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Das Rosie-Projekt

Das Rosie-Projekt

Titel: Das Rosie-Projekt
Autoren: Graeme Simsion
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kennen- und lieben gelernt habe.«
    Ihre letzen Worte ließen mich stutzen. Während ich ihre volle Bedeutung in mich aufnahm, konnte ich Rosie nur ansehen. Ich schätze, ihr ging es ebenso, denn es dauerte ein paar Sekunden, bis sie wieder etwas sagte.
    »Wie viele Positionen aus dem Buch beherrschst du?«
    »Dem Sexbuch? Alle.«
    »Blödsinn.«
    »Es war bedeutend weniger komplex als das Cocktailbuch.«
    »Dann lass uns nach Hause gehen«, sagte sie. »Zu mir. Oder zu dir, wenn du immer noch den Atticus-Finch-Anzug hast.« Sie lachte.
    »Der ist in meinem Büro.«
    »Dann ein andermal. Wirf ihn ja nicht weg!«
    Wir standen auf, aber die Polizisten, ein Mann und eine Frau, stellten sich uns in den Weg.
    »Sir«, sagte die Frau (Alter etwa achtundzwanzig, BMI dreiundzwanzig), »ich muss Sie fragen, was Sie in der Tasche tragen.«
    Den Umschlag hatte ich ganz vergessen! Ich zog ihn hervor und wedelte damit vor Rosies Nase.
    »Tickets! Tickets für Disneyland. Alle Probleme gelöst!« Ich fächerte die drei Karten auf, nahm Rosies Hand, und wir gingen hin und zeigten sie Phil.

36
    Wir fuhren nach Disneyland – Rosie, Phil und ich. Es machte riesigen Spaß und verhalf allen Beteiligten zur Verbesserung der Beziehungen. Rosie und Phil unterhielten sich ausgiebig, und ich erfuhr viel über Rosies Leben. Das war eine wichtige Grundlage für die schwierige, aber bedeutende Aufgabe, ein hohes Maß an Empathie für einen einzigen Menschen auf der Welt zu entwickeln.
    Dann machten Rosie und ich uns auf den Weg nach New York, wo ein Anderssein generell akzeptiert wird. Aber das ist eine Vereinfachung der Beweggründe: In Wahrheit war es mir wichtig, mit meinen neuen Fähigkeiten, meiner neuen Lebensweise und meiner neuen Partnerin einen neuen Anfang zu machen, ohne durch die Einschätzung anderer behindert zu werden – eine Einschätzung, die ich nicht nur verdient, sondern noch gefördert hatte.
    Hier in New York arbeite ich an der Fakultät für Genetik der Columbia-Universität, und Rosie studiert dort im ersten Jahr Medizin. Ich arbeite per Fernkontakt an Simon Lefebvres Forschungsprojekt mit, da dies eine Vorbedingung für seine finanzielle Unterstützung war. Ich betrachte es als eine Form der moralischen Rückzahlung dafür, dass ich die Ausrüstung der Universität für das Vaterprojekt benutzt hatte.
    Wir haben eine Wohnung in Williamsburg, nicht weit von den Eslers entfernt, die wir regelmäßig besuchen. Das Kellergespräch ist mittlerweile eine lustige Geschichte, die wir beide auf diversen gesellschaftlichen Zusammenkünften erzählen.
    Wir haben vor, uns fortzupflanzen (oder, wie ich in Gesellschaft sagen würde, »ein Kind zu bekommen«). Als Vorbereitung hat Rosie aufgehört zu rauchen, und wir haben beide unseren Alkoholkonsum eingeschränkt. Zum Glück haben wir zahlreiche andere Beschäftigungen, um uns von unserem Suchtverhalten abzulenken. An drei Abenden pro Woche arbeiten Rosie und ich gemeinsam in einer Cocktailbar. Das ist manchmal anstrengend, aber gesellig und lustig und bessert mein Akademikergehalt auf.
    Wir hören Musik. Ich habe eine erneute Annäherung an Bach gewagt und versuche dabei nicht mehr, einzelne Tonfolgen zu analysieren. Das gelingt mir immer besser, aber mein persönlicher Musikgeschmack scheint sich seit meiner Jugend nicht weiterentwickelt zu haben. Da ich zu jener Zeit nicht in der Lage war, eine eigene Auswahl zu treffen, entsprechen meine Vorlieben denen meines Vaters. Ich kann ausführlich und überzeugend argumentieren, dass nach 1972 nichts Hörenswertes mehr aufgenommen wurde (und Rosie und ich diskutieren häufig über dieses Thema). Ich koche, behalte mir die Gerichte des Standardmahlzeitenmodells allerdings nur für Abendeinladungen vor.
    Wir sind offiziell verheiratet. Obwohl ich mit dem Ring dem romantischen Ritual gefolgt war, war ich nicht davon ausgegangen, dass Rosie als moderne Feministin tatsächlich würde heiraten wollen. Der Begriff »Ehefrau« im Ehefrauprojekt hatte immer für »weibliche Lebenspartnerin« gestanden. Doch sie entschied, sie wolle »eine Beziehung in meinem Leben haben, die genau so ist, wie sie sein soll«. Das beinhaltet Monogamie und Beständigkeit. Ein exzellentes Ergebnis.
    Ich kann Rosie in den Arm nehmen. Nachdem sie eingewilligt hatte, mit mir zu leben, war dies der Punkt gewesen, der mir am meisten Angst gemacht hatte. Mir ist Körperkontakt im Allgemeinen unangenehm, aber Sex bildet da offensichtlich eine Ausnahme. Wir können uns
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