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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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dir nicht wehtun .«
    Henry grinste breit und trat einen Schritt näher. »Weh tun? Du? Mir? Womit denn?«
    Ich fasste an meinen Hosenbund, zog die Pistole und hielt die Mündung vor Henrys Nase. »Damit«, sagte ich. Das Grinsen in Henrys Gesicht verschwand in Sekundenbruchteilen. Er ließ den Prügel mit lautem Poltern auf den Boden fallen und hob die Hände in die Höhe.
    »Nur mit der Ruhe«, sagte er leise.
    Ich nickte. »Ich bin ganz ruhig. Und wenn du dich mit deiner Frau auf das Bett setzt, wird auch keinem etwas passieren.«
    Henry trat einen Schritt zurück und nickte seiner Frau zu. Sie stand auf der Veranda , betrat zögernd das Zimmer und setzte sich auf die Matratze. Henry folgte ihrem Beispiel.
    »Gut so«, sagte ich, verließ die Hütte und schloss die Zimmertür hinter mir ab. Die beiden würden zwar aus dem Fenster steigen können, aber das spielte für mich jetzt keine Rolle.
    Ich fasste nach dem Wagenschlüssel in meiner Hosentasche, sperrte das Auto auf, warf die Nachricht des Mexikaners auf den Schotterboden und stieg ein. Die Waffe legte ich, gemeinsam mit der Q uittung, auf den Beifahrersitz, startete den Motor und setzte auf die Schotterstraße zurück. Mit tiefem Brummen fuhr ich Richtung Parkplatz . Neben der Rezeption stoppte ich. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung , in welcher Richtung New York City lag. Daher bog ich eine r Intuition folgend nach rechts ab und presste meinen Fuß unter brennenden Schmerzen im Oberschenkel auf das Gaspedal.
    Schnell zog das Motel an mir vorbei. Vor meiner Hütte sah ich Henry und seine Frau stehen. Sie blickten mir nach. Es würde nicht lange dauern, bis die Polizei nach mir fahnden würde. Durch die Aussage der beiden erfuhren sie das Kennzeichen sowie Farbe und Modell meines Wagens. Auch die Personenbeschreibung wäre eindeutig. Es war nur eine Frage der Zeit, bis mich die Behörden verhaften o der mich die Mörder des Mexikaner s hinrichten würden.
    Jack Reynolds. Aus New York City, geboren am 18. September 1979. Das war alles, was ich über mich wusste. Und ich wurde gejagt. Aus einem Grund, den ich nicht kannte. Vielleicht hätte ich nicht danach suchen sollen, doch ich fühlte, dass es zu spät war. Viel zu spät.

2
     
    New York City - 102 Miles .
     
    Ich war etwa zwanzig Minuten gefahr en, als das Hinweis schild m ir bestätigte, auf dem richtigen Weg zu sein. Die Straße zog sich in langgestreckten Kurven durch eine flache, wenig besiedelte Waldlandschaft und es war kaum zu glauben, dass in gut hundert Meilen eine der größten Städte der Welt auftauchen würde. Ein weiteres Schild zeigte mir den New York State Thruway an und es würde nicht mehr lange dauern, bis ich mich auf der Schnellstraße und dann in New York City befand.
    Ich drehte das Radio lauter und lauschte einem Popsong. Er gefiel mir, obwohl ich weder den Interpreten noch die Melodie kannte. Doch in erster Linie hatte ich das Radio eingeschaltet, um die Nachrichten zu hören. Erst, als kein Mord an einem mexikanischen Motelbesitzer erwähnt wurde , gewann ich ein sicher er es Gefühl. Genau betrachtet lag nichts gegen mich vor. Zumindest nichts, was den Mord an dem Mexikaner betraf. Selbst die Aussage von Henry und seiner Frau sollte keine Großfahndung nach mir auslösen. Sie hatten doch gesehen, dass nicht ich die Schüsse abgegeben hatte und erst nach dem Mord auf die Hütte zuging . Aber auch wenn ich davon überzeugt war , dass die Polizei nicht nach mir als Mörder suchte , blickte ich dennoch wiederholt in den Rückspiegel und hielt Ausschau nach Einsatzw a gen, die mich mit rot und blau blinkenden Lichtern verfolgen würden. Und jedes Mal atmete ich erleichtert auf, wenn sich in dem verschmierten Spiegel nur die von mir überholten Trucks zeigten.
    Es folgte ein Country-Song, der mich an den Lärm in der Rezeption des Motels erinnerte. Ich dachte nicht an den Mexikaner, auch nicht an die Autoschlüssel, die ich teuer zurückkaufen musste. Ich dachte an den Brandy. W ieder überkam mich diese Lust, diese Gier, diese Sehnsucht nach dem scharfen Duft, dem wunderbaren Bild, als die ölige Flüssigkeit den Glasrand benetzte. Ich spürte, wie mein Mund innerhalb weniger Sekunden austrocknete, meine Lippen spröde wurden und alles in mir nach diesem Glas schrie. Oder einer ganzen Flasche. Mein Gott! Eine volle Flasche Brandy und alles wäre gut. Doch wieder war dieses Nein! in meinem Kopf. Endgültig. Indiskutabel. Bevor mein Körper sich zur Rebellion bereit machen konnte,
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