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Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Titel: Das Schmetterlingsmädchen - Roman
Autoren: Laura Moriarty
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»Zumindest zeitweise.« Sie lächelte. »Ich kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass ich besser als jeder andere weiß, wie schwierig sie sein kann. Aber ich weiß auch, dass Louise, so viel sie anderen auch abverlangt, am meisten von sich selbst verlangt.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Sie hat das Temperament einer Künstlerin. Und ehrlich gesagt, sie ist schon jetzt weit begabter, als Mrs. Campbell es je sein wird, und das seit einiger Zeit. Sie erkannte es, als sie noch zur Schule ging. Das ist im Grunde das wahre Problem.«
    Im Stockwerk über ihnen fiel etwas Schweres auf den Fußboden. Eine männliche Stimme rief: »Idiot!« Coras Blick wanderte zur Decke. Myra schien nichts zu hören.
    »Wollen Sie damit sagen, dass sie … unfolgsam sein wird?«, fragte Cora.
    »Nein. Ganz im Gegenteil. Ich kann Ihre Ängste beschwichtigen. Sehen Sie, bei allem Temperament, das Louise hat, werden Sie es mit ihr viel leichter haben als jeder andere, einschließlich mir selbst. Sie sind Ihre Fahrkarte nach New York, und das weiß sie. Und wenn Sie erst einmal dort sind, haben Sie immer noch großen Einfluss auf sie, denn wenn Sie beschließen, nach Hause zu fahren, muss sie mitkommen. Das hat ihr Vater ihr unmissverständlich deutlich gemacht.«
    Irgendwo über ihnen splitterte Glas, gefolgt von einem weiblichen, aber gutturalen Aufschrei. Wieder schaute Cora zur Decke und dann in das unbewegte Gesicht ihrer Gastgeberin.
    »Bei Ihnen«, fuhr Myra fort, »sollte unser kleiner Löwe also lammfromm sein. Louise weiß, wie sehr ich mich bemüht habe, ihrem Vater die Erlaubnis für diese Reise abzuringen, und sie wird nichts tun, um das Ergebnis zu gefährden. Bei Ted Shawn und Ruth St. Denis zu studieren ist eine ungeheure Gelegenheit für sie. Sie sind mit Denishawn vertraut?«
    Die Frage wurde so beiläufig gestellt, als ob sich eine Antwort erübrigte. Cora hätte beinahe genickt, bevor ihr einfiel, dass sie ehrlich sein sollte. Sie schüttelte den Kopf.
    Myra schien überrascht. »Sie kennen die Denishawn Dance Company nicht?«
    Wieder schüttelte Cora den Kopf.
    »Hm. Es ist das innovativste Tanzensemble in den Vereinigten Staaten. Haben Sie die Vorstellung nicht gesehen, als sie im letzten November hier aufgetreten sind? Im Crawford?«
    Cora, die jetzt leicht verunsichert war, schüttelte erneut den Kopf. Sie konnte sich vage an Anschläge erinnern, auf denen ein Tanzensemble angekündigt wurde, aber weder sie noch Alan hatten Interesse gehabt. Myra sah sie mit leicht gerunzelter Stirn an. Offensichtlich war gerade ein Urteil gefällt worden.
    »Dann ist Ihnen etwas entgangen. Ted Shawn und Martha Graham hatten die Hauptrollen, und sie waren sensationell. Das war nicht der Mist, den wir Hinterwäldler normalerweise serviert bekommen.« Wieder runzelte sie die Stirn und schaute aus dem Fenster. »Denishawn zeigt modernen Tanz, der wirklich modern und künstlerisch ist. Die Choreografie basiert zum Teil, aber nicht ganz auf Isadora Duncan. Diese Leute sind wirklich innovativ. Und sie sind die Besten.« Sie machte eine Pause und betrachtete ihre Hände. »Ich freue mich so sehr für Louise.«
    Cora hörte das unverkennbare Klatschen eines Schlages und dann einen Schrei, der ebenso gut von einem männlichen wie weiblichen Beteiligten stammen konnte. Sie räusperte sich und zeigte an die Decke. »Sollten wir nicht … nachsehen, was los ist?«
    Myra folgte ihrem Blick. »Nicht nötig«, murmelte sie und strich ihren Rock glatt. »Sie kommt zu uns, da können Sie ganz sicher sein.«
    Prompt waren auf der Treppe Schritte zu hören, noch schneller und leichter als die von June. »MUTTER!«
    Myra antwortete nicht.
    »MUTTER!«
    »Wir sind hier, Liebling!«, rief Myra. »Im Salon. Und benehmen uns gesittet.«
    Ein Mädchen erschien in der Tür. Sie presste eine Hand an ihre linke Schulter, und in ihren dunklen Augen schimmerten Tränen. Cora zweifelte nicht daran, dass sie Louise vor sich hatte. Selbst in Tränen aufgelöst und mit geschwollenen Augen war sie umwerfend schön. Sie war klein und zierlich wie ihre Mutter und hatte ihre helle Haut, das herzförmige Gesicht, die dunklen Augen und Haare. Aber ihre Kinnpartie war fester, und ihre Wangen waren immer noch kindlich gerundet wie bei der kleinen June. Eingerahmt wurde all das von tiefschwarzem Haar, glatt und glänzend und knapp unter die Ohren reichend, dessen Spitzen auf beiden Seiten nach vorn wippten, als wollten sie einen Bogen über den vollen Lippen
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