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Das Phantom im Opernhaus

Das Phantom im Opernhaus

Titel: Das Phantom im Opernhaus
Autoren: Jan Beinßen
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Sitzplätzen im zweiten Rang.«
    »Oje, das hört sich unübersichtlich an«, klagte Hannah und nahm die nächste Kurve.
    »Es ist unübersichtlich! Es gibt auch keine zusammenhängende Aufführung, sondern Programmteile: erst ein Auftrittslied, eine Einlage des Balletts, dann kommen die Nürnberger Philharmoniker, danach als Höhepunkt das Stück aus Carmen und anschließend heißt es ›Alles Walzer‹, die Aufforderung zum Tanz. Später am Abend folgt ein weiterer kleiner Programmblock. Ja, und da es nur eine verkleinerte Bühne gibt, gibt es auch kein ›hinter der Bühne‹. Die Künstler machen sich in ihren Garderoben fertig und treten erst unmittelbar vor ihrem Auftritt in Erscheinung.«
    Hannah nahm diese Schilderungen ohne weiteren Kommentar auf und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder voll auf den Straßenverkehr. Sie ließ den Mini über eine Bordsteinkante rumpeln und stellte den Wagen auf dem Bürgersteig an der Seitenfront des Opernhauses ab. Paul riss die Tür auf und wollte aussteigen, als Hannah ihn aufhielt: »Warte, Paul!«, sagte sie mit bangem Ausdruck. »Ich kann mir denken, wer noch auf der Todesliste der Glossner steht.«
    Paul sah sie überrascht an: »Raus damit!«
    »Irena«, meinte Hannah verhalten. Paul starrte sie ungläubig an, doch sie lieferte ihm eine überzeugende Erklärung: »Baumann musste sterben, weil er die Glossner vergewaltigt hat. Klinger, weil er ihn deckte. Aber das schlimmste Vergehen muss in Evelyn Glossners Augen Irena begangen haben. Irena hat über die Ausschweifungen ihres Freundes jahrelang geschwiegen und stand weiter zu ihm. Damit förderte sie seine sexuellen Übergriffe.«
    Paul kniff die Augen zusammen. »Im kranken Kopf der Glossner könnten solche Gedanken durchaus keimen. Du könntest recht haben, Hannah: Irena ist möglicherweise in Gefahr!«

31
    Als sie um die Ecke bogen, blendete sie das grelle Scheinwerferlicht, mit dem die Stufen zum Portal des Opernhauses ausgeleuchtet waren. Eine beachtliche Menge an Zaungästen hatte ein Spalier um die Gäste des Balls gebildet, die gemessenen Schrittes die Stufen erklommen und lächelnd das Blitzlichtgewitter eines Dutzends Fotografen über sich ergehen ließen.
    Paul und Hannah verloren keine Zeit und bahnten sich eine Schneise durch die Schaulustigen, wofür sie böse Flüche kassierten. Sie hangelten sich über ein Sperrgitter und rannten an den verdutzten Ehrengästen vorbei über den roten Teppich.
    Binnen kürzester Zeit erreichten sie den Haupteingang – und wurden jäh von zwei livrierten Kontrolleuren gestoppt. Paul erwartete, nach seiner Eintrittskarte gefragt zu werden und holte zu einer Erklärung aus. Doch einer der Türsteher deutete auf Pauls Äußeres und wedelte mit dem Zeigefinger. »Die Kleiderordnung schreibt einen Smoking vor«, sagte er streng.
    »Ich gehöre zum Personal!«, stellte Paul klar, was aber nichts brachte.
    »Dann benutzen Sie bitte den Personaleingang«, sagte der andere Kontrolleur und versuchte Paul und Hannah zur Seite zu drängen.
    »Nein, nein!« Paul blieb stur. »Ich muss sofort hier rein! Es ist wichtig!«
    Ein dritter Kontrolleur, einer mit kurzgeschorenem Haar und einem knopfgroßen Kopfhörer am Ohr, stieß zu ihnen: »Zweite Tür rechts«, sagte er in knappem Befehlston. »Schneider und Kostümverleih für Notfälle.«
    Paul sah ihn ratlos an, dann aber verstand er: »Dort bekomme ich einen Smoking?«
    Der Kurzgeschorene nickte: »Und die Dame ein Ballkleid. Machen Sie schnell.«
    Paul zog kurz in Erwägung, sich über die Anweisung des Security-Manns hinwegzusetzen, ihn einfach umzurennen und sich an den nächstbesten Polizeibeamten im Saal zu wenden. Aber wahrscheinlich würde er sofort geschnappt und festgehalten werden und mehr Zeit mit langen Erklärungen verlieren, als wenn er sich flott in einen Smoking stürzte. Also nahm er Hannah bei der Hand und stürmte mit ihr zum angezeigten Zimmer. Im Eintreten betätigte er die Anrufwiederholungstaste von Hannahs Handy, doch Katinka ging noch immer nicht dran.
    Zum Glück erwies sich das Servicepersonal als ebenso kompetent wie flink: Ohne dass Paul große Erklärungen abliefern musste, nahm ein gepflegter älterer Herr blitzschnell an ihm Maß, verschwand hinter einem Paravent und erschien gleich darauf mit einem schwarz schimmernden Smoking, weißem Hemd und Fliege. Eine ebenso rührige Frau reichte ihm ein Paar blank geputzte schwarze Lackschuhe. Paul nahm die Garderobe bereitwillig entgegen und suchte eine
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