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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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laut.
    Ich riss die Tür auf und stolperte über den Parkplatz in Richtung der Hütten . Jede Bewegung stach in meinem Oberschenkel. Der Schotter gab bei jedem Schritt nach und es dauerte gefühlte Stunden, bis ich bei meinem Chevrolet ankam. Obwohl ich vermutete, dass niemand außer dem Mexikaner in der Hütte sein konnte, duckte ich mich beim Heck des Wagens und blickte zur Tür. Sie stand offen. Eine Bewegung. Im Zimmer. Ein Kopf erschien am Fenster. Ei n Mädchen. Blonde Spirallocken umrahmten ein p uppenhaftes Gesicht. Sie blickte mich fest an. Dann grinste sie.
    Ich sprang hoch, steckte die Pistole in den hinteren Hosenbund und humpelte zur Hütte. »He Kleine!«, rief ich und betrat das Zimmer. Es war leer. Erst als ich die Badezimmertür aufstieß, starrten mich weit aufgerissene, mexikanische Augen an.
    Der Mann lag auf dem Rücken , die Füße unter der Toilette, die Hände gegen die Brust auf einen nassroten Fleck in der Herzgegend gepresst.
    Kein Mädchen.
    Obwohl es nicht möglich war, sich in diesem Zimmer zu verstecken, suchte ich den Boden ab und schaute unter die Matratzen und Decken. Aber von dem Mädchen fehlte jede Spur.
    Ich blickte zum Mexikaner und fragte ihn gedanklich , was sich wohl in meinem Zimmer abgespielt haben könnte. Warum hatten die beiden Männer ihn erschossen? Ich verdrängte den boshaften Gedanken, er hätte den beiden seine umsichtigen Dienste angeboten und dabei seine For derungen ein wenig übertrieben . Ihn deswegen zu erschießen schien mir jedoch nicht plausibel .
    Ein Windhauch lenkte meinen Blick zur Tür. Erst jetzt realisierte ich, dass d er Schlüssel im Schloss steckte . Jemand hatte das Zimmer aufgesperrt. Die beiden Männer? Möglich. Aber ich verdächtigte den Mexikaner. Letztlich blieb immer noch die Frage, was die beiden Männer in meinem Zimmer gesucht hatten. Die einzige Antwort, die mir spontan einfiel, war: Mich . Diese Antwort gefiel mir nicht. Denn mehr und mehr hatte ich das Gefühl, das s ich es war, der hier liegen sollte. Hingerichtet für etwas, von dem ich nicht die geringste Ahnung hatte. Zu diesem Gefühl kam eine Gewissheit: Die beiden würden wiederkommen.
    Ich musste verschwinden.
    Nach einem letzten Blick auf den Mexikaner humpelte ich aus dem Badezimmer. Ich hatte bereits die Hütte verlassen, als ich an die Quittung dachte. Sie musste sich in seiner Brusttasche befinden. Schnell kehrte ich in die Hütte zurück und fasste an die Brust des Toten. In der Hemdt asche befanden sich einige Zettel, an der rechten unteren Ecke mit Blut befleckt. Unleserliche Notizen, Zimmernummern mit Namen und ein Aufgabeschein von FedEx .
    »Was machen Sie da?« Eine hagere Frau stand im Zimmer und starrte mich fassungslos an. »Henry!«, rief sie und blickte nach draußen. »Henry! Schnell!«
    Ich suchte nach einer Erklärung, fand aber keine, da mein Gehirn viel zu sehr da mit beschäftigt war, dass ich wie ein L eichenfledderer wirken musste, a uch wenn meine Absicht eine andere gewesen war. Diese Frau schien für eine Erklärung nicht besonders empfänglich . Und der Gedanke, die Fragen der Polizei zu beantworten, vor allem, nachdem diese Schreckschraube ihre Version der Situation zum Besten gegeben hatte, ließ Panik in mir aufsteigen. Dennoch hielt ich den Aufgabeschein in die Luft. »Meine Quittung«, sagte ich und erkannte, wie absurd diese Aussage wirken musste.
    Die Frau trat mit entschlossenem Schritt zurück. Ein bulliger Mann rannte in das Zimmer. Etwa zwei Meter groß und geschätzte 200 Kilogramm schwer. Die Glatze verlieh ihm das Aussehen eines Nazis. An beiden Arme n drängelten ausgeblichene, türkise Tätowierungen um einen Platz in der ersten Reihe. In der rechten Hand hielt er einen armdicken Holzprügel.
    »So, Freundchen«, zischte er mit unerwartet hoher Stimme. »Wenn du dich rührst, bist du tot.«
    Als Bestätigung umfasste er den Prügel auch mit der zweiten Hand und hielt ihn seitlich hoch. »Wir warten jetzt auf die Bullen. Klar?«
    Henrys Erscheinung war – abgesehen von der Eunuchenstimme – furchteinflößend. Den noch war ich erstaunt, dass sein Auftritt mich nicht sonderlich beeindruckte . Nur der Gedanke an die Polizisten, das Verhör und ihre Reaktion, wenn sie mich mit Blut verschmierten Händen und blutigen Jeans hier vorfanden, beunruhigte mich.
    »Hör zu, Henry. Ich habe keine Zeit für irgendwelche Spielchen. Der Mexikaner ist tot. Und ich habe nichts damit zu tun. Nimm den Prügel runter und lass mich vorbei. Ich will
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