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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter
Autoren: Christian Jacq
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jeder Schreiber vor seinem Werk aufsagte: »Wasser des Tintensteins für deinen Ka {16} Imhotep«; auf die Art wurde der Schöpfer der ersten Pyramide verehrt, der Baumeister, Heilkundige, Sterndeuter und Vorbild all jener, welche mit Hieroglyphen umgingen.
    Hierauf stieg der Richter ins Obergeschoß. Die Dienstwohnung war seit langem nicht mehr benutzt worden; Pasers Vorgänger, der es vorgezogen hatte, ein kleines Haus am Rande der Stadt zu bewohnen, hatte versäumt, die drei Räume zu unterhalten, die nun Wanzen, Fliegen, Mäuse und Spinnen beherbergten.
     
    Der junge Mann ließ sich nicht entmutigen; er fühlte sich Manns genug, den Kampf aufzunehmen. Auf dem Lande mußten die Behausungen häufig entseucht und von solch unerwünschten Gästen befreit werden.
    Nachdem er sich die nötigen Mittel aus einem kleinen Laden des Viertels besorgt hatte, machte Paser sich ans Werk. Er besprengte die Wände und den Boden mit Wasser, in dem er Natron gelöst hatte, bestäubte sie dann mit einem Gemisch aus zerstoßener Kohle und der Pflanze bebet {17} , deren kräftiger Geruch Geschmeiß und Ungeziefer fernhielt. Endlich vermengte er Weihrauch, Myrrhe, Cinnamomum {18} sowie Honig und nahm eine Ausräucherung vor, die das Gemäuer läuterte, indem es ihm einen angenehmen Duft verlieh. Um diese kostspieligen Stoffe zu erwerben, hatte er sich verschulden müssen und den größten Teil seines nächsten Gehalts ausgegeben.
    Erschöpft entrollte er seine Matte und breitete sie auf dem Boden aus. Etwas störte ihn jedoch und hinderte ihn am Einschlafen: der Petschaftsring. Doch er nahm ihn nicht ab. Der Hirte Pepi hatte sich nicht geirrt: Er hatte keine Wahl mehr.

4. Kapitel
    Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als der Gerichtsschreiber Iarrot mit schwerem Tritt in das Amtszimmer kam. Massig, pausbäckig, mit rotem, von Kupferrose gezeichnetem Gesicht, tat er keinen Schritt, ohne seinem Gang den Takt eines mit seinem Namen gezeichneten Stocks aufzuerlegen, welcher ihn zu einer bedeutenden und geachteten Persönlichkeit machte. Iarrot, gut und gern um die Vierzig, war glücklicher Vater eines Mädchens, Ursache all seiner Sorgen. Alle Tage nämlich stritt er sich mit seiner Gattin wegen der Erziehung des Kindes, das er unter keinerlei Vorwand hemmen und einschränken wollte. Das Haus erscholl ständig von ihrem zunehmend heftiger werdenden Gezänk.
    Zu seiner großen Überraschung rührte gerade ein Arbeiter Gips unter zerstoßenen Kalk, um diesen weißer zu machen, prüfte dann die Beschaffenheit des Erzeugnisses, indem er es in einen Kalksteinkegel goß, und verstopfte schließlich ein Loch in der Vorderwand des richterlichen Wohnhauses.
    »Ich habe keine Arbeiten angeordnet«, sagte Iarrot erzürnt.
    »Ich schon. Und besser noch, ich führe sie unverzüglich aus.«
    »Mit welchem Recht?«
    »Ich bin der Richter Paser.«
    »Aber … Ihr seid sehr jung!«
    »Solltet Ihr mein Gerichtsdiener sein?«
    »In der Tat.«
    »Der Tag ist schon recht weit vorgeschritten.«
    »Gewiß, gewiß … doch ich wurde von häuslichen Verdrießlichkeiten aufgehalten.«
    »Welche dringenden Fälle stehen an?« fragte Paser, während er mit dem Verputzen fortfuhr. »Die Klage eines Baumeisters. Er verfügte über Ziegelsteine, doch es fehlte ihm an Eseln, um sie zu befördern. Er beschuldigt den Verleiher, sein Bauwerk absichtlich zu behindern.«
    »Das ist in Ordnung gebracht.«
    »Auf welche Weise?«
    »Ich habe den Verleiher heute morgen aufgesucht. Er wird den Geschäftsmann entschädigen und die Ziegelsteine schon morgen befördern; eine Verhandlung wurde abgewendet.«
    »Seid Ihr auch Verputzer?«
    »Ein kaum begabter Laie. Die uns vom Schatzhaus zugeteilten Mittel sind ziemlich dürftig; daher werden wir uns in den meisten Fällen selbst helfen müssen. Weiter?«
    »Ihr werdet zu einer Viehzählung erwartet.«
    »Genügt der eigens dafür geschulte Schreiber nicht?«
    »Der Gebieter des Anwesens, der Zahnheilkundler Qadasch, ist davon überzeugt, daß einer seiner Bediensteten ihn bestiehlt. Er hat um eine Untersuchung gebeten; Euer Vorgänger hat diese so lange wie möglich hinausgeschoben. Offen gesagt, ich habe ihn verstanden. Falls Ihr es wünscht, werde ich Beweggründe finden, um sie noch weiter zu verzögern.«
    »Das wird nicht notwendig sein. Übrigens … wißt Ihr einen Besen zu handhaben?« Da der Gerichtsdiener stumm blieb, reichte der Richter ihm den kostbaren Gegenstand.
     
    Wind des Nordens war nicht unzufrieden darüber,
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