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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)
Autoren: Joseph Caldwell
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würde Zurückhaltung üben, denn legte sie erst einmal los, würde sie ihr nicht nur Beschuldigungen, sondern Wahrheiten an den Kopf schleudern, die selbst eine Lolly beschämen würden, von der ähnlich wie von Kitty in den meisten Fällen jede Kritik an ihrem vermeintlich untadeligen Verhalten abprallte.
    Sollte doch ihr Neffe – der aufgrund von Eigenheiten irischer Fortpflanzung nur zwei Jahre jünger als sie selbst war – beim Nachdenken über seine überstürzte Heirat allein herausfinden, was für ein Flittchen er geehelicht hatte. Kitty würde nichts tun oder sagen, was die Glückseligkeit, in der ihr Neffe und ihre beste Freundin Lolly – die Schlampe – schwelgten, stören könnte.
    Dass Aaron, Schriftsteller wie sie, nicht die wahre Person in seiner Braut erkannt hatte, dass sein Wahrnehmungsvermögen so mangelhaft war, erklärte sich Kitty damit, dass er bei weitem nicht den Ruf genoss wie sie. Besäße er das unvergleichlich feine Gespür seiner Tante, hätte auch er seine Braut über die Schwelle einer Burg tragen können, anstatt sich in dem Haus seiner Frau einzunisten, das in Hörweite des Schweinestalls stand, ohne den das traute Heim keins gewesen wäre. Nie hätte Kitty einen Gedanken auf mögliche Konkurrenz verschwendet, und so spendete sie ihrem Neffen freimütig Lob und ermutigte ihn in der Ausübung seines entschieden unterbelichteten Talents.
    Kitty brach ihre Betrachtungen ab. Aaron war ans hintere Ende des Lastwagens gegangen, ließ die Ladeklappe herunter und ermunterte das Schwein, ins Freie zu springen, was es auch mit unwahrscheinlicher Leichtfüßigkeit tat. Ohne jeden Begrüßungsgrunzer trabte es den Abhang hinunter zum Fluss, der sich am Fuße des Crohan-Bergs dahinschlängelte. Kitty beobachtete sein zwangloses Gebaren und hatte das ungute Gefühl, dass man ohne ihr Zutun bereits über das Schwein entschieden hatte.
     
    Jetzt standen Aaron und Lolly vor Kitty und signalisierten mit ihrem Lächeln, dass Kittys Friedfertigkeit auf die Probe gestellt wurde.
    »Wir haben dir das Schwein gebracht«, verkündete Lolly.
    »Was du nicht sagst!«, entgegnete Kitty.
    »Wir dachten, es wäre hier besser aufgehoben«, fügte Aaron hinzu.
    »Wie rücksichtsvoll.« Auch Kitty lächelte.
    Just in dem Augenblick bog wie eine Kavallerieverstärkung, die in höchster Not zu Hilfe kam, Kierans Lastwagen mit den Kühen auf der Burgstraße um die Kurve.
    Der Laster hielt hinten auf dem Hof, Kieran sprang heraus, schlug die Tür vom Fahrerhaus zu, bedachte Lolly und Aaron mit einem Kopfnicken, ging zu seiner Frau, nahm sie in die Arme und presste seinen Mund auf ihren, wobei sein säuberlich gestutzter goldbrauner Bart ihre zarte Wange kratzte; die funkelnden blauen Augen hielt er offen, auch wenn sie nicht mehr als die rechte Hälfte von Kittys Stirn sehen konnten, eine Strähne ihres duftenden schwarzen Haars und den oberen Bogen ihres lieblichen Ohres.
    Kieran löste seine Lippen von den ihren, die Arme gaben zwar Kitty frei, doch die immer noch funkelnden Augen schauten verlangend auf ihre Magengrube, eine ihr vertraute Vorwarnung, dass sie sich für weitere Gefühlsregungen wappnen musste. Wie es sich für eine gute Ehefrau geziemte, erwiderte sie seinen feurigen Blick, keiner zuckte mit der Wimper. Dann drehte sich Kieran um und ging mit langen Schritten zum Truck.
    »Kann man dir mit den Kühen irgendwie helfen?«, rief Lolly ihm hinterher.
    »Ich schaffe es schon allein, danke.«
    Betont lässig schlenderte Lolly auf ihren eigenen Transporterzu und deutete damit an, sich auf den Heimweg begeben zu wollen. »Wir fahren dann wohl am besten«, meinte sie leichthin.
    Kitty legte eine übertriebene Gleichgültigkeit an den Tag und erwiderte nur: »Vielleicht solltest du erst noch dein Schwein holen.« Der gebieterische Unterton war nicht zu überhören.
    Kieran horchte bei dem Stichwort auf und ließ die Kühe Kühe sein. »Schwein? Was für ein Schwein?«
    »Kieran, Liebster«, säuselte Kitty. »Du weißt schon welches Schwein. Und das ist hier.«
    »Was hat es hier zu suchen?«
    »Genau das gilt es zu klären.«
    »Lass mich erst die Kühe auf die Sumpfwiese schaffen.«
    Die Kühe standen zusammengedrängt und schienen von der Aufforderung, durch den Morast zu waten, wenig erbaut. Etliche hoben die massigen Köpfe und muhten empört, als erwarte sie unten an der Rampe der Schlächter und nicht die Aussicht auf saftiges Grün.
    Behände wie ein Ziegenbock sprang Kieran auf die Ladefläche,
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