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Das Phantom im Schokoladen-Museum

Das Phantom im Schokoladen-Museum

Titel: Das Phantom im Schokoladen-Museum
Autoren: Stefan Wolf
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höchstmöglichem
Preis.
    In dem schmuddeligen Büro, wo
alte Werbekalender an den Wänden hingen, drückte er seine Zigarre in den
Aschenbecher. Es war heiß hier. Den ganzen Nachmittag hatte die Sonne den Raum
aufgeheizt. Die Glasfront zum Hof lag nach Süden.
    Kempferth schielte zum Telefon.
Bevor er zu Otto Röhrling fuhr, wollte er den Anruf abwarten. Jeden Moment
mussten sich die beiden melden: Erich Glenschel und Werner Tippgen.
    In gewisser Weise war heute
Premiere, Erstaufführung. Und natürlich wollte er wissen, wie die Sache lief.
    Er begann, mit einer
Büroklammer in den Zähnen zu stochern und hatte noch nicht alle durch, als der
Apparat klingelte.
    „Ja?“, schnarrte er.
    „Wir sind’s, Boss“, sagte
Glenschel.
    „Hm, hm. Du sollst Chef sagen.
Das klingt nicht so amerikanisch.“
    „Wir sind’s, Chef.“
    „Gut, Erich. Und?“
    „Du schnallst ab, Boss. Das mit
den Polizei-Uniformen ist die Masche.“
    „Habe ich doch gleich gesagt.“
    „Es geht auch ohne
entsprechende Hosen. Wenn die Leute merken, dass wir die falschen Hosen
anhaben, ist es schon zu spät. Uniformmütze und Uniformhemd und natürlich den
echten Wagen — das wirkt Wunder. Du hast schon Recht. Der
Durchschnitts-Deutsche ist der totale Untertan. Wenn Werner mit der Leuchtkelle
winkte, gehorchen alle aufs Wort.“
    „Habe ich doch gleich gesagt“,
wiederholte sich Kempferth.
    „Hast du.“
    „Und weiter?“
    „Erst haben wir ‘nen Typ mit
seinem Jungen hochgenommen. Versuchsweise. Hat nicht besonders viel gebracht.
Aber dann haben wir einen ganzen Bus aufgebracht. Lief irre glatt. An die 40
Leute haben sich von ihren Wertsachen getrennt. Einen ganzen Sack voll haben
wir. Werner konnte ihn kaum schleppen.“
    „Sehr gut. Das reicht für
heute.“
    „Haben wir auch gedacht. Der
Wagen steht wieder in seinem Versteck. Die Uniformen sind im Kofferraum, die
Pistolen auch, die Mützen, die Masken. Wir kommen nachher zu dir.“
    „Heute nicht“, verfügte
Kempferth. „Ich muss weg. Morgen Abend hier bei mir im Büro.“
    „Alles klar, Boss!“
    Glenschel legte auf.
    „Du sollst Chef sagen, blöder
Hund!“, knurrte Kempferth. Aber das kam nicht mehr an.
    Als Autobahn-Piraten — wie die
Presse sie nannte — raubten Tippgen und Glenschel Autoreisende aus. Camper,
Parker und Liebespaare, die im Grünen ihr Auto abstellten. Um nicht von
vornherein aufzufallen, brauchten sie jedes Mal ein anderes Fahrzeug und
wechselnde — meistens gefälschte — Nummernschilder.
    Kempferth besorgte alles — und
stellte auch die Verbindung her zu Hehlern, von denen die Beute übernommen
wurde. Auf Provisionsbasis — also anteilig — kassierte er seinen Teil: ein
Drittel.
    Aber eines Tages hatte ihn der
Umgang mit der Gefahr gereizt. Und mit einer Sturmhaube vermummt, wie die
beiden, beteiligte er sich an einem Überfall.
    Sie überfielen einen
Campingwagen, der ganz für sich allein abseits der Autobahn parkte. Opfer war
eine dreiköpfige Familie. Der Mann wollte Frau und Kind, einen dreijährigen
Sohn, verteidigen und streckte Tippgen — als der nicht schnell genug reagierte
— mit einem Faustschlag zu Boden.
    Aber dann wurde der mutige
Familienvater von Kempferth zusammengeschlagen. Und dessen Gewalttätigkeit
stellte alles in den Schatten.
    Von dem Tage an respektierten
Glenschel und Tippgen ihn als Boss bzw. Chef, was er lieber hörte. Ohne dass er
sie drängte, unterstellten sie sich seiner Führung. Gelegentlich nahm er nun an
den Überfällen teil. Aber nur gelegentlich! Obwohl es ihm Spaß machte, Menschen
zu erschrecken und Gewalt auszuüben, wäre ein ständiges Mitmachen unter seiner
Würde gewesen.
    Jetzt schloss er sein Büro ab
und stampfte über den weitläufigen Hof, den straßenseitig eine Mauer begrenzte.
    Von den etwa 100 Wagen, die
hier auf Käufer warteten, hatte fast ein Viertel Verwendung gefunden — bei den
Überfällen. Andere Fahrzeuge — ebenfalls einschlägig vorbelastet — waren
inzwischen verkauft worden. Natürlich ahnten die Käufer nicht, auf welches
zwielichtige Vorhaben ihr Vehikel zurückblicken konnte.
    Vorn bei der Ausfahrt stieg
Kempferth in sein Coupé.
    Er schaltete das Radio ein und
fuhr durch den milden Sommerabend.
    Das Dritte Radio-Programm
unterbrach seine Popmusik.
    „Wir wiederholen unsere
Durchsage“, verkündete der Typ am Mikrofon: „Dringende Warnung an den oder die
Pilzsammler vom Schweinsbuckel-Forst bei Riedweiler. Auf einer Waldlichtung
beim Schweinsbuckel-Berg wurden —
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