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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Kette ist – dieser Kette mit dem fehlgeleiteten Napoleon am einen Ende, am anderen hundert gebrochenen Schlägern, Taschendieben, Erpressern und Falschspielern, und dazwischen jeder nur erdenklichen Sorte von Verbrechen. Sein Stabchef ist Colonel Sebastian Moran 11 , ein Mann, der es ebenso wie Moriarty selbst versteht, sich abseits zu halten, auf der Hut zu sein und sich dem Zugriff des Gesetzes zu entziehen. Was glauben Sie, wieviel er dem bezahlt?«
    »Lassen Sie hören.«
    »Sechstausend im Jahr. Ein gutes Hirn hat seinen Preis, wie Sie sehen – amerikanisches Geschäftsprinzip. Dieses Detail habe ich ganz zufällig erfahren. Das ist mehr, als der Premierminister verdient 12 . Jetzt haben Sie einen Begriff von Moriartys Einkünften und vom Ausmaß seiner Geschäfte. Und noch etwas. Kürzlich habe ich es mir angelegen sein lassen, einigen von Moriartys Schecks nachzugehen – ganz gewöhnlichen, harmlosen Schecks, mit denen er seine Haushaltsrechnungen begleicht. Sie waren auf sechs verschiedene Banken ausgestellt. Gibt Ihnen das einen Eindruck?«
    »Das ist natürlich sonderbar. Aber was folgern Sie daraus?«
    »Er will nicht, daß sich sein Reichtum herumspricht. Kein einzelner Mensch darf erfahren, wieviel er besitzt. Ich hege keinen Zweifel daran, daß er zwanzig Bankkonten unterhält – wobei der Großteil seines Vermögens wohl im Ausland lagert, wahrscheinlich bei der Deutschen Bank oder dem Crédit Lyonnais. Sollten Sie irgendwann einmal ein paar Jahre überschüssige Zeit haben, empfehle ich Ihnen ein Studium des Professor Moriarty.«
    Im Verlauf des Gesprächs hatte Inspektor MacDonald sich mehr und mehr beeindruckt gezeigt. Sein Interesse hatte ihn gänzlich in Anspruch genommen. Nun aber beförderte ihn sein praktischer schottischer Verstand mit einem Schlag zurück zu den laufenden Ereignissen.
    »Das hat jedenfalls Zeit«, sagte er. »Sie haben uns mit Ihren interessanten Anekdoten auf Abwege gebracht, Mr. Holmes. Was für mich wirklich zählt, ist Ihre Bemerkung, daß zwischen dem Professor und diesem Verbrechen irgendeine Verbindung besteht. Das schließen Sie aus der Warnung, die Sie von diesem Porlock erhalten haben. Ist für uns da sonst noch was praktisch Brauchbares drin?«
    »Zunächst können wir uns eine Vorstellung hinsichtlich der Motive des Verbrechens machen. Soviel ich Ihren anfänglichen Bemerkungen entnehme, handelt es sich um einen unerklärlichen oder zumindest ungeklärten Mord. Einmal angenommen, der Ausgangspunkt des Verbrechens läge dort, wo wir ihn vermuten, dann kämen zwei verschiedene Motive in Betracht. Zunächst darf ich vorausschicken, daß Moriarty seine Leute mit eiserner Rute regiert. Seine Disziplin ist fürchterlich. Und seine Gesetze kennen nur eine Strafe: den Tod. Wir dürften also annehmen, der Ermordete – dieser Douglas, von dessen herannahendem Schicksal einer der Untergebenen des Erzverbrechers Wind bekam – habe den Chefin irgendeiner Weise verraten. Es folgte seine Bestrafung, von der alle erfahren werden – und sei es nur, um ihnen Todesangst einzujagen.«
    »Schön, das wäre die eine Möglichkeit, Mr. Holmes.«
    »Die andere ist, daß Moriarty die Sache im Zuge eines ganz gewöhnlichen Geschäftsganges durchgeführt hat. Ist denn etwas geraubt worden?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Wenn ja, so spräche das natürlich gegen die erste Hypothese und zugunsten der zweiten. Moriarty könnte demnach gegen Zusicherung eines Beuteanteils mit der Durchführung betraut worden sein, vielleicht hat man ihm aber auch vor der Vollstreckung einen hohen Vorschuß gezahlt. Beides ist möglich. Aber welches davon es auch immer sein mag, oder falls eine dritte Kombination vorliegt – die Lösung müssen wir in Birlstone suchen. Ich kenne unseren Mann zu gut, um damit zu rechnen, daß er
hier
irgendeine Spur hinterlassen hat, die uns zu ihm führen könnte.«
    »Dann auf nach Birlstone!« rief MacDonald; er schnellte aus dem Stuhl. »Meine Güte! Es ist schon später, als ich gedacht habe. Meine Herren, ich kann Ihnen fünf Minuten geben, um sich fertig zu machen, mehr nicht.«
    »Die genügen uns reichlich«, sagte Holmes, während er aufsprang und hastig aus dem Hausrock in seinen Mantel schlüpfte. »Unterwegs, Mr. Mac, sind Sie bitte so freundlich, mir alles zu erzählen.«
    ›Alles‹ erwies sich als enttäuschend wenig, und doch war es genug, uns davon zu überzeugen, daß der vorliegende Fall sehr wohl die gespannteste Aufmerksamkeit eines Experten
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