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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß
Autoren: Christoph Bausenwein
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Bayern nach München gekommen war, hatte er innerhalb von vier Jahren alles erreicht, wovon ein Fußballspieler nur träumen kann. Peter Bizer, der kurz nach dem WM-Triumph ein Buch über den jungen Himmelsstürmer veröffentlichte, sah in dessen Blitzkarriere die Konsequenz einer außergewöhnlichen Professionalität. »Der programmierte Weltmeister«, lautete der Titel, und damit wollte der Autor wohl ausdrücken, dass es sich hier nicht um einen zufällig entdeckten Straßenfußballer handelte, sondern um einen, der seine Karriere ganz gezielt vorangetrieben hatte und auf diesem Weg in sämtlichen Jugend-Auswahlmannschaften des DFB entsprechend gefördert worden war. Ob man einen Weltmeister programmieren kann, lässt sich wohl kaum schlüssig beweisen – fest steht jedoch, dass Uli Hoeneß schon von Kindesbeinen an ein festes Programm hatte.
    »Ich bin ungeheuer, fast hoffnungslos ehrgeizig«, sagte der am 5. Januar 1952 als Sohn des Metzgermeisters Erwin Hoeneß und seiner Frau Paula in Ulm geborene Fußballstar immer wieder über sich selbst. Und: »Ich gehöre zu den Menschen, die absolut vermeiden wollen, ohne Ziel zu sein.« Das zeigte sich bereits im zarten Alter von sechs Jahren, als er zusammen mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder auf dem gleich gegenüber der elterlichen Metzgerei gelegenen Bolzplatz am Eselsberg kickte und dort von einigen »Spähern« des VfB Ulm entdeckt wurde. Voller Begeisterung über seine Fähigkeiten überredeten sie den Knirps, beim nächsten Schülerspiel das Trikot ihres Vereins zu tragen. So trat Uli denn an, mit falschem Pass, in einer Mannschaft, deren Spieler im Schnitt etwa vier Jahre älter waren als er. Ein Triumph wurde die Sache nicht, die anderen waren zu schlecht, und er war wegen seiner körperlichen Unterlegenheit ebenfalls nicht in der Lage, entscheidende Akzente zu setzen. »Wir verloren 2:12 und 1:8«, wusste er noch Jahre später das Desaster in genauen Zahlen auszudrücken. Andere hätte so ein Auftakt im organisierten Fußball womöglich deprimiert, nicht aber Uli Hoeneß. Er setzte alles daran, diese beiden deftigen Niederlagen schnellstmöglich wieder auszuwetzen, und tatsächlich gelang die Wiedergutmachung umgehend. »Im dritten Spiel ging es besser: ein Sieg, ich schoss mein erstes Tor«, berichtete er stolz vom ersten Schritt auf seinem Weg zum Erfolg.
    Die Geschichte zeigt zwei wesentliche Aspekte im Charakter des Uli Hoeneß: das Vertrauen, sich mit Willens- und Kampfkraft auch gegen überlegene Gegner durchsetzen zu können, und die Fähigkeit, sich von Niederlagen nicht deprimieren zu lassen, sondern sie als Ansporn zu nehmen, es beim nächsten Mal besser zu machen. Schon auf dem Bolzplatz hatte sich erwiesen, dass dieses junge Fußballtalent das Wort »verlieren« am liebsten gänzlich aus seinem Wortschatz gestrichen hätte. Wann immer sich die Kinder zum Kicken trafen, tat Uli alles, um den Sieg seines Teams möglichst schon im vorhinein sicherzustellen. Da kam es dann schon mal vor, dass er seinen kleinen Bruder Dieter nicht im eigenen Team mitspielen lassen wollte, weil er meinte, der Erfolg könnte dann gefährdet sein – oder er schickte ihn ins Tor, dorthin also, wo die Schwächsten beim Jungenspiel meist landen. »Dieter stand ganz klar im Schatten seines Bruders«, erzählte einer der Jungs, die damals dabei waren. Manchmal, wenn Uli seinen Bruder wegen eines haltbaren Gegentores wieder einmal zusammengeschissen hatte, flüchtete der unter Tränen vom Schauplatz des Geschehens. Beim VfB Ulm blieb die Rollenverteilung dann ganz ähnlich. Er habe »vorne die Tore geschossen«, so Uli, die der Dieter »hinten reingelassen hat«. Irgendwann hatte Dieter, der als Torwart durchaus erfolgreich war und sogar in Auswahlmannschaften berufen wurde, die Nase voll und wechselte in den Sturm.
    Vorläufig blieb freilich Uli im Sturm des VfB der Platzhirsch. Noch als weltberühmter Fußballstar erzählte er gern eine Geschichte über einen sagenhaften Erfolg in seiner Jugendzeit, der für ihn beinahe noch mehr bedeutete als alle späteren Triumphe. In seiner Ulmer Pfarrgemeinde war er auf Wunsch seiner Eltern mit acht Jahren Ministrant und Mitglied der Jugendgruppe. Erwin und Paula Hoeneß achteten darauf, dass der Sohn schön brav alles mitmachte, auch jenes Zeltlager in der Nähe von Memmingen zu Pfingsten 1960. Uli war nur sehr widerwillig mitgefahren, da zur gleichen Zeit das Lokalderby seines VfB gegen den TSV Ulm 1846 angesetzt war. »Es ging
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