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Das Syndikat der Spinne

Das Syndikat der Spinne

Titel: Das Syndikat der Spinne
Autoren: Andreas Franz
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hast du solche Angst davor?«
    »Geh schlafen. Ich verspreche dir, darüber nachzudenken.«
    »Manchmal möchte ich zu gerne wissen, was in deinem hübschen Kopf vorgeht. Du sagst, du liebst mich, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass du dich nicht binden willst. Ich hab doch nicht die Pest oder die Pocken, bin auch nicht verheiratet, hab nicht einmal eine Freundin, nur eine kleine Tochter, die ich alle zwei Wochen für zwei Tage besuche. Daran kann’s doch nicht liegen, oder? Wir haben beide schlechte Erfahrungen gemacht, aber wenn wir uns mögen, dann …«
    »Ich sag doch, ich werde drüber nachdenken«, unterbrach sie ihn etwas unwirsch und steckte sich eine Gauloise an. »Aber um dich zu beruhigen, eigentlich wollte ich nach dem letzten Fall für ein bis zwei Jahre nach Südfrankreich gehen, und das habe ich dir auch gesagt.Ich bin aber nicht gegangen, sondern hier geblieben. Und den Grund kennst du, weil du der Grund bist. Zufrieden?«
    »Ich liebe dich wirklich, Julia. Und ich könnte mir einfach nichts Schöneres vorstellen, als mit dir zusammenzuwohnen. Aber ich werde dich nicht drängen.«
    »Ich weiß. Und jetzt schlaf gut.«
    Sie rauchte zu Ende, drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein, und wartete, bis Kuhn die Tür zum Schlafzimmer hinter sich zugemacht hatte. Sie ärgerte sich über sich selbst, über ihre Zögerlichkeit, ihre Unentschlossenheit. Seit Jahren wollte sie wieder einen Mann an ihrer Seite haben, und jetzt, wo er da war, verhielt sie sich in bestimmten Situationen dermaßen zurückhaltend, dass es kein Wunder wäre, würde Kuhn eines Tages adieu sagen. Sie musste eine Entscheidung treffen, und zwar bald, denn verlieren wollte sie ihn nicht. Er war der erste Mann seit ewigen Zeiten, der ehrlich zu ihr war, der ihr nicht Gefühle vorgaukelte, die gar nicht vorhanden waren, der ihr ab und zu Blumen mitbrachte, sie zum Essen oder in ein Konzert einlud, der im Prinzip alles für sie tun würde. Aber am wichtigsten war, er war die Schulter, an die sie sich anlehnen konnte. »Julia, du bist verrückt, wenn du das Ding jetzt verbockst«, sagte sie leise zu sich selbst und schloss kurz die Augen.
    Sie trank den Kaffee, räumte den Tisch ab und spülte das Geschirr. Die Hitze von draußen war auch in der Wohnung zu spüren, und Julia Durant wünschte sich im Moment nichts sehnlicher als eine Klimaanlage. Sie machte den Fernseher an und blieb wieder einmal bei Viva hängen. Dann setzte sie sich auf die Couch, legte die Beine hoch und nahm das Buch von Cornwell in die Hand. Nach wenigen Minuten aber klappte sie es zu, denn ihre Gedanken kreisten in einem fort um Wiesner und diese Puschkin. Sie überlegte, ob sie im Präsidium anrufen sollte, sagte sich aber, sie würde morgen früh sowieso alles erfahren. Um kurz nach zwei hielt sie es nicht mehr aus, rief doch im Präsidium an und fragte, wer gestern Bereitschaft hatte. Güttler und Wilhelm. Mit Christine Güttler verstand sie sich ganz gut – sie war neben Hellmer die Einzige, mit der sie sichduzte –, und sie beschloss, bei ihr anzurufen. Durant wollte nach dem fünften Läuten schon auflegen, als der Hörer abgenommen wurde.
    »Güttler.«
    »Hallo, Christine. Hier ist Julia. Hab ich dich aus dem Bett geholt?«
    »Nein, ich war im Garten. Was gibt’s denn?«
    »Ich hab das mit Wiesner erfahren. Du warst doch am Tatort, oder?«
    »Ja. Und was willst du wissen?«
    »Zum Beispiel was ihr rausgefunden habt …«
    »Steht alles im vorläufigen Protokoll.«
    »Habt ihr mit Frau Wiesner gesprochen?«
    »Wir haben’s versucht. Aber die Ärmste steht unter Schock. Ich meine, du musst dir mal vorstellen, du kommst in eine Wohnung, deine Wohnung, und findest deinen Mann und seine Geliebte tot vor. Ich glaube, da würde jeder erst mal einen Arzt brauchen. Sie hat immer nur gestammelt, das kann nicht sein, das kann nicht sein, so was hätte er nie gemacht, und so weiter, und so weiter … Du kennst das ja.«
    »Hat sie auch gesagt, warum er so was nie gemacht hätte?«
    »Nein, die Frau war völlig weggetreten. Und ich weiß nicht, wie’s heute bei ihr aussieht. Willst du etwa mit ihr reden?«
    »Vielleicht, ich bin noch am Überlegen. Gib mir doch mal ihre Adresse.«
    Und nach einer Weile: »Danke, vielleicht werd ich hinfahren. Wo sind die Leichen jetzt? In der Rechtsmedizin?«
    »Die sind noch gestern Abend dorthin gebracht worden.«
    »Spurensicherung?«
    »War da, ist aber gleich wieder
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