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Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Elmer Mendoza
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waren wie ihr Tagebuch, ihr hauptsächlicher Zeitvertreib, das hier sind alle aus dem vergangenen Jahr. Sie gab den Brief, den sie in der Hand hielt, dem Zurdo, der seinen Namen las. Elena, was für eine schöne Handschrift Ihre Tochter hatte, dürfen wir einige Briefe lesen? Gern. Und die Formalitäten, wann erledigen wir die? Sofort.
    Der Zurdo bat den Terminator, Elena zur Rechtsmedizin zu fahren, mit der Anordnung, dass man ihr die Leiche von Mayra Cabral de Melo übergeben solle. Dann wandte er sich wieder an Gris. Kollegin Toledo, wenn Sie die Güte hätten, einen Blick in diese Briefe zu werfen, ich will damit nichts, aber auch gar nichts zu tun haben, wasich will, habe ich Ihnen vorhin gesagt. Angelita kam herein. Chef, Paty Olmedo will unbedingt mit Ihnen sprechen. Sagen Sie ihr, ich bin nicht da. Sie tut mir leid, am Telefon klang sie furchtbar traurig, hat sogar geweint.
    Gandhi Olmedo hatte sich am Sonntag mit seiner Tochter treffen wollen, aber da hatte sie schon fest was mit ihren Freunden ausgemacht, wie sie es nannte; also hatten sie sich für Montag verabredet. Paty war immer und überall zu spät dran, so auch an diesem Montag; am späten Vormittag rief sie bei ihrem Vater an, um sich zu entschuldigen, aber er nahm nicht ab. Also fuhr sie zu ihm, fand die Haustür unverschlossen vor und ihren Vater in seinem Lieblingssessel: mit einem Schuss in der Stirn. Daneben eine Whiskyflasche, zwei Gläser, eines davon unberührt.
    Paty sah ihn und brach in Tränen aus. So schlimm war er gar nicht, dachte sie, jedenfalls nicht so schlimm wie Don José Antonio, der seine Exfrau umgebracht hatte und jetzt von seinem Sohn auf immer und ewig gehasst werden würde. Das hatte ihr Marcos gesteckt. Und hässlich war er auch nicht; grob, ironisch und machtbewusst; aber nicht hässlich; und seinen Interessen treu, seiner Suche nach Gitarrenteilen. Kein Heuchler, vielen hatte er die Wahrheit ins Gesicht gesagt. Einen Moment lang stand sie reglos da. Außerdem war die Frau, die er gemocht hatte, ermordet worden; armer Papa.
    Das Telefon klingelte: Ja? Familie Olmedo? Wer spricht da? Ein Freund von Fabián Olmedo, könntest du ihn mal herholen? Geht nicht. Sag ihm, McGiver ist am Apparat, bist du seine Sekretärin? Ich bin seine Tochter. Ah, wie geht’s? Dein Vater hat immer von dir geschwärmt, du bist sein Ein und Alles. Paty wimmerte. Was ist los? Er wurdeermordet, Señor, ich habe ihn gerade gefunden, mit einer Kugel im Kopf. Was?, ich habe ihm vor kurzem noch die Überreste einer Gitarre vorbeigebracht und sollte eine weitere besorgen, wir sind seit der Kindheit befreundet. Paty weinte noch lauter. Ich bin sehr traurig, Señor. McGiver, Leo McGiver. Ich habe erst vor einigen Tagen begriffen, wie lieb ich ihn hatte und was für ein besonderer Mensch er war. Ich sag dir jetzt was, sein Imperium hat er nur für dich aufgebaut, ich rate dir also, nicht lange zu fackeln und die Zügel in die Hand zu nehmen. Ich weiß nicht, ob das was für mich ist. Natürlich ist es das, das hat er mir neulich noch gesagt, euer angespanntes Verhältnis hat ihm sehr zu schaffen gemacht. Das hat er Ihnen gesagt? Er hat an dich geglaubt, er meinte, du wärst ein bisschen durchgeknallt, aber dass seine Geschäfte in deinen Händen gut aufgehoben wären, jedenfalls werde ich dein erster Kunde sein: ich brauche bis morgen zwölf Hummer, am liebsten gepanzert, ich werde sie nur vorsichtshalber kurz durchchecken lassen, morgen kurz vor drei lasse ich sie abholen; die Rechnungen bitte für jede Firma der Gruppe LEQ, sind alle bei dir im Computer; du wirst mit der Beerdigung genug zu tun haben, also ruf einfach die Sekretärin an und gib ihr die Bestellung durch, die regelt das dann schon mit den Geschäftsführern. Sie weinte nicht mehr, nahm erstaunt zur Kenntnis, wie das, was McGiver sagte, etwas in ihrem Gehirn neu justierte. Ich bin noch klein, dachte sie, aber die Geschäftswelt ist noch kleiner. Wir hören voneinander. Kommen Sie zur Beerdigung? Ich muss kurz verreisen, aber wenn ich zurück bin, melde ich mich, was wirst du mit der Sammlung deines Vaters machen? Fortführen. Er hat nämlich eine Gitarre bei mir bestellt. Dann liefern Sie. Außerdem habe ich wasvon Kiss in Aussicht. Von diesen Schwuchteln? Vergessen Sie’s. Sie verabschiedeten sich. Nicht nur die Show muss weitergehen, sondern auch das Geschäft. Paty war wieder allein mit der Leiche, sie wimmerte erneut, setzte sich und rief Mendieta an.
    Der Zurdo und das Team
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