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Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Titel: Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)
Autoren: John Green
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drei Monate nach meiner ersten Periode kam. So in etwa: Herzlichen Glückwunsch! Du bist eine Frau. Und jetzt stirb.) Der Krebs sei unheilbar, sagte man uns.
    Ich hatte eine Operation mit dem schönen Namen »radikale Neck-Dissection « , die ungefähr so angenehm ist, wie sie klingt. Und dann Bestrahlung. Und dann haben sie irgendeine Chemo gegen die Metastasen in meiner Lunge ausprobiert. Die Metastasen gingen zurück, dann wuchsen sie wieder. Inzwischen war ich vierzehn. In meiner Lunge sammelte sich Wasser. Ich sah ziemlich tot aus – Hände und Füße aufgeblasen; die Haut rissig; die Lippen ständig blau. Es gibt ein Medikament, das einem etwas von dem Grauen nimmt, wenn man nicht richtig Luft bekommt, und davon floss über einen zentralen Venenkatheter literweise in mich rein, mit einem Dutzend anderer Mittel. Trotzdem ist Ertrinken kein angenehmes Gefühl, vor allem, wenn es sich über einen Zeitraum von mehreren Monaten erstreckt. Irgendwann landete ich mit Lungenentzündung auf der Intensivstation, und meine Mutter kniete neben mir am Bett und sagte: »Bist du bereit, Liebstes?«, und ich sagte ihr, dass ich bereit sei, und mein Vater sagte einfach immer wieder, dass er mich lieb habe, mit dieser Stimme, die nicht brüchig, sondern längst gebrochen war, und ich sagte immer wieder, dass ich ihn auch lieb hätte, und wir hielten uns alle an den Händen, und ich bekam keine Luft, und meine Lunge spielte verrückt, kreischte nach Luft und trieb mich aus dem Bett auf der Suche nach einer Position, in der ich atmen konnte, und ihre Verzweiflung war mir peinlich, und es ekelte mich, dass sie nicht einfach losließ , und ich weiß noch, wie ich zu Mom sagte, dass alles gut sei, dass es mir gut gehe, dass alles gut würde, und mein Vater gab sich solche Mühe, nicht zu schluchzen, dass er, als er nicht mehr konnte, nicht mehr normal schluchzte, sondern wie ein Erdbeben. Und ich weiß noch, dass ich nicht wach sein wollte.
    Allen war klar, dass es mit mir zu Ende ging, aber meine Krebsärztin Dr. Maria schaffte es, etwas von der Flüssigkeit aus meiner Lunge abzusaugen, und dann fingen die Antibiotika, die sie mir gegen die Lungenentzündung gegeben hatten, zu wirken an.
    Ich wachte auf, und kurz danach rutschte ich in eins dieser Feldexperimente, die in der Krebsrepublik für ihre Unwirksamkeit bekannt sind. Das Medikament hieß Phalanxifor, ein Molekül, das dafür entworfen wurde, sich mit Krebszellen zu verbinden und ihr Wachstum zu hemmen. Bei etwa siebzig Prozent der Leute zeigte es keine Wirkung. Aber bei mir schlug es an. Die Metastasen schrumpften.
    Und sie blieben klein. Hussa, Phalanxifor! In den letzten achtzehn Monaten sind die Metastasen kaum gewachsen, und meine Lunge ist zwar immer noch eine Scheißlunge, aber mit Hilfe der Sauerstoffflasche und einer täglichen Dosis Phalanxifor könnte sie möglicherweise auf unbestimmte Zeit so weitermachen.
    Zugegeben, mein Krebswunder hat mir nur ein Stück Zeit gekauft. (Und wie groß das Stück ist, weiß ich noch nicht.) Aber als ich Augustus Waters davon erzählte, malte ich das rosigste Bild für ihn und schmückte die Wundersamkeit des Wunders großzügig aus.
    »Das heißt, dass du zurück zur Schule kannst«, sagte er.
    »Lustigerweise geht das nicht«, erklärte ich. »Ich habe nämlich schon die Hochschulreife. Im Moment mache ich Seminare am MCC.« Das MCC war unser örtliches College.
    »Ein College-Girl«, sagte er und nickte anerkennend. »Daher die gebildete Aura.« Er zwinkerte mir zu. Ich boxte ihn spielerisch gegen den Oberarm. Dabei spürte ich die Muskeln unter seiner Haut, die sich straff und toll anfühlten.
    Mit quietschenden Reifen bogen wir in eine Straße mit niedrigen verputzten Fassaden ein. Er wohnte im ersten Haus links. Ein zweistöckiges Gebäude im Kolonialstil. Mit einem letzten jähen Ruck kamen wir in der Einfahrt zum Stehen.
    Ich folgte ihm hinein. Im Flur hing eine Holzplakette, auf der in kursiven Buchstaben stand: Heimat ist da, wo das Herz ist , und es zeigte sich, dass das ganze Haus mit ähnlichen Sprüchen dekoriert war. Gute Freunde sind schwer zu finden und unmöglich zu vergessen stand auf einem Wappen über der Garderobe. Wahre Liebe erträgt jede Not versprach ein Stickkissen im rustikal möblierten Wohnzimmer. Augustus sah meinen Blick. »Meine Eltern nennen die Dinger Ermutigungen«, erklärte er. »Sie sind hier überall.«
     
    Seine Eltern nannten ihn Gus. Sie standen in der Küche und machten Enchiladas (
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