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Das Reich der Traeume

Das Reich der Traeume

Titel: Das Reich der Traeume
Autoren: Santiago García-Clairac
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bloßzustellen.«
    Ich habe die Botschaft verstanden und senke schweigend den Blick.
    Â»Arturo wollte niemanden bloßstellen«, entgegnet Señor Miralles. »Er hat sich gemeldet, weil er die Antwort wusste. Nicht mehr und nicht weniger.«
    Â»Da bin ich anderer Meinung«, widerspricht Horacio. »Er weiß ganz genau, warum er uns immer wieder als Blödmänner hinstellt. Er ist ein Streber, der jedem zeigen will, wie schlau er ist. Das sieht man doch schon an seinem Gesicht!«
    Bei seinem letzten Satz fängt die ganze Klasse an zu lachen.
    Â»Nun, lassen wir es gut sein«, bittet Señor Miralles mit einer beschwichtigenden Handbewegung. »Niemand will irgendjemanden bloßstellen. Wir sind hier, um etwas zu lernen.«
    Â»Und warum kommt er dann in die Schule, wenn er doch schon alles weiß?«
    Jetzt reicht’s! Ich kann mich nicht länger beherrschen und schleudere ihm wütend entgegen: »Weil ich ein Recht darauf habe, etwas zu lernen! Ich bin hier, weil mich niemand daran hindern kann, so zu sein wie alle anderen!«
    Â»Aber du bist nicht so wie alle anderen! Du bist anders!«, ruft Horacio.
    Â»Jawohl, du bist ein Monster!«, schreit jemand von hinten.
    Â»Schaut euch doch nur sein Gesicht an!«
    Â»Ruhe!«, befiehlt der Lehrer. »Ich dulde es nicht, dass in dieser Klasse irgendjemand beleidigt wird!«
    Aber meine Mitschüler lassen sich nicht einschüchtern. Im Gegenteil, sie werden mutiger und schreien noch lauter. Einige pfeifen, andere lachen, bis sie es geschafft haben, mich völlig aus dem Gleichgewicht zu bringen …
    Ich merke, dass mein Gesicht anfängt zu brennen.
    Und plötzlich starren mich alle mit weit aufgerissenen Augen an.
    Borja zeigt mit dem Finger auf mich und ruft: »Seht mal, sie bewegen sich! Die schwarzen Punkte bewegen sich!«
    Â»Stark!«, ruft jemand.
    Auch ich spüre es jetzt ganz deutlich.
    Â»Cool!«, sagt Marisa fasziniert. »Wie machst du das?«
    Ich weiß, dass die schwarzen Flecken über mein Gesicht wandern. Ich weiß, dass sie sich ganz langsam bewegen, wie eine Schlange, die über einen Felsen kriecht.
    Â»Er ist tatsächlich ein Monster!«, schreit Horacio.
    Â»Wir sollten die Polizei rufen«, wirft Inés ein. »Das ist doch nicht normal.«
    Â»Das ist Zauberei!«, schreit Alfonso.
    Â»Ich bin kein Monster!«, brülle ich verzweifelt, immer wieder: »Ich bin kein Monster!« Doch meine Worte gehen im Gejohle meiner Mitschüler unter. »Ich bin kein Monster!«
    Ich bedecke mein Gesicht mit den Händen, aber es ist zu spät. Die ganze Klasse hat es gesehen … Auch der Lehrer hat voller Entsetzen beobachten können, was man ihm schon oft erzählt hat und was nur sehr wenige bisher zu Gesicht bekommen haben.
    Ich sehe flehend zu ihm hinüber. Stotternd frage ich ihn, ob ich kurz rausgehen darf.
    Â»Geh zur Toilette«, sagt er, noch immer mit ungläubigem Staunen. »Wenn du dich beruhigt hast, kommst du zurück, in Ordnung?«
    Ich gehe zu meinem Platz, nehme den Rucksack und verlasse, so schnell ich kann, die Klasse, während mir die anderen immer wieder dieses verdammte Wort hinterherrufen, das ich so sehr hasse: »Drachenkopf! Drachenkopf! Drachenkopf!«
    Erst auf der Straße beruhige ich mich wieder ein bisschen.
    Hoffentlich sieht mich hier niemand. Ich will nicht, dass man mich anstarrt, mit diesem Drachenkopf auf der Stirn und den verdammten Flecken, die auf meinem Gesicht hin und her wandern, wie sie wollen.
    Ich betrachte mich im Seitenspiegel eines Autos und sehe, dass die Flecken ein großes A gebildet haben. Es bedeckt fast mein ganzes Gesicht. Ein furchterregender, aggressiv aussehender Buchstabe, mit Beinen und Klauen und einem Drachenkopf oben auf der Spitze. Er sitzt zwischen den Augenbrauen, direkt auf meiner Stirn …
    Ich sehe wirklich gruselig aus! Kein Wunder, dass sich die Leute vor mir erschrecken.
    Völlig fertig setze ich mich auf eine Parkbank. Dann schließe ich die Augen und fahre mir mit der Hand über das tätowierte Gesicht …

V
    Tödliche Wunden
    A rturos Wunde war tief. Morfidio konnte mit Waffen umgehen wie kaum ein anderer und hatte ihm die Klinge seines Dolches bis ans Heft in die Brust gestoßen. Zu allem Überfluss hatte sich der gefährliche Schnitt entzündet.
    Arquimaes war gerade damit beschäftigt, Tuchfetzen auf die eiternde, übel
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