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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies
Autoren: Barbara Wood
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geschrieben, daß Gott denen hilft, die sich selbst helfen. Weshalb sollte sich Gott um einen Mann kümmern, der im Bett liegt und nichts ißt?«
    »Das ist eine Blasphemie, und du bist respektlos«, sagte er. Aber er lächelte, und in seinen Augen glänzten Tränen. »Du bist wieder da, Amira«, sagte er und streichelte mit zitternder Hand ihr Gesicht. »Bist du Ärztin geworden?«
    »Ja, Papa, sogar eine sehr gute.«
    Er richtete sich in den Kissen auf. Sie half ihm dabei.
    »Das ist gut, Amira«, sagte er und suchte tastend ihre Hand. »Weißt du, seit ich hier liege, habe ich auf mein Leben zurückgeblickt. Sarah hat mich in der Nacht von Jasminas Geburt neben meinem Wagen in einem Zuckerrohrfeld gefunden. Ich hatte soviel Champagner getrunken, daß ich mich übergeben mußte. Mein Gott«, er schüttelte mißbilligend den Kopf, »ein Raschid, dem so etwas passiert … Sie hat mir Wasser gegeben, und ich habe ihr einen weißen Schal geschenkt. Ein Jahr später hat sie mir in der Nacht, als du geboren wurdest, ihren Sohn überlassen.« Er sah Amira an. »Das war Zacharias.«
    »Ja, Umma hat es mir gesagt.«
    »Amira, erinnerst du dich an König Farouk?«
    »Ich kann mich an einen dicken Mann erinnern, der uns Süßigkeiten geschenkt hat.«
    »Damals waren wir alle so unschuldig, Amira … vielleicht aber auch nicht. Weißt du, ich war kein sehr guter Arzt. Das bin ich erst später geworden.« Er lächelte. »Eigentlich wurde ich erst ein Arzt, als du mir in der Praxis geholfen hast. Ich wollte, daß du es besser machst als ich. Du solltest einmal meine Praxis bekommen.«
    »Du warst ein guter Lehrer, Papa.«
    »Ich habe mein Leben lang versucht, es meinem Vater recht zu machen, selbst dann noch, als er schon tot war. Und jetzt werde ich ihn bald wiedersehen.« Er seufzte. »Ich möchte wissen, wie er mich aufnehmen wird.«
    »Wie jeder Vater seinen Sohn«, sagte Amira. »Papa, du mußt deinen Frieden mit Gott machen.«
    »Ich habe Angst, Amira. Bist du enttäuscht, daß ich das zugebe? Ich habe Angst, daß Gott mir nicht vergeben wird.«
    Sie lächelte und strich ihm über das weiße Haar. »Alles, was wir tun, war schon lange vorherbestimmt. Was immer auch geschieht, stand schon vor unserer Geburt fest. Tröste dich mit diesem Gedanken und mit dem Wissen, daß Gott barmherzig und gnädig ist. Bitte ihn voll Demut, und ER wird dir Frieden schenken.«
    »Wird ER mir vergeben, Amira?« Er sah sie gequält an. »Vergibst
du
mir?«
    »Es ist an Gott, zu vergeben«, erwiderte sie und fügte sanft hinzu: »Ja, Papa, ich vergebe dir.«
    Sie beugte sich vor, umarmte ihn und drückte ihn. Sie weinten beide. Nach einer Weile richtete sich Amira wieder auf, trocknete ihm die Wangen und sagte: »Ich werde jetzt dafür sorgen, daß du etwas ißt.«
    Ibrahim lächelte unter Tränen, wurde aber plötzlich unruhig. »Ich habe mein Leben vergeudet! Ich habe mit lächerlichem Selbstmitleid meine Zeit verschwendet. Sieh mich an! Ich bin ein dummer alter Mann! Wo ist Nefissa mit meiner Suppe? Wo bleibt sie denn!«
    Amira stand auf, und in diesem Augenblick wurde die Tür geöffnet. Vier Frauen betraten das Zimmer. Jasmina führte Dahiba strahlend zu ihrer Schwester. Amira kannte den großen Star von Plakaten und Filmen aus ihrer Jugend. Dahiba kam lächelnd auf Amira zu und sagte: »Ich bin deine Tante Fatima. Umma hat uns gesagt, daß du hier bist. Natürlich mußten wir sofort kommen, um dich willkommen zu heißen. Gott sei gepriesen.«
    Hinter ihr stand Nefissa, der man ihre gemischten Gefühle am Gesicht ablesen konnte. Amira staunte, wie sehr sich ihre Tante verändert hatte. Nefissa war stark geschminkt, aber neben ihrer noch immer attraktiven, lebensfrohen Schwester wirkte sie kalt und grau. Nur die Augen schienen noch lebendig zu sein. Sie richteten sich fragend und unsicher auf Amira. »Willkommen«, sagte sie leise, »es ist gut, daß du wieder da bist …«
    Dann trat sie zur Seite, und die jüngste der vier Frauen trat zu Amira. Sie hinkte leicht, denn sie trug eine Beinschiene.
    Amira mußte sich am Bettpfosten festhalten. Es war Zeinab, ihre Tochter.
    »Guten Tag, Zeinab«, sagte sie. Jasmina ließ ihre Schwester nicht aus den Augen. Ihre Blicke trafen sich, Amira nickte kaum merklich und sagte lächelnd zu Zeinab: »Ich bin deine Tante Amira.«
    »Gott sei gepriesen«, sagte Jasmina, der die Tränen über die Wangen liefen. »Wir sind wieder eine Familie! Das müssen wir feiern.«
     
    Am nächsten Morgen ließ sich
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