Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rätsel Sigma

Das Rätsel Sigma

Titel: Das Rätsel Sigma
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
im Labor drei ein Gerät ausgewechselt? Die große Zentrifuge? Wann? Gestern abend? Warum? – Sie stand auf der Liste“, sagte er zu Herbert und den anderen, „der Drehzahlmesser mußte neu justiert werden.“
    „Wo ist die alte?“ rief Herbert zurück.
    Der Direktor fragte. Dann legte er auf und wählte eine neue Nummer. „Versand?“ fragte er. „Steht die Zentrifuge noch bei euch, die die Schlosser gestern abend gebracht haben? Nein, nicht abschicken! Auspacken! Sofort! Die Schlosser kommen gleich, sie abzuholen!“
    Er wählte noch einmal die Schlosserei. „Sind die Kollegen, die die Zentrifuge gestern demontiert haben, im Betrieb? Sie sollen alles stehen- und liegenlassen und sofort das alte Gerät wieder montieren. Ja, unbedingt dieselben Leute. Reden Sie nicht herum, den Grund erklär ich Ihnen später, nur soviel, und das mit allem Ernst: Es geht um Menschenleben! – Ja, auch wenn Sie sich das nicht vorstellen können! Ende!“
    „Ich meine“, sagte er nachdenklich, nachdem er aufgelegt hatte, „es wird notwendig sein, die Schlosser vorher ins Gebet zu nehmen. Falls eine Schraube vorher nicht ganz fest war oder sonst irgendeine Besonderheit aufgefallen ist, müssen sie das genau so wieder herrichten. Oder halten Sie das für überflüssig?“
    „Ich wäre zwar nicht daraufgekommen“, gestand Herbert, „aber Sie haben völlig recht. Und vor allem müssen die Kollegen auch wissen, worum es geht. Überhaupt wird jetzt vieles klarer. Wir hätten gleich nach einem defekten Gerät suchen sollen.“
    Die Schlosser kamen, man sah ihnen an, daß sie wütend waren. Das änderte sich schnell, als sie erfahren hatten, welchen Zweck diese scheinbar sinnlose Arbeit verfolgte. Sie berieten sich kurze Zeit, dann begannen sie mit der Demontage der neuen Zentrifuge.
    Herbert war so nervös und abgespannt, daß er das Labor verließ und auf dem Hof hin und her lief. Dr. Willenius hatte sich ihm angeschlossen.
    „Was machen wir, wenn auch dieser Versuch ein Schlag ins Wasser ist?“ fragte er nach einer Weile.
    „Unsinn“, knurrte der Chemiker. „Überlegen wir lieber, was wir machen, wenn er positiv ausgeht!“
    „Meinst du – weitere Meßreihen?“ fragte er unsicher.
    Der Chemiker nickte. „Dann schlage ich vor, wir denken jetzt mal unabhängig voneinander darüber nach, wie die aussehen müßten, und nach einer Weile tauschen wir uns aus. Einverstanden?“
    Sie liefen stumm auf dem Hof herum. Herberts Nervosität ließ nach, und er spürte plötzlich, daß er fror. Aber er wollte jetzt Onkel Richard nicht beim Nachdenken stören. Er selbst war zu einen Schluß gekommen, man mußte – im Falle eines Erfolgs – genau die Bedingungen simulieren, die für das Sigmaphagin bestanden hatten: Verteilung der Personen im Raum, Arbeit anderer Geräte, Standort des Phagins, Gefäße, Lösungsmittel und so weiter – und dann in der Lösung selbst messen, um möglichst genaue Werte zu erhalten. Und dann mußten sie eine Versuchsreihe mit echtem, nicht simuliertem Phagin machen, um die notwendige Einwirkungszeit herauszubekommen. Ja, das war's wohl.
    Herberts Gedanken liefen weiter, er hatte schon wieder vergessen, daß er fror. Und dann? Wenn alles das erledigt war, was dann? Irgendwie mußte man die benötigte Energie in den Kopf der Patienten transportieren, genau an die Stelle, wo das Gift sich festgesetzt hatte. Aber hier wurde er unsicher. Er wußte auf diesem Gebiet zuwenig; nur eins war klar – das mußte mit den Ärzten beraten werden. „Also?“ fragte der Chemiker.
    Es stellte sich heraus, daß sich ihre Gedanken im wesentlichen deckten.
    Jemand kam und fragte nach dem Inspektor – ein Anruf aus Neuenwalde. Auf dem Videoschirm war das angespannte Gesicht von Monika Baatz zu sehen. „Schlimm oder gut?“ fragte Herbert.
    Frau Dr. Baatz lächelte. „Eine gute Nachricht“, sagte sie. „Die Opferbereitschaft Ihrer Frau hat uns wesentlich weitergebracht. Der Computer hat errechnet, daß das Toxin im Einschlafzentrum sitzt. Und wie sieht es bei Ihnen aus?“
    „Wir stehen vor dem entscheidenden Test“, sagte Herbert.
    Der Chemiker, der mitgekommen war, mischte sich ein. „Wenn Kollege Lehmann nicht so einen geschulten geometrischen Blick hätte, würden wir wahrscheinlich morgen noch suchen.“
    Herbert runzelte die Stirn. „Auf jeden Fall müssen wir heut noch beraten, wie es weitergeht.“
    „Wann?“ fragte Frau Dr. Baatz sachlich.
    „Wir rufen Sie an, sobald wir hier das erste Ergebnis haben!
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher