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Das Prachtstück

Das Prachtstück

Titel: Das Prachtstück
Autoren: Brigitte Riebe
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Ohren vermutlich ziemlich hochtrabend klingt.«
    Â»Gar nicht«, sagte Sofie. »Es gibt Momente, da ist genau das an der Reihe.«
    Sie ließ sich Eistee bringen und wartete, bis der Kellner mit der langen weißen Schürze das beschlagene Glas auf den Tisch gestellt hatte. Fabian schien nicht gerade in Erzähllaune. Gedankenverloren rührte er in seinem Kaffee, als liege dort die Antwort auf alle Fragen. Oder mindestens ein verborgener Schatz.
    Sofie starrte auf seine langen, schwarzen Wimpern, den sanften Schwung der Nase, die hohen, perfekt modellierten Wangenknochen. Aufregender als bei jedem anderen lebenden Mann, den sie je getroffen hatte. Sie befürchtete, sie werde gleich losheulen, und war sauer auf sich, dass er sie trotz allem noch derart durcheinanderbringen konnte, allein durch seine bloße Anwesenheit.
    Ich hab’ etwas von dir, was mir niemand mehr wegnehmen kann, dachte sie trotzig. Niemand. Nicht einmal du!
    Â»Was ist los?«, fragte er besorgt. »Du siehst aus wie ein Geist. Ein hübscher zwar, aber auch ein ziemlich fertiger. Wieder Ärger im Büro?«
    Sie schüttelte den Kopf. Er kannte ein paar Kollegennamen, die er mit schöner Regelmäßigkeit durcheinanderbrachte, wusste aber nichts von ihrem Buchprojekt. Und das war gut so.
    Â»Oder etwa mit deinem …«
    Sie hatte ihm nur zweimal von Hannes erzählt. In einer seltsamen Stimmung, aber, wie sie inzwischen wusste, zweimal zuviel. Inzwischen bereute sie jedes Wort, das ihr in seiner Gegenwart über Hannes entschlüpft war. Inzwischen wäre es ihr lieber gewesen, wenn Fabian so gut wie nichts von ihrem anderen Leben gewusst hätte. Das Leben nämlich, für das sie sich mittlerweile entschieden hatte. Das allerdings mit einer Lüge beginnen musste.
    Â»Nein«, sagte sie. »Ein paar läppische gesundheitliche Problemchen. Nicht der Rede wert. Kommen wir doch lieber zu dir. Wie war’s neulich beim Zahnarzt?«
    Er lächelte freundlich und zeigte dabei zwei perfekte Schneidezähne. »Nicht der Rede wert. Hab’ ich praktisch schon vergessen. Oder sagen wir lieber: verdrängt. Kein schönes Gefühl, wenn dir jemand mit spitzen Gegenständen im Mund herumbohrt.« Er schüttelte sich. »Hast du Lust auf Eis? Ich könnte jetzt für eine große, eiskalte Portion Nuss mit Schlag sterben!«
    Jetzt musste sie ihn eigentlich nach Linda fragen. Oder wie groß seine Sammlung weiblicher Trophäen in Wirklichkeit war. Wie er das mit den Schlüsseln für die fremden Wohnungen auf Dauer hinbekommen hatte. Ob es sich in Karins Appartement gut lebte. Was die Gläubiger noch von ihm wollten. Auf welche Weise er Makler geworden war. Wieso seine Firma niemals Verdacht geschöpft hatte. Vor allem jedoch: Warum ausgerechnet er zum Teufel ein so begnadeter Lügner geworden war, den sie freilich aufgrund bestimmter Umstände niemals, niemals in ihrem Leben würde vergessen können.
    Â»Bloß nicht!«, sagte sie statt dessen und bemühte sich, gelassen zu klingen. Am liebsten hätte sie ihr Gesicht an seinem Hals vergraben.
    Trotz allem.
    Dann besann sie sich anders. Sie war noch lange nicht fertig mit ihm. Nicht, bevor die letzte Runde endgültig eingeläutet war.
    Und Linda Bescheid wusste.

16
    Bruno stand vor der Tür. Strahlend. Außer Atem. Mit einem großen weißen Zettel in der Hand, den er aufgeregt schwenkte. »Stell dir vor, was passiert ist!« sagte er. »Kann ich kurz reinkommen?«
    Â»Natürlich.«
    Linda hinderte Nudel am sicherlich zwölften Fluchtversuch des Tages, indem sie ihn mit der Wade vorsichtig, aber entschieden gegen die Wand drückte. Glücklicherweise hatte sie endlich ein nettes größeres Mädchen aus der Nachbarschaft gefunden, das ganz wild auf Hunde war, selber aber keinen haben durfte. Gloria, blond, drall und tierlieb, war bereit, künftig mit ihm spazierenzugehen. Mindestens zwei Stunden täglich. Sie hatte sogar abgelehnt, Geld dafür zu nehmen, weil der Kleine ja »so süß« sei, Linda jedoch war in diesem Punkt hart geblieben. »Damit es dir auch auf Dauer Spaß macht«, sagte sie und drückte ihr ein paar kleine blaue Scheine in die Hand. »Außerdem ist das Taschengeld immer zu knapp.« Sie begegnete einem zutiefst erstaunten Blick. »Auch wenn du es nicht für möglich hältst: Ich war schließlich selbst mal so alt
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