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Das Raetsel der Liebe

Das Raetsel der Liebe

Titel: Das Raetsel der Liebe
Autoren: Nina Rowan
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Spaziergang, Tee. Und ihre kurzen Ausflüge führten sie auch nicht unbedingt an furchtbar interessante Orte, sondern nur in den Park oder in die Bibliothek oder zum Einkaufen.
    »Jane.«
    Sie blickte hoch. »Verzeih. Ich habe nicht aufgepasst.«
    »Weißt du noch, was ein Rest ist?«
    »Eine Zahl, die übrig bleibt.«
    »Gut. Diese Aufgabe wird einen Rest haben. Doch jetzt fängst du erst einmal mit der ganzen Zahl an, und dann multiplizierst du sie mit dem Divisor. Das Interessante an der schriftlichen Division ist nämlich, dass man damit gleichzeitig Division, Multiplikation und Substraktion üben kann, verstehst du?«
    »Lyddie?«
    »Hmm?«
    »Ist es schlimm, ein Geheimnis zu haben?«
    Lydia wirkte beinahe erschrocken. »Ein Geheimnis? Was für eine Art von Geheimnis?«
    »Oh, nichts, das jemandem wehtun könnte. Bloß … na ja, du weißt schon. Ein Geheimnis eben. Eine Sache, von der niemand etwas weiß. Wie zum Beispiel, dass man eine Tüte mit Süßigkeiten unter seinem Bett versteckt hat …«
    »Also … nun ja … ich denke, das hängt davon ab, was es für ein Geheimnis ist. Aber wenn es niemandem schadet, es zu wahren, dann nein. Dann denke ich nicht, dass es schlimm ist.« Lydia streckte die Hand aus und strich Jane eine Haarlocke aus der Stirn. »Hast du irgendwo Süßigkeiten versteckt?«
    »Nein.« Jane schenkte ihrer Schwester ein gewinnendes Lächeln. »Und wenn, dann würde ich dir etwas davon abgeben.«
    »Lieb von dir.« Lydia zwickte Jane zärtlich in die Wange. »Aber auch in diesem Fall müsstest du wissen, wie du sie gerecht aufteilst. Und zu diesem Zweck musst du lernen, wie man dividiert.«
    Jane verzog in gespieltem Ärger das Gesicht. Dann wandte sie ihre volle Aufmerksamkeit der Aufgabe zu. Sie mochte Mathematik. Und trotzdem: Wenn sie Lydia reden hörte, dann kam es ihr manchmal so vor, als drehe sich die ganze Welt nur um Zahlen und um nichts sonst.
    Jane nahm an, dass dies auf die eine oder andere Weise sogar stimmte. Trotzdem hatte sie das deutliche Gefühl, dass die Welt von etwas weit Mysteriöserem angetrieben wurde als von Addition und Subtraktion.
    Von etwas, das eher wie Rätsel war, Scherzfragen und Puzzles.
    Von Geheimnissen.

3
    Das Medaillon schwang hin und her. In dem silbernen Gehäuse fing sich Sonnenlicht. Alexander hob die Kette hoch, um die Gravur zu betrachten. Dann fuhr er mit dem Daumennagel in die Rille zwischen den beiden Hälften und öffnete sie.
    Aus dem kleinen Hohlraum blickte ihn das Miniaturporträt einer Frau mit sperlingsbraunem Haar an. Auf ihren Lippen lag der Anflug eines Lächelns, der das betont Herrische ihrer Haltung etwas milderte. Die andere Seite des Deckels enthielt das Bildnis eines Mannes mit hageren, stark ausgeprägten Gesichtszügen, einem sorgfältig gestutzten Bart und strenger Miene.
    Alexander sah plötzlich Lydia Kellaway vor sich, um den Hals dieses Medaillon, um das sich ihre Finger ab und an zärtlich schlossen, wenn sie an ihre geliebten Eltern dachte.
    Er selbst würde seinen Eltern niemals solche Gefühle entgegenbringen, weder seinem Vater, der die Familie mit eiserner Faust regierte, noch seiner Mutter, einer wunderschönen, aber eiskalten Person, die ihnen mit ihrer überaus peinlichen Affäre einen solchen Schock versetzt hatte.
    Manchmal konnte Alexander es immer noch nicht glauben. Gräfin Rushton, die Frau mit der wohlklingenden Stimme und einer Haut wie Porzellan, erhaben über jeglichen Fehltritt, hatte sich mit einem gemeinen Soldaten eingelassen.
    Nun, zumindest hatte sie genug Verstand besessen wegzulaufen, dachte Alexander. Denn anderenfalls hätte er sie eigenhändig hinausgeworfen, als die Affäre ans Licht kam.
    Ein Ächzen unterbrach seine Grübelei. Sebastian, sein neunundzwanzig Jahre alter Bruder, ließ sich müde und unrasiert in einen Sessel plumpsen, fuhr sich mit einer Hand durch das wirre Haar und gähnte herzhaft.
    »Spät geworden?«, fragte Alexander knapp.
    Sebastian zuckte mit den Schultern und starrte auf den Tisch, als müsse dort jeden Augenblick wie aus dem Nichts das Frühstück erscheinen. Er gähnte noch einmal, dann stemmte er sich wieder hoch und ging hinüber zur Anrichte, wo eine Kanne mit Kaffee stand.
    »Wo warst du?«, wollte Alexander wissen.
    »Konzert im
Eagle
. Ihr Pianist hatte abgesagt, und sie baten mich einzuspringen. Ich dachte, ich schlafe besser hier, um Talia und den Alten nicht zu stören.«
    »Du hältst es für eine gute Idee, im
Eagle
aufzutreten, dieser
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