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Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Katia Fox
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jeden Zoll genauestens in Augenschein zu nehmen, würdigte er Catlin nicht eines Blickes. Das Haar des Glockengießers und seine struppigen Brauen waren mit grauen Fäden durchzogen – er musste wohl so alt sein wie Catlins Vater. Sein Rücken wirkte breit, seine Hände waren kräftig, aber nicht so schwielig wie die des Schmiedes. Der Glockengießer nahm nun seinerseits etwas Lehm, tauchte die Hand kurz in einen wassergefüllten Bottich und fuhr mit großzügigen Strichen sanft über die tönerne Form. So zärtlich, wie man einem Pferd über die Flanke streicht, fuhr es Catlin durch den Kopf.
    »Du hast Wasser zu schleppen, Lehm und Mist herbeizuschaffen, nichts weiter. Wenn du unbedingt mehr tun willst, dann nur nach Anweisung und niemals allein, hörst du?« Der Meister durchbohrte Thomas mit Blicken. »Hast bei dem Mädel wohl Eindruck schinden wollen, wie?«, brummte er und ruckte mit dem Kopf in Catlins Richtung. Lachend versetzte er Thomas einen Rippenstoß. »Scheint ein gewitzigtes Ding zu sein, deine Freundin, und hübsch ist sie obendrein.«
    Catlin errötete.
    »Willst du die Antworten auf alle deine Fragen wirklich wissen?«, fragte der Glockengießer mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen und wandte sich ihr zu.
    »Ja, Meister, gibt es doch nichts Göttlicheres als Musik. Der Gesang der Mönche jagt mir Schauer über den Rücken.« Sie lächelte. »Das Läuten der Glocken nennt man auch die Stimme des Herrn, denn es kündigt den Morgen an, die Pause zum Mittag und das Ende der Arbeit am Abend, auch zum Gebet ruft es die Gläubigen, auf dass sie einst beim Herrn weilen in Ewigkeit.« Vor lauter Eifer riss Catlin die Augen weit auf. »Ich weiß, wie Schwerter geschmiedet werden, damit sie scharf und doch biegsam sind, auch wenn ich’s noch nicht allein kann. Wie der Glockengießer aber dem Metall so verschiedene Töne zu entlocken weiß, scheint mir geradezu ein Wunder zu sein.«
    »Das Geheimnis liegt in der Glockenrippe«, sagte der Meister und deutete auf eine Holzschablone am Glockenkern.
    »Aber wie …?«, murmelte Catlin und runzelte die Stirn. Erst jetzt sah sie das leicht geschwungene Brett, das an einem Stab befestigt war. Wie konnte ein einfaches Stück Holz ein Geheimnis bergen? »Darf ich hin und wieder kommen und ein wenig zuschauen?«, fragte Catlin und errötete. »Ich wüsste so gern, wie das geht mit dem Gießen.«
    »Die Mönche dulden es nicht, wenn du mit ihr sprichst, habe ich recht?«, wandte sich der Meister an Thomas und schnalze mit der Zunge, als der Junge mit gesenkten Lidern nickte. »Sie mögen keine klugen Weibsbilder – und liebreizende Jüngferlein erst recht nicht. Meinst du, ich sollte ihr dennoch erlauben, hin und wieder herzukommen?«
    »O ja, bitte, Meister!« Thomas’ Augen leuchteten auf.
    Der Glockengießer musterte Catlin abermals und kratzte sich den kurzen Bart. »Wie heißt du?«
    »Catlin, Meister.«
    »Also gut, Catlin. Wenn du wegen des Glockengießens kommen willst und nicht wegen meines jungen Helfers, dann bist du mir willkommen, wann immer du magst. Ein Schäferstündchen aber verweigere ich euch strikt, hört ihr? Niemals … niemals dürft ihr euch hier allein aufhalten, habt ihr verstanden?« Sein gestrenger Blick wanderte von Catlin zu Thomas. »Ich will keine Scherereien euretwegen.«
    »Ja, Meister«, antworteten die beiden wie aus einem Mund. »Ganz gewiss nicht«, fügte Catlin noch eilig hinzu.
    »Du bist die Tochter von Henry, dem Schwertschmied, nicht wahr?« Der Glockengießer war aus der Grube herausgeklettert und musterte sie von Kopf bis Fuß. »Der Abt hat nur Gutes über deinen Vater zu sagen gewusst. Er will ihn mit dem Klöppel für die neue Glocke betrauen. Handgeschmiedet aus recht weichem Eisen muss er sein, damit der Ton rund wird und die Glocke nicht leidet.«
    Vermutlich erwartete er, dass sich Catlin über den Auftrag für ihren Vater hocherfreut zeige. Der Schmied aber wäre in Wahrheit wohl kaum begeistert über diese Arbeit, die gewiss von jedem gewöhnlichen Schwarzschmied erledigt werden konnte. Er würde zweifelsohne vor Wut schäumen, zu guter Letzt aber dann doch nachgeben, weil man sich Abt Hugh eben nicht widersetzte. Niemand, nicht einmal Henry, der berühmte Schwertschmied, der die bedeutendsten Männer des Landes mit Waffen belieferte, konnte sich das erlauben, darum lächelte Catlin nur dünn und nickte.
    Auf dem Weg nach Hause überquerte Catlin eine weitläufige Wiese, deren Gräser ihr gegen die
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