in den Wahnsinn getrieben worden waren, bevor ein Schlag oder ein Kuß die Herzen der Körper hatte stehenbleiben lassen.
    Kircher hatte ihn angelogen — entweder das, oder er war grausam betrogen worden. Dies hier hatte nichts mit Lust zu tun, zumindest nicht so, wie die Menschheit sie verstand.
    Es war ein Fehler gewesen, Lemarchands Würfel zu öffnen. Ein schrecklicher Fehler.
    »Oh, du hast also zuende geträumt«, sagte die Zenobitin und musterte ihn eingehend, während er keuchend auf dem nacken Dielenboden lag. »Gut.«
    Sie stand auf. Die Zungen fielen wie ein Regenschauer aus Nacktschnecken zu Boden.
    »Nun können wir beginnen«, sagte sie.
ZWEI
    »Nicht ganz das, was ich erwartet hatte«, bemerkte Julia, als sie in der Halle standen. Es war Abenddämmerung; ein kalter Augusttag. Nicht die ideale Zeit, um ein Haus zu besichtigen, das so lange leergestanden hatte.
    »Es muß ein wenig hergerichtet werden«, sagte Rory, »das ist alles. Es ist nichts mehr daran gemacht worden, seit meine Großmutter gestorben ist. Das ist schon fast drei Jahre her. Und ich bin ziemlich sicher, daß sie gegen Ende ihres Lebens kein Interesse mehr daran gehabt hat.«
    »Und es gehört dir?«
    »Mir und Frank. Wir haben es gemeinsam geerbt. Aber wann haben wir den großen Bruder zum letztenmal gesehen …?«
    Sie zuckte mit den Schultern, als ob sie sich nicht
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