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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen
Autoren: Barbara Wood
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Baláms achttausend Kriegern zu stellen.

    Voller Liebe und Stolz sah Tonina ihm nach, ehe sie, zu ihrer Mutter gewandt, sagte: »Ich kann ihn nicht allein in den Kampf ziehen lassen. Chac und ich, wir stellen uns gemeinsam diesem Feind.«
    »Das verstehe ich«, sagte Ixchel leise. Da sie die Nacht über das Buch der tausend Geheimnisse studiert und den anbrechenden Tag in der Gewissheit begrüßt hatte, dass die Götter heute mit ihrem Volk waren und ein Wunder sie retten würde, verspürte auch sie keine Angst. »Gib mir das Kind«, sagte sie nur noch und streckte die Hände aus.
    Aber Tonina hatte vor, Tenoch mitzunehmen, auf seinem kleinen Brett auf ihrem Rücken festgewickelt.
    Bevor sie sich auf den Weg zu ihrem Ehemann machte, ging sie durch das Lager, um die vielen hundert Menschen zu bitten, sich ihr anzuschließen und sich mit Chac dem Kampf zu stellen. War er ihnen nicht oft genug zu Hilfe gekommen? Als sie das Zaudern bemerkte, als körperlich kräftige Männer den Kopf schüttelten und sich abwandten, sagte sie: »Der Edle Chac hat alle Entscheidungen für euch getroffen, er hat sich für euch eingesetzt, euch Sicherheit geboten. Dafür, dass er euch beschützt hat, hat er keine Gegenleistung von euch verlangt. Es ist an der Zeit, dass ihr eine Gegenleistung erbringt.« Aber sie verweigerten sich dennoch.
    Tonina konnte es nicht fassen. Zu einem Bauern, der seit Tikal der Gruppe angehörte, sagte sie: »Deine Ernte wurde von einem Waldbrand vernichtet, und dann schwemmte der Regen die Krume fort. Du warst verarmt und hast Hunger gelitten, als der Edle Chac dir anbot, dich uns anzuschließen und dir unsere Freigiebigkeit und seinen Schutz zugute kommen zu lassen.«
    Der Bauer senkte den Kopf, blieb jedoch bei seinem Nein.
    Zu einer Familie, die um das benachbarte Lagerfeuer hockte, sagte sie: »Ihr seid seit unserem Aufbruch in Mayapán dabei. Die ganze Zeit über hat der Edle Chac für euch gesorgt.«
    Sie wandten nur schweigend den Blick ab.
    Mit Tenoch auf dem Rücken ging sie von einem Lagerfeuer zum nächsten, zusehends enttäuschter, wütender, wenn sie vergeblich Frauen, Männer, junge Burschen und gestandene Mütter daran erinnerte, was der Edle Chac für sie getan hatte. »Als dein Kind krank war, hieß Chac alle so lange lagern, bis dein Sohn wieder gesund war. Und du, als dich jemand des Diebstahls bezichtigte, hat Chac da nicht deine Unschuld bewiesen und deine Ehre wiederhergestellt? Wie könnt ihr alle ihn jetzt im Stich lassen?« Aber sie zogen sich betreten und gesenkten Blickes zurück.
    Dann sollte es eben so sein. Tonina griff nach einem Speer und verließ, ihr Kind auf dem Rücken, das Lager und damit die Menschen, die sie liebgewonnen und als ihre Familie angesehen hatte, und machte sich, begleitet von Ixchel, Einauge und H’meen auf zum Schlachtfeld.
    Als sie bei Chac angelangt war, der Baláms gewaltiger Armee gegenüberstand, erkannte Tonina die von Hügeln, verkrüppelten Bäumen und trockenen Lavabetten durchzogene öde Weite: dies war tatsächlich die trostlose Landschaft ihrer peyotl- Vision.
    Am anderen Ende eines unfruchtbaren Streifen Bodens, etwa tausend Schritt lang und zu neutralem Gebiet bestimmt, standen die schweigenden Reihen der gegnerischen Krieger. Zum ersten Mal seit seinem brutalen Überfall sah Tonina Balám wieder. Wie sehr er sich jetzt von Chac unterschied! In Mayapán waren sie noch ganz ähnlich gekleidet gewesen. Jetzt trug nur noch Balám den für einen Maya so typischen »Jaguarschwanz« unter seinem pompösen Kopfschmuck, Chac dagegen das Haar offen und schulterlang rechtwinklig zugestutzt und statt eines Kopfschmucks lediglich den Haarknoten, der ihn als Krieger auswies. Und während Balám seinen Körper furchterregend rot bemalt hatte, leuchtete Chacs kupferfarbene Haut in der Morgensonne.
    Als Tonina neben ihn trat und Ixchel, H’meen und Einauge hinter ihr Aufstellung nahmen, lächelte Chac sie liebevoll und auch bewundernd an.
    Stille lag über der Ebene. Tausende von Männern warteten gespannt ab. Lediglich das Knattern von Standarten und Flaggen war zu hören, in der Ferne erklang der Schrei eines rotschwänzigen Habichts. Baláms Krieger präsentierten sich in allen möglichen Aufmachungen, die von einfachen Lendenschurzen bis hin zu gepolsterten Rüstungen reichten. Ihren Körper hatten sie mit leuchtenden Streifen bemalt oder sich mit Tierfellen und bunten Federn ausstaffiert sowie mit kühn bemalten Schilden.
    Balám trug prächtige
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