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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Richard Dübell
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aber hatte nichts mit dem Zahn der Zeit zu tun. Er schien meine Gedanken zu erraten, denn er schlug mir spielerisch gegen den Bauch.
    »Sieht so aus, als wären die Jahre gut zu dir gewesen.«
    Sie waren es nicht, doch das konnte er nicht wissen.
    »Ich habe Erfahrungen gesammelt...«
    »... und Gewicht«, vollendete er mit breitem Grinsen. »Hastdu nach deinem Weggang einen ruhigeren Herrn gefunden als Bischof Peter?«
    »Du hast leicht reden. An dir ist nie was hängen geblieben.«
    »Ein Mann und seine Börse sollten die gleiche Gestalt haben.« Er strich sich über den flachen Bauch. »Da muss ich noch was zulegen.«
    Plötzlich legte er mir den Arm um die Schultern und drehte mich zu den neugierig starrenden Waibeln herum.
    »Das ist Peter Bernward. Er war mal der zweitbeste Wachhund, als seine Exzellenz Peter von Schaumberg noch Bischof war.«
    Ich brauchte nicht nachzudenken, wen Gregor für den erstbesten Untersuchungsbeamten der damaligen Jahre hielt. Dabei erinnerte ich mich, dass seine Meinung und die Bischof Peters nie im Einklang gewesen waren. Zugleich nahm ich die Grüße der Wachen halb verlegen entgegen. Gregor zog mich nochmals zu sich heran.
    »Wir nannten ihn alle Petrus«, erklärte er gut gelaunt und mit Besitzerstolz.
    In Wahrheit hatte mich nur Gregor so genannt. »Der Fels. Weil man sich immer darauf verlassen konnte, was er sagte und was er tat. Stimmt's?«
    Ich nickte ergeben. Er ließ den Arm sinken und sprach etwas leiser weiter. »Ich sag dir was: Das ist nicht gerade eine gute Zeit, die du dir für deine Rückkehr ausgesucht hast.«
    »Was ist hier los – abgesehen von ihm?« Ich deutete zu Stinglhammers Arbeitsstube.
    »Ich erkläre es dir später. Besuch mich.«
    »Ich wollte eigentlich ...«
    »Nur ein paar Augenblicke. Wir haben uns so lange nicht gesehen. Sechs, sieben Jahre, oder?«
    »Vierzehn.«
    »Unglaublich. Du musst kommen. Dieser Tage finde ich kaum noch Zeit, etwas anderes zu tun, als zu arbeiten. Wenn Bischof Johann nicht in der Stadt ist, stehe ich praktisch in seinen Stiefeln.«
    Bischof Johann schien die Befugnisse des Burggrafen mächtig erweitert zu haben; oder Gregor übertrieb. So wie er mich Petrus genannt hatte, hatte ich ihn Gregor der Große genannt – allerdings nur, wenn ich wütend auf ihn war. Der echte Gregor der Große war jener Papst gewesen, der ein Gespür dafür besessen hatte, wer gerade das größte Schwert in Händen hielt und in welche Windrichtung er sein Mäntelchen zu hängen hatte. Zum Lohn dafür hatte ihn die Kirche heilig gesprochen. Ich hatte es bald wieder aufgegeben, Gregor mit diesem Namen zu beschimpfen: Während ich mich insgeheim über meinen Spitznamen ärgerte, hatte Gregor den Eindruck erweckt, gar keinen geringeren Vergleich erwartet zu haben.
    »Ich hoffe, du hältst keine Gottesdienste ab?«, sagte ich in einem Versuch, einen Scherz zu machen.
    »So wie Bischof Peter damals?« Er lachte auf und wechselte zu einem fehlerhaften Latein. »Die Stadtherren fressen sich satt und kümmern sich einen Dreck um euer geistiges Wohl, und ihr habt nicht mal den Anstand, wenigstens am Sonntag den Dom zu füllen. Wenn ihr Schafe wärt, würdet ihr noch freiwillig ins Maul des Wölfs springen, statt zu eurem Hirten zu gehen.« Er machte den grollenden Bass Bischof Peters gut nach, allerdings nicht seine geschliffene lateinische Sprache, um die ihn ein Cato beneidet hätte. »Sie haben nie auf ihn gehört, und dabei hat er so laut geschrien.«
    »Wahrscheinlich, weil sie kein Wort verstanden haben.«
    Gregor lachte und schlug mir auf die Schulter. »Das kann schon sein, ich hab ja auch nie was verstanden.« Leiser sagte er: »Komm zu mir, damit wir reden können. Bitte.«
    »Na gut. Vielleicht kannst du mir sogar behilflich sein. Ich suche ...«
    »Was ist mit den Zeugen, die abgehauen sind?«
    »Ich kenne die beiden nicht. Ein Mann in den Zwanzigern mit einem schwachsinnigen Knaben, vielleicht sein jüngerer Bruder. Frag die Schreiber. Ich bin erst gestern Nachmittag hier angekommen.«
    »Warum hast du sie nicht aufgehalten?«
    »Warum hätte ich es tun sollen?«
    Er sah mich an, als hätte ein Lieblingsschüler seinem Lehrer unerwartet die größte Dummheit seines Lebens erzählt. »Hier ist ein Mord passiert!«
    »Die beiden können es wohl kaum gewesen sein, sonst hätten sie nicht wie der Bäcker und ich darauf gewartet, dass Stinglhammer zur Audienz bittet.«
    »Jeder ist schuldig, bis seine Unschuld bewiesen ist.«
    »Ich auch?«,
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