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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals
Autoren: L. R. Powell
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war – im Hintergrund bleiben konnte. Dann lernte Bel Greg kennen. Greg, der ihr erzählte, dass er in einem großen Club in London arbeiten würde und eine Wohnung im Westend hätte, die sie mieten könnte. »Ein drittklassiges Casino«, lautete Bels Urteil an dem Sonntagabend, als sie aus der Stadt zurückkehrte, »und ein Wohnschlafzimmer in Soho. Aber ich sage dir was, Kätzchen, das ist eine Stadt, in der alles möglich ist.« Drei Wochen später waren sie umgezogen.
    Vielleicht war Bel doch ein wenig romantisch veranlagt; vielleicht war London die Bühne, für die sie all die Jahre geprobt hatte. Ihr großes Abenteuer. Für Cat hätte es eigentlich das Gleiche bedeuten müssen. Ihre Augen waren genauso kühl und aufmerksam wie die von Bel, ihr Mund hatte den gleichen störrischen Zug. Aber hier in London hatte Cat ihre Unabhängigkeit verloren. Es gab einfach zu viel, zu viel von allem; alles bewegte sich und veränderte sich ständig, alles war zu verkaufen, zu mieten, alles wurde heiß serviert. Selbst unsichtbar zu sein, war anstrengend.
    An den Wochentagen ging sie abends meistens zur U-Bahn,
setzte sich in einen Zug der Circle Line und blieb dort, fuhr immer im Kreis. Dann hatte sie das Gefühl, sich die Stadt vom Leibe halten zu können, während sie die verschwommenen Bilder von Bahnsteigen und Gesichtern betrachtete, die endlos vor dem Wagenfenster dahinzogen. Heute Nacht hatte sie drei Runden gedreht, ehe sie umstieg, um nach Hause zu fahren, und das auch nur, weil sie pinkeln musste.
    Cat betrachtete stirnrunzelnd ihr Spiegelbild in dem Fenster über der Spüle. Dünn, blass, zerzaustes schwarzes Haar. »Nur ein armes Waisenkind«, sagte sie spöttisch und ahmte Bels Stimme nach. Ein armes, hungriges Waisenkind, fiel ihr ein. Sie stupste das noch halb gefrorene Hackfleisch an. Überwältigt von einem Verlangen nach Essen, das glücklich macht – salzige Pommes Frites, Nudeln, die in Sojasoße schwimmen –, zog sie einen Mantel über und ging wieder hinaus auf die Straße.
    Für Soho war es immer noch früh. Die Weihnachtsbeleuchtung funkelte vor den Laden – und Kneipenschildern, Schwärme von Menschen zogen von einem Pub zum nächsten, meistens fröhlich und noch längst nicht in dem Stadium, in dem sie randalierten oder sich in den Rinnstein erbrachen. Cat entschied sich für Nudeln von dem vietnamesischen Imbiss und huschte durch eine kleine Gasse zwischen der Great Pulteney Street und dem Golden Square. Als sie am Ende der Gasse nach rechts abbiegen wollte, fühlte sie, wie jemand nach ihrem Arm griff. »Bitte«, sagte eine Stimme sehr leise.
    Sie verkrampfte sich, bereit zu schreien, um sich zu
treten, zu fliehen. Hier wimmelte es von Überwachungskameras – ein paar Schritte entfernt standen ein paar Männer und unterhielten sich – ein Mädchen an der Ecke hatte das Handy am Ohr – wenn sie nur …
    »Bitte entschuldigen Sie die Belästigung«, fuhr die Stimme zitternd fort. Gleichzeitig zog sich die Hand zurück. »Ich wollte Sie nicht erschrecken.« Es war der schwer atmende Mann in dem Anzug, der ihr in der U-Bahn aufgefallen war.
    Cat entspannte sich leicht, obwohl all ihre Sinne in Alarmbereitschaft blieben. »Was wollen Sie?«
    »Ich brauche Hilfe.« Seine Augen huschten von einer Seite zur anderen. Sein Gesicht war feucht vor Schweiß. »Sie … sie sind hinter mir her. «
    Es war, als wäre sie mitten in einen abgedroschenen Krimi geraten, obwohl es ihr schwerfiel, sich diesen Typen als flüchtigen Kriminellen oder etwas Ähnliches vorzustellen. Dafür wirkte er viel zu gewöhnlich: mittleren Alters, mittleres Management, Mittelklasse eben. Trotzdem wahrte sie Abstand. »Sie werden verfolgt?«, fragte sie so unverbindlich wie möglich.
    »Ja, ja, das stimmt. Die Zehn der Schwerter, wissen Sie? Ich glaube, ich habe sie in der Argyll Street abgeschüttelt, aber es wird nicht lange dauern, bis sie die Spur wieder aufgenommen haben.« Nervös leckte er sich über die Lippen und warf ihr ein schräges, zögerndes Lächeln zu.
    »Wenn Sie Ärger haben, gehen Sie zur Polizei.«
    »Oh nein! «, sagte er und runzelte leicht die Stirn. »Das geht nicht. Das Spiel ist das Wichtigste.«

    »Ein Spiel?« Lieber Himmel, hier gab es wirklich ein paar total durchgeknallte Typen. Zehn zu eins, dass es sich um irgendeine abartige Sex-Geschichte handelte, typisch für Soho. »Tja, dann viel Spaß.« Sie wandte sich zum Gehen.
    »Nein, warten Sie. Bitte.« Er streckte die Hand aus, um sie am
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