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Das Schwein unter den Fischen

Das Schwein unter den Fischen

Titel: Das Schwein unter den Fischen
Autoren: Jasmin Ramadan
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Barolo, den trinken wir jetzt bis zur blauen Stunde.«
    »Was ist die blaue Stunde?«
    »Ein Naturschauspiel, du hast es bestimmt schon oft gesehen. Diese Farbe, die der Himmel hat, kurz bevor die Sonne aufgeht, oder kurz nachdem sie untergegangen ist.«
    Sie steigt hinunter in den Keller. Ich folge ihr zunächst ein paar Stufen, dann gehe ich aber zurück zum Tisch und puzzele weiter.
    Lollo kommt erst nach einiger Zeit wieder aus dem Keller und schütteltsich. Sie hält eine Flasche Rotwein in der Hand, die aussieht, als wäre sie sehr teuer gewesen. Wir gehen in den Garten, es ist warm. Lollo wirft sich auf eine der Steinbänke, streckt sich und öffnet den Wein. Sie gießt zwei Gläser randvoll ein und hält ihres hoch, als würde sie nun eine Rede halten. Der Wald, durch den ich vorhin gekommen bin, raschelt. Plötzlich schießt Anaconda heraus und freut sich, dass wir noch wach sind.
    Es ist der beste Wein, den ich je getrunken habe. Anaconda versucht uns davon zu überzeugen, mit ihr spazieren zu gehen. Nach einiger Zeit gibt sie es auf und legt sich neben uns auf die Bank. Sie fiept im Schlaf.
    »Warst du jemals verliebt?«, frage ich.
    »Was bedeutet das, verliebt sein? Ist das nicht ein bisschen einfach gefragt?«
    Sie sieht mich an, lacht auf und sagt:
    »Du erinnerst mich an meinen Vater!«
    »Lebt er noch?«
    »Nicht für mich und ich nicht für ihn! Aber ich habe bisher keine Einladung zu seiner Beerdigung erhalten.«
    Sie wischt sich mit dem Arm übers Gesicht.
    »Da siehst du, das ist das blaue Licht!«
    Alle Vögel scheinen gleichzeitig aufzuwachen, und wir trinken zu dem bunten Gezwitscher die ganze Flasche Wein aus, ohne noch etwas zu sagen. Ich werde endlich müde und lege mich auf die Bank. Colombe legt meinen Kopf auf ihren Schoß und streichelt mir sanft über die Haare, bis ich eingeschlafen bin. Noch einmal wache ich kurz auf, so wie letzte Nacht trägt mich jemand die Treppe zu meinem Zimmer hoch. Es ist Geppetto, und er summt dazu sonor ein Schlaflied.
    Als ich am nächsten Tag die Augen öffne, sehe ich Anaconda schlafend auf Reiners Schoß. Er hat einen Gipsarm und lächelt selig.
    »Stint, da bin ich wieder, da bist du wieder!«
    Er beginnt laut zu schluchzen, als ich ihn so fest umarme, wie ich kann. Anaconda springt auf den Boden, bellt und dreht sich.
    »Der Hund erinnert mich an Friedrich«, sagt Reiner und wischt sich die Tränen vom Gesicht.
    »Aber Friedrich war doch eine Katze, Papa!«
    »Schon, aber auch so ein nettes Tier. Vielleicht können wir ihn einfach mitnehmen.«
    »Sie hat es doch gut hier, ich glaube, sie würde lieber hierbleiben«, sage ich.
    »Würdest du auch lieber hierbleiben?«, fragt er und macht ein ernstes Gesicht, das nicht zu ihm passt.
    »Papa, ich habe keine Ahnung, was passiert, ich bin noch immer k. o. Wie geht es den anderen? Sind alle in Ordnung?«
    »Der Nazi ist tot, sonst leben alle. Die Thailänderin ist jetzt Millionärin. Trixi und sie sind unzertrennlich. Trixi hat endlich mal einen echt rentablen Fang gemacht. Ramona hat ihr Gedächtnis verloren. Das ist gar nicht so schlecht, sie will nämlich nichts mehr trinken. Scheint, als hätte sie vergessen, dass sie ein Alki ist. Sie bemerkt, dass ihr etwas fehlt, sie ist tatterig und so, aber sie kommt nicht darauf, was es ist. Sie erkennt uns alle nicht mehr wieder. Man hat sie neben einem Baumstamm gefunden, wahrscheinlich ist der ihr vorher auf den Kopf gefallen. Zumindest glaubt sie mir, dass ich ihr Mann bin. Sie hat sogar mit mir geflirtet, das hat sie schon seit Jahren nicht mehr gemacht. Ich glaub, ich bin ihr Typ!«
    »Und die anderen? Ist Enki schon da?«
    »Wer? Ach, Enzo? Ja, ja, netter Kerl, hat vorhin zwei Hühner fürs Mittagessen geschlachtet. Ist viel kerniger als ich dachte, der Künstler. Du kannst ruhig weiter mit ihm gehen. Finde ich gut, der gefällt mir. Hätte ich Ramona vielleicht nicht abholen sollen? Ich habe kurz überlegt, sie einfach nicht abzuholen bei der Polizia. Sie war auch schon wieder am tüttern auf der Wache, mit einem zwanzigjährigen Azubi!«
    »Papa!«
    »Ach, Stint, glaubst du, ich weiß nicht, dass sie mir fremdgeht, wo ihre Laune grad hinfällt?«
    »Du hast Ramona doch auch betrogen!«
    »Quatsch mit Soße! Mit wem denn?«
    »Mit Blumen-Tine!«
    »Ach, ja, stimmt. Da denkt man, keiner kriegt irgendwas mit, dabei wissenalle alles. Nur ich krieg mal wieder nur die Hälfte mit. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du weißt, wo sie ist, und herkommen
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